Lisa und das magische Schwert: Malum Saga non habet misericordiam (German Edition)
gerade ganz knapp dem Tod von der Schippe gesprungen.
„Wir sind haarscharf der Hexe entkommen“, wisperte Brokk. Auf die große Verwandlungsfähigkeit der Hexe waren beide nicht vorbereitet. Sie wussten, dass sie niemals ihren Namen nennen durften und dass sie es mit der fiesesten Hexe nach der Brunnen-Walpurga vom Klobenberg zu tun bekommen würden. Diese Eigenschaften hatten sie schon verstanden und sieachteten auch besonders darauf. Aber auf welche Gesichter sie sich einstellen mussten, konnte ihnen vor ihrer Reise niemand sagen! Weil das ja auch niemand wusste, denn Fedora veränderte sich in tausend Gesichter.
Zwischen den beiden gingen nun stille Blicke hin und her. Bis Sinith sich ein Herz fasste und das aussprach, was ihn schon seit einigen Monden belastete. „Brokk, ich habe Angst. Die Hexe hat mich fest in der Hand. Ich versuche mich zu wehren, aber eine andere Seite in mir hilft ihr!“ Sinith klopfte mit der flachen Hand auf die Seite, wo sein Herz noch unnachgiebig und stark den Takt des Lebens bestimmte.
Brokk hielt währenddessen noch eisern das Horn der Taubheit an seine Brust gepresst, so als erwarte er in absehbarer Zeit den nächsten Angriff und wollte gewappnet sein. „Ich habe das alles erst gar nicht wirklich erkannt“, sagte er tonlos. „Bis ich den Blutdurst in ihr gesehen habe. Und du dich aufgeführt hast wie eine Marionette. Ich hatte auch Angst. Aber nicht vor der Grausamkeit der Hexe, sondern um dich. Um meinen besten Freund.“ Brokk schluckte schwer bei dem Gedanken, dass er ohne seinen Freund weitergehen müsste, vor allem aber vielleicht ohne ihn nach Hause zu kommen. Diese Vorstellung brach ihm das Herz Stück für Stück.
Sinith stützte seinen Kopf in seine groben Hände und massierte seine pochenden Schläfen. „Ich habe doch gesagt, sie hat viele Gesichter.“
Brokk antwortete nicht darauf. Denn zu gut kannte er nun ihr wahres grässliches Gesicht.
„Ja, leider sind ihre Anhängerinnen auch keine liebevollen Schönheiten.“ Sinith lächelte verschmitzt. Der eingeworfene Scherz war zwar etwas unpassend zu der ganzen Situation, aber bei diesen Weibern von Liebreiz und Schönheit zu sprechen, schien doch etwas amüsant und makaber. „Wie gehen wir jetzt vor?“ Sinith sah seinen Freund ratlos an.
„Ich würde sagen, wir bleiben erst einmal unter dem Netz. Wir sollten auch auf dem Weg über den Hexenstieg nicht darunter hervorkriechen. Es bleibt über uns. Auch über den Schweinen. Bis wir sicher sein können, dass die Hexen von uns abgelassen haben.“ Dass Brokk den letzten Satz so sicher sagte, konnte er bald gar nicht glauben. Auch wenn die Hexen sie nicht sahen, aber hören und riechen konnten sie sie allemal. Die Hexen werden nie von ihnen ablassen. Die Oberhexe hat ihr Augenmerk besonders auf die Zwerge gelegt. Dazu kommt noch, dass sie einen besonderen Draht zu Sinith gefunden hatte. Das machte Brokk viel mehr als Sorgen …
D ie Hexen sammelten sich seit Tagen auf dem Wurmberg. Die Oberhexe kämpfte immer noch stark mit Schwindel und demzufolge mit arg schlechter Laune, weil sie mit ihrem Besen keine Ausflüge machen konnte. Die Gleichgewichtsstörungen würden sie vom Besen reißen und das wollte sie nicht riskieren! Sie wusste nicht, dass sie mehr Glück als Verstand hatte. Denn wenn Brokk noch ungestümer in das Horn geblasen hätte, wären sie und andere Hexen jetzt nicht mehr. Sie ärgerte sich darüber, dass die Zwerge mächtige Zauberwaffen inihren Händen hielten. Doch sie ahnte auch nicht ansatzweise, dass Brokk mit diesem Horn die Macht besaß, die Hexen zu töten. Mit tiefem Groll fragte sie sich, was das für ein Zauber war. Sie selbst hatte noch nie von so einem tosenden, brüllenden Horn gehört, das Hexen um ihren Verstand bringen kann. Egal, wo es herkommt und wohin es soll, es wird wie das Schwert der Weisheit auch bald in ihrem Besitz sein.
Mit diesem Gedanken legte sie sich in ihrem Haus auf dem Wurmberg erst einmal gemütlich hin und pflegte ihre Genesung. Sie nahm sich nun die Zeit, über viele Dinge nachzusinnen und für andere Vorhaben hinterhältige Pläne zu schmieden! Ihre geräumige Hütte stand unterhalb eines alten Steinbruchs, von dort aus beobachtete sie früher immer den regen Flugverkehr der alten bissigen Walpurga.
Der Brocken und der sich schlingende und hügelige Wurmberg liegen sich direkt gegenüber. In der Natur wirkte alles einträchtig, doch für die jeweiligen Berghexen regierte pure Feindschaft. Die erhabenen
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