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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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verlassen.«
    Ich schluckte, fing nervös an zu lachen. »Du machst Witze!«
    »Keine Witze. Es ist mein voller Ernst.«
    »Und warum auf einmal? Wie kommst du dazu? Was soll das?« Mein Herz hämmerte wie wild gegen die Brust, und Übelkeit stieg in mir hoch.
    Jan sah auf seine Armbanduhr. »In einer halben Stunde habe ich einen Termin.«
    »Du bist vollkommen verrückt.«
    Ich ging zur Kasse, bezahlte einen zweiten Cappuccino, aber kaum daß ich kurz darauf den Bon über den Tresen geschoben hatte, brach ich in Tränen aus. Ein paar Umstehende sahen mitleidig zu mir rüber, dann schauten sie auf Jan, dieser gemeine Kerl, würden sie denken, und ich dachte nur, hat dieser Mann eigentlich noch alle Tassen im Schrank.
    »Laß uns heute abend in Ruhe darüber reden«, schlug Jan vor, wieder ganz im Besitz seiner alten Souveränität.
    »Heute abend! In Ruhe!« heulte ich. »Da sind wir auf der Autobahn. Du stellst mein Leben auf den Kopf, du machst mit mir, was du willst! Und was ist mit Katharina und deinen Kindern, wie …«
    Weiter kam ich nicht. Ich wußte auch nicht, was ich eigentlich noch zu dem Thema sagen sollte, und Jan schwieg ebenfalls. Er war bleich und strich sich eine zu lang geratene Strähne aus der Stirn.
    »Vielleicht hast du recht …« Er drehte sich abrupt um und marschierte einmal quer durch den Saal zum Ausgang. Ich lief ihm nach. Draußen packte ich ihn am Ärmel.
    »Weißt du nun, was du willst, oder weißt du es nicht?« schrie ich ihn an, während Menschen an uns vorbeiströmten.
    »Und du?«
    »Ich habe nie behauptet, daß ich irgend etwas weiß!«
    Es war absurd, was wir redeten, aber noch absurder erschien mir die Tatsache, daß ich mich jetzt und hier mit Jan über existentielle Fragen herumstritt, während ich noch vor ein paar Tagen ganz zufrieden mit einem anderen Mann losgefahren war.
    Jan ging ein paar Schritte Richtung Campo, obwohl er doch eigentlich zum Parkplatz mußte. »Es ist jedenfalls so, wie ich gesagt habe«, meinte er nach einer Weile.
    »Und du bist dir auch sicher?«
    »Ja.«
    »Aber Timmi …«
    Jan zuckte die Achseln. »Ich weiß, es ist völlig irrational«, sagte er leise. »Und trotzem …«
    Eine plötzliche Gänsehaut lief mir über die Arme. Dennoch sagte ich so neutral wie möglich: »Ich verstehe dich nicht.«
    Jan lächelte und nahm mich in den Arm. »Ich muß los. Bis nachher.«
    »Bis nachher.«
    Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verschwand in der Menschenmenge.
    Den ganzen Tag lang taumelte ich durch Siena, als wäre mir mein Gehirn abhanden gekommen. Gegen zwei rief ich Greta in Hamburg an und erzählte ihr alles.
    »Der tickt doch nicht mehr ganz richtig«, war ihr einziger Kommentar, und ich konnte ihr nur beipflichten.
    »Fühlst du dich geschmeichelt?« fragte sie.
    »Natürlich fühle ich mich geschmeichelt, aber was nützt mir das!«
    »Laß dich ja nicht um den kleinen Finger wickeln. Dieses …« Der Rest ihres Satzes ging im Rauschen der Leitung unter.
    »Was?« schrie ich und klopfte gegen die Muschel.
    »Was ist mit Hans?« hörte ich Greta schließlich wie von einem fernen Kontinent sagen.
    »Abgereist.«
    Ich versuchte ihr die Geschichte seiner überstürzten Abreise beziehungsweise Flucht zu übermitteln, was auch gelang und bei Greta einen Lachanfall auslöste. Im selben Moment wurde mir klar, daß ich Hans tatsächlich ein bißchen vermißte, seine unbeholfene Art und daß seine Hände meistens ein bißchen feucht waren. Hans war zwar der unmännlichere von beiden, zumindestnicht so schillernd wie Jan, aber auch nicht so unberechenbar. Denn konnte ich wirklich sicher sein, daß Jan es ernst meinte? Gut, er war kein gewissenloser Draufgänger, der einfach mal eben seine Familie im Stich ließ, aber trotzdem ahnte ich, daß es anders sein würde, wenn er erst wieder zu Hause bei Kind und Kegel wäre.
    Als Jan am frühen Abend etwas verspätet von seinem Termin kam, brach die totale Hektik aus. Nichts mehr von wegen in Ruhe reden. Wir packten unsere Koffer, rein ins Auto, ein letzter Espresso in einer No-name-Bar, und schon bretterten wir auf die Autobahn Richtung Mailand.
    Das Wetter war umgeschlagen. Regen peitschte gegen die Frontscheibe. Ich versuchte ein Gespräch, aber Jan machte sich nicht die Mühe, gegen die Autogeräusche anzuschreien. Dann eben nicht. Ich rutschte in meinem Sitz eine Etage tiefer und war zumindest froh, daß Jan trotz chaotischer Wetterverhältnisse nicht so verkrampft wie in der Stadt fuhr.
    »Hast du

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