Lisa und das magische Schwert: Malum Saga non habet misericordiam (German Edition)
Dingen zwischen dem, was andere so sahen und hörten, klafften Welten auseinander. „Was soll ich hören?“
„Na, das Klopfen.“ Wieder drehten sich die Ohren von Nympfjet in alle Richtungen. Sie ging ganz leise in Lisas Vorratskammer und ortete das unentwegte Klopfen. Sie signalisierte Lisa mit dem Finger an ihren Lippen, leise zu sein, und legte ihren Kopf auf die Truhe. „Da ist jemand drin“, stellte sie verblüfft fest. Fast wie in Zeitlupe ließ sie ihre Hand zum Griff gleiten. Lisa stand dicht hinter Nympfjet und hielt sich die Augen zu. Der Schreck, dendie böse Fedora ihr gerade eingeflößt hatte, saß noch ganz tief in Mark und Bein, und das war für Lisas Nerven mehr als genug. Sie wollte kein Tamtam mehr, langsam reichte es ihr. Sie wollte nur noch ihre kleine Familie gesund und munter wieder in die Arme schließen – und das bitte recht bald. Zu wissen, dass die beiden bei der Oberhexe sind und eventuell Grausamkeiten durchstehen müssen, ist bald nicht mehr auszuhalten. „Du denkst zu laut, Lisa!“, wisperte Nympfjet und legte abermals ihren Finger über ihren Mund.
Mit einem Hauruck öffnete die kleine Hexe die Truhe und traute ihren Augen nicht. Dort drin hüpfte, zappelte und sprang ein tiefgefrorener Fisch von einer Seite auf die andere. „Noh endllüsch“, rief der Fisch Nympfjet erfreut mit einem spitzen eingefrorenen Mund zu. Die kleine Hexe zuckte erstaunt mit den Augenbrauen über den Fisch, der richtig erleichtert zu sein schien. „Hassscht duuu ne Aahnunggg, iiee annge isscchh diiscchh on uuufe?“ Nympfjet war perplex. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit einem eisgekühlten Fisch, der in der Truhe von einer Seite auf die andere springt und sie vorwurfsvoll anmeckert.
„Lisa, hol Sinith und Brokk, schnell, lauf!“ Nympfjet holte ein Tuch und wickelte den Fisch darin ein. Sie zauberte ein Aquarium: „Aqua calida aquarium“, und warf den Fisch zum Auftauen in leicht angewärmtes Wasser. In der Zwischenzeit kamen alle ganz aufgeregt herbei und bestaunten in Lisas Küche den besonderen Fisch, warum auch immer.
Als Brokk den Fisch erkannte, machte er sich mit erhobenen Fäusten am Aquarium hoch. „Du Gauner. Ich erkenne dich …!“
„Papperlapapp“, unterbrach der Fisch den aufgeregten Zwerg. „Mach dich mal nicht größer, wie du bist.“ Und an Nympfjet gewandt, sagte er etwas friedlicher: „Ich grüße dich, Herrscherin vom Klobenberg. Ich habe eine Aufgabe mit höchster Priorität zu erfüllen.“ Mit einem mitleidigen Blick zu den Zwergen neckte er schadenfroh: „Die andere ja leider nicht ausführen konnten.“
Brokk und Sinith wurden sauer und entrüsteten sich. „Ja, weil du ein Dieb bist.“
„Ach Papperlapapp. Ich hatte Hunger. Schließlich bin ich ja auch ein Unterwasserjäger“, verteidigte sich der Fisch elegant mit einer angedeuteten Verbeugung.
„Nein, du bist ein ausgekochter Halunke.“ Brokk stellte sich ganz dicht an die Scheibe vom Aquarium und drückte seine Nase daran platt.
Der Fisch schwamm sich mit ein paar Runden warm und ließ sich von den verärgerten Zwergen gar nicht angreifen! „Erzähl, Fisch, wie kommst du hierher? Und warum suchst du ausgerechnet mich?“ Eine berechtigte Frage von der kleinen Hexe, die sie beantwortet haben wollte.
„Genau, und sag jetzt nichts Falsches, ansonsten brätst du als Filet in der Pfanne!“ Genervt von Sinith verdrehte der Fisch seine Glubschaugen.
„Also, ich fang erst einmal an. Es war ein ganz entspannter Nachmittag. Ich hatte nichts zu tun und langweilte mich auch gerade etwas, da sah ich an derWasseroberfläche etwas glitzern. Mein Jagdinstinkt wurde geweckt und ich biss beherzt zu. Leider hing an meiner Beute auch noch ein Brocken dran, der mir das Wegschwimmen sehr mühsam machte.“ Mit einem vorwurfsvollen Blick zu Brokk, der kurz davor war, in die Luft zu gehen, erzählte er weiter: „Auf jeden Fall schüttelte ich den an mir hängenden Zwerg ab und schwamm mit meiner Beute im Maul die Bode runter. Forellenschwärme zogen an mir vorbei und plapperten munter drauflos. Plötzlich hörte ich von einem Hecht, der sich den Forellen angeschlossen hatte, die neuesten Gerüchte, die man sich im Harz erzählte.“ Dem Fisch im Aquarium gehörte die ungeteilte Aufmerksamkeit von allen. Es war gerade so leise im Raum, dass man Käfer krabbeln hören könnte.
Die Zwerge Sinith und Brokk aber trauten dem Fisch nicht und ließen ihn nicht aus den Augen, indem sie beide ihre Gesichter
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