Lisa Kleypas
Kinder haben?«
»Ich weiß
nicht. Ich möchte erst einmal sicherstellen, dass ich Holly anständig behandle
und erziehe, bevor ich auch nur an eigene Kinder denke.«
Mitfühlend
schaute Maggie ihn an. »Ihr Leben hat sich sehr verändert, nicht wahr?«
Mark
überlegte, wie er sich ausdrücken sollte. Sein Wunsch, sich mit ihr
auszutauschen, weckte leises Unbehagen in ihm. Es hatte ihm noch nie gelegen,
sich jemandem anzuvertrauen. Er sah darin einfach keinen Sinn. Zwischen Mitgefühl
und Mitleid lag nur ein winziger Schritt, und bemitleidet werden wollte er
unter keinen Umständen. Das wäre das Schlimmste!
Allerdings
hatte Maggie die Gabe, Fragen so zu stellen, dass er sie beantworten wollte.
»Man sieht
alles mit anderen Augen«, antwortete er. »Man fängt an, darüber
nachzudenken, in was für eine Welt man ein Kind entlässt. Ich mache mir Sorgen
über die Dinge im Fernsehen, die ihr Unterbewusstsein ansprechen. Welche
Folgen hat das für ihre Psyche? Und dann die Schadstoffe in ihrem Spielzeug
...« Mark zögerte. »Haben Sie sich Kinder gewünscht? Mit ... ihm?«
Der Name ihres Mannes wollte ihm einfach nicht über die Lippen. Er hatte das
Gefühl, den Abstand zwischen Maggie und sich zu vergrößern, wenn er den Namen
aussprach.
»Ich habe
einmal geglaubt, dass ich das wollte. Heute nicht mehr. Wahrscheinlich hänge
ich deshalb so sehr an meinem Laden. Ich bin ständig von Kindern umgeben, ohne
Verantwortung für sie übernehmen zu müssen.«
»Vielleicht,
wenn Sie wieder heiraten.«
»Oh, ich
werde nie wieder den Bund der Ehe eingehen.« Mark sah sie fragend an.
»Ich habe
einmal geheiratet«, fuhr Maggie fort, »und ich bereue es nicht, aber ...
das genügt. Eddie hat anderthalb Jahre gegen den Krebs gekämpft, und es hat
mich meine ganze Kraft gekostet, für ihn da zu sein, für ihn stark zu sein.
Jetzt habe ich nicht mehr genug, um einem anderen etwas zu geben. Ich kann mit
jemandem zusammen sein, aber nie mehr zu jemandem gehören. Macht das irgendwie
Sinn?«
Zum ersten
Mal in seinem Leben verspürte Mark den Wunsch, eine Frau aus völlig selbstlosen
Gründen in den Arm zu nehmen. Nicht aus Leidenschaft, sondern um Trost zu
spenden. »Es ergibt Sinn, dass Sie so empfinden«, sagte er sanft. »Aber
das muss nicht immer so bleiben.«
Sie
bezahlten und gingen zurück zum Fährterminal. Es regnete nur noch leicht, und
die winzigen Tropfen fielen so langsam, dass sie in der Luft zu schweben
schienen. Man vermeinte das Gewicht des Himmels zu spüren. Alles ringsumher
war in Blau- und Grautöne getaucht. Maggies rotes Haar leuchtete vor diesem
Hintergrund wie ein loderndes Feuer.
Mark hätte
viel darum gegeben, mit ihren wilden Locken zu spielen, mit den Händen darin
herumzuwühlen. Er war versucht, nach ihrer Hand zu greifen, während sie
nebeneinander hergingen. Aber unverfängliche Berührungen
waren mittlerweile nicht mehr möglich – denn an seinem Verlangen nach ihr war
absolut nichts Unverfängliches mehr. Vielleicht fühlte er sich nur deshalb so
zu Maggie hingezogen, weil er sich gerade an Shelby gebunden hatte? Vielleicht
suchte sein Unterbewusstsein nach einem Fluchtweg? Das stehst du jetzt durch,
rief er sich zur Ordnung. Lass dich nicht beirren.
Ihre
Unterhaltung wurde zeitweilig unterbrochen. Er fuhr den Wagen auf die Fähre,
und sie mussten sich Sitzplätze auf dem Passagierdeck suchen. Nachdem sie
nebeneinander auf einer Bank Platz genommen hatten, sprachen sie über alles
und nichts. Die gelegentlichen Gesprächspausen erinnerten ihn an entspannte
Zwischenspiele beim Sex: Man lag schweißgebadet und mit jeder Menge Endorphinen
im Blut einfach nur da und genoss.
Mark wehrte
sich gegen die erotischen Fantasien mit Maggie, die auf ihn einstürmten: Er
malte sich aus, wie er sie zum Bett trug und alles Mögliche mit ihr anstellte,
langsam, bedächtig, spontan, in Zeitlupe und endlosen Wiederholungen. Er
wollte sie unter sich spüren, auf sich, ihre Arme und Beine um ihn geschlungen
... Er stellte sich ihren nackten Körper vor: helle Haut, hier und da Sommersprossen
... Er wollte die Sommersprossen zählen, sie berühren, mit den Fingern und den
Lippen. Linien zwischen ihnen ziehen und geheime Muster entdecken. Er wollte erschauern,
pulsieren ...
Die Fähre
legte an. Mark blieb länger auf dem Hauptpassagierdeck, als nötig war. Es fiel
ihm schwer, sich von Maggie zu verabschieden, und er gehörte zu den Letzten,
die nach unten auf das Parkdeck gingen, um in ihre Wagen zu steigen.
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