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Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Titel: Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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sah so aus, als wollte Erling Boor etwas sagen. Aber er besann sich noch im letzten Augenblick.
    Lisbeth wurde rot und biß sich auf die Lippe. Dann zerdrückte sie die Zigarette. Ich ahnte, daß sie ihr abscheulich schmeckte. Aber was tut man nicht alles, um erwachsenzu wirken? Fahrig begann sie, am Radioapparat zu drehen. Tanzmusik klang auf. Ich war froh darüber. Denn so entgingen wir der Anstrengung, Herrn Boor zu unterhalten. Lisbeth drehte sich in seinen Armen. Ihr Blick hing an seinem Gesicht. Ihre Augen glänzten.
    Kurz darauf forderte Boor mich auf. Er tanzte gut. Und er strömte einen Duft aus, einen bekannten, aber in keiner Weise angenehmen Duft – der mich in eine Zeit zurückversetzte, die ich am liebsten vergessen hätte… Carl Lövold… Der Duft nach englischem Tabak und Rasierwasser… Ja, ich wurde in die Zeit vor zehn Jahren zurückversetzt, in die Zeit meiner Erniedrigung, in die schrecklichste Epoche meines Lebens, als ich im Begriff gewesen war, mich selber zu verraten und Lisbeth für eine gesellschaftliche Stellung und für Geld zu verkaufen. Ich fühlte, wie sich meine Wangen bei diesem Gedanken röteten, während ich mich mechanisch von Erling Boor führen ließ. Und als er sprach, erinnerte obendrein auch seine Stimme an Carl – die leicht verschleierte Stimme. „Sie tanzen wundervoll, Frau Skar! Wie ein junges Mädchen!“ Er drückte mich an sich, automatisch und ohne sich dabei etwas zu denken, wie er es wohl bei all seinen Partnerinnen zu tun pflegte.
    Hörte dieser Tango denn niemals auf? Das Radio spielte – und spielte…
    „Es ist kaum zu glauben, daß Sie die Mutter meiner kleinen Freundin sind – so jung und…“
    Ich fand die Sprache wieder. „Ja, nicht wahr? Aber Lisbeth ist ja auch im Grunde für Sie zu jung.“
    Boor näherte seinen Kopf dem meinen.
    „Finden Sie? Lisbeth wirkt doch schon wie ein erwachsenes Mädchen – geistig und körperlich – eine Siebzehnjährige ist heute kein Kind mehr…“ Hier folgte eine verwickelteTanzfigur. Dann fuhr er fort: „Die Zeiten haben sich geändert, Frau Steffi. Und Sie sind doch auch noch so jung – Sie müßten uns verstehen…“ Seine Stimme wurde noch verschleierter: „Aber machen Sie sich keine Sorgen. Lisbeth ist bei mir gut aufgehoben. Besser als bei anderen. Ich bin nicht wie die jungen Männer heutzutage. Ich kenne die Verantwortung…“
    Es folgte ein leises, aufreizendes und zugleich wohlklingendes Lachen. Mir schauderte bei dem Gedanken, was ein solches Lachen bei einem unerfahrenen kleinen Mädchen bewirken konnte.
    Gott sei Dank! Der abscheuliche Tango war zu Ende. Erling Boor küßte mir die Hand. „Tausend Dank für den Tanz – Frau Steffi!“
    Nils und Marianne brachen auf. Einen Augenblick durchzuckte mich ein schrecklicher Gedanke. Wenn der Bursche bloß nicht dablieb, nachdem die anderen gegangen waren. Aber ich machte die Rechnung ohne Nils. Denn Nils wandte sich mit recht freundlichen Augen an Erling Boor:
    „Würden Sie wohl so freundlich sein, mich in die Stadt mitzunehmen?“
    Der junge Schiffsreeder konnte nicht gut nein sagen. So gab es denn kein privates Gutenachtsagen an der Gartenpforte. Denn alle gingen gleichzeitig. Nils machte es sich, während er ein paar bewundernswerte Worte über das Auto äußerte, auf seinem Sitz bequem; Lisbeth aber stand neben dem Wagen und trippelte unruhig auf ihren hohen Absätzen. Dann fuhren sie. Nils hatte ein riesiges Opfer gebracht. Statt seiner begleitete Morten Marianne nach Hause.
    „Nein“, sagte Heming.
    Lisbeth zerknüllte wiederum das Taschentuch. Ihre Augen standen voller Tränen.
    „Aber Vati, es – sind doch so viele Menschen beieinander. – Wenn es sich nur um Erling und mich gehandelt hätte, dann könnte ich es verstehen…“
    „Es interessiert mich nicht, ob du es verstehst oder nicht. Ich habe ,nein’ gesagt, und dabei bleibt es. Eine Tour nach Boors Hütte kommt überhaupt nicht in Frage. Hast du mich verstanden?“
    Da brach denn der Niagarafall los. Sie weinte dermaßen, daß sie am ganzen Leibe bebte.
    „Hör mal, Lisbeth“, sagte Heming. „Es tut mir leid, daß du es dir so zu Herzen nimmst; aber das läßt sich nicht ändern. Aus der Hüttentour wird nichts. Das ist eine Tatsache. Und mit einer Tatsache muß man sich immer abfinden.“
    Dann ging Heming, und ich war mit meiner verzweifelten Tochter allein.
    „Mutti“, schluchzte Lisbeth. Ihr Gesicht war ganz geschwollen vom vielen Weinen. „Mutti, kannst du Vati

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