Lisa findet ihren Herrn (German Edition)
herablassend oder despektierlich. Das ganze Ritual muss einen ernsthaften, feierlichen, aber auch für den Fremden annehmbaren Eindruck vermittelt haben. Sicher gibt es auf diese Erzählungen immer wieder mal den ein oder anderen derben Männerwitz, was man dem Berichterstatter bestimmt nicht ankreiden kann.
Bei Lisa bleibt der Eindruck des Rituals hängen. Immerhin hatte Frank es schon mal angesprochen, dass SM mit Ritualen zu tun hat. Bislang war der Gedanke Lisa nicht präsent, so dass sie in ihren Spielen, wie Frank sagt, weder ein Ritual entdeckt, noch eines vermisst hat. Doch nun entstehen in ihrem Kopf Bilder einer sich devot gebenden Frau, die aber dann doch letztendlich die Zusammenkunft der Herren und die Zeit ihrer feierlichen Begegnung steuert. Da verhält sich in diesem japanischen Restaurant die Frau, die man bestimmt nicht als Kellnerin bezeichnen kann, als absolut unterwürfig, verleiht aber dem Ganzen eine große Würde und stellt damit auch die eigene nicht in Frage. Frank sagte mal, im Grunde ist der Sub der Stärkere, weil es mehr Kraft und Selbstwertgefühl verlangen würde, sich hinzugeben und zu dienen, als zu fordern und zu strafen. Lisa und Frank hatten ewig diskutiert, doch zu einem abschließenden, allgemeingültigen Ergebnis waren sie nicht gekommen.
Nun also Rituale als Ausrufezeichen in Lisas Kopf. Und so wälzt sie die Gedanken über mehrere Tage, bis sich in ihrer Fantasie ein eigenes Szenario entwickelt hat. Frank erfährt nur so viel, dass Lisa ihn an ihrem freien Tag zum Essen einladen möchte, dass sie von ihm eine entspannte Situation wünscht und dass er sich ansonsten einfach nur darauf einlassen sollte. Frank lächelt, nimmt den Terminvorschlag an und legt Lisa seinen Wohnungsschlüssel in die aufgehaltene Hand.
Als Frank abends nach Hause kommt, ist alles vorbereitet. Er findet einen Zettel auf einem Tablett in seinem Flur, auf dem eine Flasche Wasser und ein Glas bereit stehen. Auf dem Zettel steht, dass er sich der Flasche bedienen, ansonsten die Küche aber bitte nicht betreten möge. Wenn er sich geduscht und ein wenig ausgeruht habe, sei im Wohnzimmer der Platz für den Herrn bereitet, und wenn er dann das Verlangen nach seiner Dienerin habe, möge er anrufen, auch das Telefon liege bereit.
Lisa spürt ein Kribbeln im Bauch, als sie immer wieder mit einem ungeduldigen Blick dem tickenden Zeiger folgt, er auf die nächste Zwölf zumarschiert, um die Stunde vollzumachen. Frank muss schon zu Hause sein, seit wenigen Minuten. Sehr bewusst hat sie nicht auf seine Schritte gehorcht und sich mit Musik ins Badezimmer zurückgezogen. Voller Konzentration hat sie eine ausführliche Körperpflege betrieben, in Erwartung, sich schon sehr bald voll und ganz diesem Mann auszuliefern, der vom aufmerksamen mitfühlenden Nachbarn zum Freund und Unterstützer, zum Herrn und Herrscher über sie geworden ist. Jetzt wirst du aber pathetisch , denkt Lisa und ertappt sich bei einem Lächeln über sich selbst. Na ja, solange sich die Knechtschaft mit Humor ertragen lässt, kann es so schlimm nicht sein . Mit einem Ruck steht Lisa auf, spannt alle Muskeln gleichzeitig an, steht stramm, dann atmet sie in der Entspannung aus und tritt vor den mannshohen Flurspiegel. Lange und sehr genau betrachtet sie ihren nackten Körper. Du wirst diese Arme binden, diese Gelenke festzurren und dieses Fleisch peitschen … du, mein Herr und Meister. Lisa fasst sich in den Schritt und findet ihre plötzliche Erregung unglaublich. „Ja!“, sagt sie laut, um den Satz aber dann doch lieber in Gedanken zu beenden, du bist ein geiles Stück, und das weißt du genau, du wusstest es, du wolltest es genau so, jetzt hast du es, und du brauchst es, das totale Körpergefühl, das absolute zur Verfügung stehen, die absolute Hingabe, den ultimativen Kick .
„Wenn du da nur nicht zu viel erwartest“, murmelt sie laut vor sich hin. Dann schlüpft sie in ihre Highheels, stellt das eine Bein kokett vor das andere, reißt die Arme hoch über den Kopf, lässt ein Lächeln erstrahlen und betrachtet sehr von sich angetan die geschwungene Linie ihres in dieser Haltung noch schlanker wirkenden Körpers, dreht den Kopf nach links und rechts, schnalzt mit der Zunge und findet sich selbst wunderschön. Ich liebe dich, Lisa, ich liebe dich, Frank, ich liebe diesen Nervenkitzel, die Geilheit und die Verderbnis, die unendliche ...
Das Telefon klingelt.
„Jaaah?“ Fast verschluckt sich Lisa an der eigenen Spucke und
Weitere Kostenlose Bücher