Lisa
kann man wirklich nichts mehr hinzufügen. Es gehört zur anderen Seite, es kommt aus der Dunkelheit, es ist schwarz und böse und bodenlos. Natürlich war es Lisa, doch zuerst haben sie bloß DNA von irgendwelchen Serben gefunden, und die hatten sie in der Kartei.
Das war bis dahin die beste Spur, fast eine Sensation! Jetzt haben sie Namen! Zwei Namen von Menschen, die Lisas Identität kennen! Ich weiß noch, wie mich Hilgert angerufen hat. Seine Stimme überschlägt sich beinahe: Jetzt gibt es eine Chance! Jetzt muss es schnell gehen!
Moment, ich brauche was zu trinken. Ich merke, ich erzähle in der falschen Reihenfolge. Erst gab es nämlich nur die Serbenspuren und keine von Lisa.
…
Ich wusste zunächst so gut wie nichts über den Fall. Inder Zeitung las man von Mafiaverbindungen. Der Wachmann hatte angeblich mit den Serben zusammengearbeitet, jedoch zuviel in die eigene Tasche gewirtschaftet oder sie erpresst, erinnere mich nicht mehr. Es ging in jedem Fall um Schmuggel. Unter den Wachleuten gab es weitere Komplizen, und um die zu schockieren und ein Exempel zu statuieren, haben die Serben dem armen Kerl die Haut abgezogen und ihn in Denkerpose auf einen Stein unweit seines Hauses gesetzt. Mit Draht gebunden, damit er nicht zusammenklappt. Also das offiziell.
…
Eine ungeheure Arbeit muss das gewesen sein, was auch zeigt, dass der, der das getan hat, nicht nach normalen Maßstäben gemessen werden kann, wobei ich gleich der Form halber hinzufügen muss, dass ich nicht weiß, nach welchen Maßstäben derjenige überhaupt gemessen werden sollte. Mit der nach oben offenen Pol-Pot-Skala? Und deshalb, eben weil es so grausam und so hirnrissig war, sagt Hilgert schon an dem Tag, an dem es in der Zeitung steht, er glaubt nicht, dass das nur irgendeine Schmuggelgeschichte war, das ist Lisas Handschrift.
Von der Schmuggelsache wusste er da bereits, weil diese Hinrichtung keineswegs die Wachleute bei der Stange gehalten hatte, sondern im Gegenteil: Binnen Stunden sind alle zur Polizei gegangen und haben geredet. Sie kannten allerdings keine Namen, sie haben in der Nacht auf Parkplätzen ihren Anteil kassiert und sind wieder weggefahren, ohne ein Gesicht gesehen zu haben. Zumindest ist das die Version, die ich kenne, vielleicht bin ich nicht auf dem letzten Stand.
…
Auf Hilgerts Tipp hin, sucht, sucht, sucht alles ab!, finden sie Lisas DNA. Hilgert hat wieder Oberwasser und läuft ein paar Wochen wie aufgezogen herum. Aber die Serben bleiben verschwunden. Tauchen nirgends auf. Keine Spur. Gar nichts.
Meine Güte, ist es heiß hier.
…
Der kostet mich die letzten Nerven.
…
Ja, ich lebe noch.
Bene hatte mal eine Freundin, ganz kurz, Greta, und die wiederum war in der Zeit, ehe Bene sie kennengelernt hat, eine Freundin von Katha. Zufällig, die beiden Freundeskreise hatten nichts miteinander zu tun. Diese Greta war schwanger. Eindrucksvolle Erscheinung, 1,90 groß, hundert Kilo schwer, kam aus dem Norden, Island oder Finnland, ich habe es vergessen, man sah es ihr auch nicht unbedingt an, von der Statur mal abgesehen, denn sie war ziemlich dunkelhäutig.
Eines Tages läutet bei Katha das Telefon, es geht los, Greta fährt jetzt in diese Spitzengeburtsklinik, in der die Frauen ihre Kinder im Whirlpool rauspressen und wo die Schamanen poltern und tanzen und irgendwelche Glockenstimmen Kumbaya singen, wenn die Mutter das will, da geht alles. Dort war auch eine Freundin von mir zum Kinderkriegen, die sind wirklich locker, überall wittert man die Einflüsse von Rudolf Steiner, und wirklich, ich weiß zumindest von vier Ärzten aus Stuttgart und Umgebung in der Klinik, Stuttgart ist echt ein Steinerloch.
Das muss ich erzählen! Bei dieser meiner Freundin, Elli hieß sie, wollte das Kind nicht raus. Ihr Freund war alsmoderner Mann klarerweise mitgekommen, und die Hebamme hat sie bumsen geschickt. Er muss kommen, hat sie ihnen eingeschärft, und zwar in ihr, weil das Sperma geburtsfördernd wirkt. Das musst du dir einmal vorstellen, da sagt die Hebamme, sie geht eine halbe Stunde raus, damit sie es miteinander machen können, und er soll ihn bitte beim Abspritzen nicht rausziehen. Ein geradezu verstörend liberaler Laden.
Soweit ich weiß, hat der Freund ihn dann nicht richtig hochgekriegt, wofür ich großes Verständnis habe. Ich fand es während unserer Schwangerschaft auch nicht besonders leicht. Für mich gehört zum Sex eine gewisse gesunde Aggressivität, die sich in mir aber niemals aufbaut, wenn
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