Lisa Kleypas
unten an der Straße gibt es ein Restaurant.
Zwei Minuten zu Fuß. Wir können Ihre Tasche in meinen Wagen packen.«
»Es ist
nichts Besonderes, zu essen«, meinte Maggie nachdenklich, als müsse sie
sich selbst davon überzeugen.
»Allerdings,
ich mache das fast jeden Tag.« Damit griff Mark nach ihrer Reisetasche.
»Lassen Sie mich das tragen.«
Sie folgte
ihm aus dem Terminalgebäude. »Ich meinte zu zweit essen gehen. Mit Ihnen. An
einem Tisch.«
»Wenn Sie
wollen, können wir uns auch an verschiedene Tische setzen.«
Sie lachte
leise auf. »Wir setzen uns an denselben Tisch«, erklärte sie entschlossen,
»reden aber nicht miteinander.«
Während sie
die Straße hinuntergingen, verwandelte sich der leichte Nebel in einen alles
durchdringenden Nieselregen. Die Luft wurde weiß und nass. »Als ginge man
durch eine Wolke«, meinte Maggie und atmete tief ein. »Als ich noch klein
war, dachte ich, Wolken müssten einfach umwerfend schmecken. Eines Tages habe
ich mir eine Schüssel Wolken zum Nachtisch gewünscht – und bekam ein Tellerchen
Schlagsahne.« Sie lächelte. »Das hat genauso fantastisch geschmeckt, wie
ich es mir vorgestellt hatte.«
»Aber haben
Sie zu dem Zeitpunkt gewusst, dass es sich nur um Schlagsahne handelt?«,
fragte Mark, während er fasziniert beobachtete, wie Maggies vom Sprühregen
durchnässte Haare begannen, sich an den Spitzen zu noch kleineren Löckchen zu
kringeln.
»Oh ja,
natürlich. Das spielte aber keine Rolle ... Die Vorstellung, ein Stückchen
Wolke zu naschen, war das Entscheidende.«
»Ich habe
Probleme damit. Ich weiß einfach nicht, wo ich bei Holly die Grenze ziehen
soll«, gab Mark zu. »In ihrer Klasse lernen sie einerseits, dass es mal
Dinosaurier gegeben hat. Andererseits schreiben sie Briefe an den
Weihnachtsmann. Wie soll ich Holly erklären, was wahr ist und was nicht, was es
gibt und was nur in der Fantasie existiert? Wie soll ich ihr beibringen, wie
man Illusion und Realität auseinanderhält?«
»Hat sie
schon nach dem Weihnachtsmann gefragt?« a.«
»Und was
haben Sie ihr erzählt?«
»Ich habe
gesagt, ich sei mir noch nicht darüber im Klaren, aber dass eine Menge Leute
an den Weihnachtsmann glauben. Also ist es vollkommen in Ordnung, wenn sie auch
daran glauben möchte.«
»Das war
goldrichtig«, meinte Maggie. »In Fantasiewelten reisen, so tun, als ob –
das ist alles sehr wichtig für Kinder. Diejenigen, die ihre Vorstellungskraft
benutzen dürfen, können sogar viel besser zwischen Fantasie und Wirklichkeit
unterscheiden als die, die das nicht dürfen.«
»Wer hat
Ihnen das gesagt? Die Fee, die in Ihrem Laden lebt?«
Maggie
lachte. »Nein, Sie Besserwisser, das hat mir nicht Clover erzählt. Ich lese
sehr viel, und ich interessiere mich für alles, was mit Kindern zu tun
hat.«
»Ich muss
unbedingt mehr lernen«, gab Mark ein wenig kleinlaut zu. »Ich gebe mir
allergrößte Mühe, nicht auch noch den letzten Rest von Hollys Kindheit zu
ruinieren.«
»Soweit ich
das beurteilen kann, machen Sie Ihre Sache gut.« Impulsiv griff sie nach
seiner Hand und drückte sie leicht,
um ihn zu beruhigen und zu trösten. Mark war sich jedenfalls ziemlich sicher,
dass er ihre Geste so deuten sollte. Nur schloss sich seine Hand um ihre und
verwandelte den spontanen Händedruck in etwas anderes. Etwas Intimeres. Etwas
Besitzergreifendes.
Maggies
Griff löste sich leicht. Mark spürte ihre Unsicherheit, als wäre es seine
eigene, ihr unwilliges Vergnügen daran, wie ihre Hände zusammenfanden.
Der Druck
von Haut auf Haut, etwas ganz Gewöhnliches. Dennoch schien diese alltägliche
Geste seine ganze Welt aus den Angeln zu heben. Es gelang ihm nicht herauszufinden,
wie viel an seiner Reaktion körperlich war und wie viel ... etwas anderes. Eine
Welle völlig unbekannter Empfindungen überrollte ihn.
Dann entzog
Maggie ihm ihre Hand. Aber er vermeinte noch ihre Berührung zu spüren, fühlte
ihre Finger, als hätten sie sich in seine Haut eingebrannt.
Sie
schwiegen beide, als sie das Restaurant betraten. Die Einrichtung wurde von
dunklem Holz dominiert und bestand aus altmodischen, zerkratzten Möbeln. An den
Wänden hingen Tapeten mit undefinierbarem Muster. In der Luft mischten sich
Gerüche von Essen, Schnaps und feuchtem Teppich. Es war eines dieser
Restaurants, das sich zunächst der besseren Küche verschrieben hatte, sich aber
im Laufe der Zeit anpassen musste: Hier aßen vor allem Touristen, und die
wollten preiswert satt werden. Trotzdem war es ein
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