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Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Titel: Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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ursprünglich ein Einfamilienhaus war. Bei einem älteren Ehepaar. Die Wohnung wurde eingerichtet als der Besitzer in der schlechten Zeit eine Zwangseinquartierung bekam…“
    „Was ist Zwangseinquartierung?“ wollte mein wissensdurstiger Sohn wissen.
    Heming erklärte es. „Weißt du, Leute die große Häuser hatten, mußten nach dem Krieg mit ein paar Zimmer weniger auskommen, damit noch eine zweite Familie da wohnen konnte. Es war ja nicht immer schön, aber in schlechten Zeiten muß man ja anderen Menschen helfen!“
    „Wenn man schlau war, konnte man es vermeiden“, lächelte der junge Boor. „Meine Eltern haben es fein geschafft. Sie gaben an, daß meine Tante mit drei Kindern bei uns wohnte – das heißt natürlich, nur offiziell.“
    „Das haben sie aber prima gemacht!“ rief Lisbeth. Ihre Augen hingen voller Bewunderung an Erling Boor.
    „Aber sagen Sie mir eins, Herr Boor“, sagte Heming, und seine Stimme war eisig höflich. „Die Villa Ihrer Eltern ist ja sehr geräumig. Wäre es damals undenkbar gewesen, ein paar Fremdenzimmer einer obdachlosen Familie zur Verfügung zu stellen? Einem kinderlosen Ehepaar, zum Beispiel?“
    „Wie lange, glauben Sie, wäre das Ehepaar kinderlos geblieben?“ fragte Boor kühl zurück.
    „Schließlich ist es auch ärgerlich, fremde Menschen in ein hübsches Haus aufnehmen zu müssen“, warf Lisbeth ein.
    Ich blickte sie an, und dachte dabei an den Splitter vom Teufelsspiegel in Andersens Märchen. Ich kannte Lisbeth nicht wieder. Ja, wenn jemand einen Teufelssplitter ins Auge bekommen hatte, so war es mein Mädchen.
    „Ich hatte damals einen Klassenkameraden“, sagte Nils langsam. „Er wohnte zwei Jahre lang nicht bei den Eltern. Die Mutter mit einem Säugling wohnte bei den Großeltern, die anderen Kinder bei Onkeln und Tanten die es selbst beengt hatten. Der Junge schlief in einem Schlafsack auf dem Fußboden im Flur bei entfernten Verwandten. Die Sache hatte also auch eine andere Seite, und zwar eine ziemlich düstere.“
    „Aber Kinder brachten sie zur Welt“, sagte Erling Boor. „In dem Punkt waren sie vollkommen unverantwortlich, und außerdem meine ich…“
    „Unverantwortlich?“ fuhr Morten auf. Sein Gesicht war krebsrot vor Wut. „Und ich nenne es verantwortungslos, wenn…“
    „Noch etwas Marmelade, Morten?“ sagte ich laut und schob ihm die Schale direkt unter die Nase. Es gelang mir, seine Augen aufzufangen, und der Blick, den ich ihm sandte, war ein Blick mit gefalteten Händen.
    Er biß sich auf die Lippe. Dann blinzelte er mir zu. Und ich faßte auf der Stelle den Entschluß, ihm zum Geburtstag den besten Tennisschläger aller Zeiten zu schenken.
    Marianne öffnete den Mund und lenkte das Gespräch geschickt und freundlich auf Herrn Boors Englandreise. Sie fragte ihn ein wenig über die dortigen Verhältnisse aus, und wir lauschten höflich seinen Äußerungen über die elenden Zustände und das miese Essen in England.
    „Ich ziehe nun einmal, wenn ich in London bin, eine gute Portion ,Ham and eggs’ zum Frühstück vor“, schloß er. „Von schönen Worten wird man nicht satt.“
    „Ist es immer das Wichtigste auf der Welt, daß man satt wird?“ sagte Marianne. Aber sie sagte es so leise, daß Erling Boor es nicht hörte.
    Ich war froh, als wir mit dem Essen fertig waren. Zu gleicher Zeit kam auch Peik von der Veranda herein. Sein Gesicht war krebsrot – das heißt der Teil seines Gesichts, der unter dem Motoröl sichtbar war. Er hatte auf der Stirn eine gewaltige Schramme, und seinen Matrosenanzug rangierte ich im stillen aus.
    In den Armen hielt Peik die Siegestrophäe – den Beweis, daß er imstande war, jeglichen Auftrag auszuführen: den Motorradsattel.
    „Nein, wie bist du tüchtig!“ sagte Morten. „Du mußt mir nun aber auch helfen, wenn ich die Feder festmache. Glaubst du, du kannst es?“
    Ob Peik es glaubte! Hätte er in diesem Augenblick den Auftrag bekommen, einen Rennwagenmotor zu reparieren, so hätte er sich sofort mit Todesverachtung und Selbstvertrauen an die Arbeit gemacht.

11
     
     
     
    „Bekommen wir keinen Likör zum Kaffee, Mutti?“ fragte Lisbeth. Sie hatte eine Zigarette im Mund und machte sich nachlässig in einem Sessel breit. Sie war so unausstehlich, daß mir beinahe übel wurde.
    „Nein, so grausam bin ich nicht“, antwortete ich. „Wir haben einen Autofahrer und einen Motorradfahrer unter uns. Und da sollten wir anderen Alkohol trinken, während die beiden zusehen müssen?“
    Es

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