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Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Titel: Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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gemein…“
    Lisbeth kam nicht weiter. Eine sehr kräftige Hand hatte sich um ihren Nacken geschlossen. „Du bist gemein, Lisbeth!“ sagte Heming unheimlich ruhig. „Du hast rechtzeitig Bescheid bekommen. Wenn du trotz unserem Verbot hingehst und Einladungen annimmst, mußt du auch die Folgen tragen.“
    Tränen stürzten aus Lisbeths Augen. Sie weinte vor Wut und Scham, vor Enttäuschung und Demütigung.
    „Was soll ich zu Erling sagen – was soll ich sagen…“
    „Kopfschmerzen pflegen eine sehr gute Entschuldigung abzugeben“, schlug Heming trocken vor. „Übrigens, wenn es so ist, daß er dich abholt, dann mag er hereinkommen und mit uns zu Abend essen. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden.“
    „Dann ist es doch genau dasselbe, wenn wir auswärts essen.“
    „Nein, es ist nicht dasselbe.“
    Im Grunde tat mir Lisbeth leid. Gewiß: sie hatte sich das alles selber zuzuschreiben, aber der Kummer, den man sich selber zuzuschreiben hat, ist nicht am leichtesten zu ertragen.
    „Lisbeth“, sagte ich. „Jetzt mußt du einmal praktisch denken. Entweder du gehst nach oben und bleibst in deinem Zimmer, und wir sagen dann zu Boor, daß du krank seist – oder du wäschst dir die Augen, kämmst dir das Haar, nimmst ihn selber in Empfang und bittest ihn zum Abendessen. – Also? – Du kannst wählen.“
    Lisbeth machte ein Gesicht, als müsse sie eine Portion Essig hinunterschlucken. Dann machte sie eine Kehrtwendung und fuhr aus der Tür. Kurz darauf hörten wir sie im Badezimmer plätschern. Sie hatte gewählt.
    Mir kam eine Idee. Ich ging mit dem Telefon nach Paneuropa, weil man mich nicht hören konnte, wenn ich von dort aus sprach, und rief Morten an. Der Himmel stand mir bei. Er war zu Hause.
    „Morten“, sagte ich. „Schließe deine Bücher, zieh dir ein reines Hemd an und komm her! Wenn du Nils und Marianne mitbringen kannst, ist es ausgezeichnet. Aber vergiß nicht, daß ihr rein zufällig kommt. Ich habe euch nicht eingeladen. Verstanden?“
    „In Ordnung, Steffi“, sagte Morten.
    Heming ging zur Gartenpforte, als der Achtzylinder vorfuhr. Was er sagte, weiß ich nicht, aber vermutlich hat er mit freundlichem und bestimmtem Lächeln erklärt, seine Tochter müsse für die Versetzung arbeiten. Jedenfalls kam er Seite an Seite mit Erling Boor anmarschiert. Ich seufzte hinter der Gardine, versah mich mit meinem höflichsten Lächeln und empfing unseren Gast.
    Anfangs war es gar nicht so schlimm mit ihm. Er berichtete von seiner Englandfahrt und von seinen vielseitigen Interessen. Ich pflege – das war sein Lieblingswort. Er pflegte zu fliegen, er pflegte es so einzurichten, daß er eine Spritztour nach Paris machen konnte, und er pflegte im „Carlton“ und im „Ritz“ zu wohnen. In meiner Jugend „pflegte“ ich auch so mancherlei; aber das war nun lange her. Jetzt saß ich hier geborgen in meinem Häuschen, hatte den prächtigsten Mann von der Welt, zwei anstrengende Kinder, eine tüchtige Hausgehilfin und einen gesetzten alten Hund zur Gesellschaft und konnte es gar nicht besser haben.
    Ich ging hin und wieder einmal in die Küche, um die Vorbereitungen zum Abendessen zu überwachen. Es war keine einfache Sache, sich auf drei Gäste vorzubereiten und dabei den Eindruck zu erwecken, als hätte ich sie nicht erwartet.
    Ich hatte Erna ein Wort ins Ohr geflüstert. Sie war der Lage durchaus gewachsen.
    Da ging die Tür auf, und meine Tochter zeigte sich in einer neuen Aufmachung. Und in was für einer Aufmachung! Mein Lippenstift, mein Nagellack, meine neuen Strümpfe! Mein neues Kleid, nicht ihr eigenes, mit einer Schleife vorn, und der Rock war von einer lächerlichen Weite für sie! Ein Paar Ohrclips – weiß Gott, woher genommen – und selbstverständlich das neue Armband!
    Heming und ich tauschten einen schnellen Blick aus. Großer Gott! War das unser kleines Mädchen? War das die gleiche Lisbeth, wie im Kittel, mit einem Band um das Haar, mit aufgeriebenen Händen und blanker Nase?
    „Prima, daß du da bist!“ rief Lisbeth, während sie Boor die Hand reichte.
    „Ganz meinerseits!“ antwortete der junge Schiffsreeder; worauf er und Lisbeth einander tief und bedeutungsvoll in die Augen blickten.
    „Ich hätte eigentlich per Telefon Bescheid geben sollen“, erklärte Lisbeth. „Es war aber schon zu spät. Es hätte doch nicht mehr geklappt.“
    „Hat nichts zu sagen.“
    Eine normale Unterhaltung; aber sie klang wie angelernt aus Lisbeths Munde und schmerzte in meinen Ohren

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