Listiger Freitag
kraftlos. »Aber du hast sie doch gesehen, und die Macht ihres Schlüssels –«
»Sie sollten sich besser entscheiden, auf wessen Seite Sie stehen«, schnitt ihm Blatt das Wort ab. »Sie haben doch selbst gesagt, dass Sie zur Erde zurück wollen, oder?«
»Ja schon …«
»Denken Sie etwa, dass Lady Freitag Sie jemals gehen lassen wird?«
»Nein …«
»Dann helfen Sie mir!«, drängte Blatt ihn. »Gibt es hier irgendwo ein Telefon, mit dem man Verbindung zum Haus aufnehmen kann?«
»Ich …«, begann Harrison. Er schaute sich um, ob keine Bürger in Hörweite waren, aber er und Blatt waren allein im Krater, abgesehen von den Schläfern, die am Ufer hingesunken waren.
»Ich weiß nicht«, sprach er weiter. »Ich müsste einen Bürger fragen. Aber der würde es mir bestimmt nicht sagen. Es ist sowieso zwecklos. Hilf mir einfach bei der Arbeit, und wir werden beide keine Schwierigkeiten kriegen.«
»Keine Schwierigkeiten kriegen wird Sie nicht zurück zur Erde bringen.« Blatt ließ nicht locker. »Das nützt niemandem. Mir macht Lady Freitag auch Angst, aber wir müssen irgendetwas unternehmen!«
»Ich kann nicht«, flüsterte Harrison. »Ich … ich habe nicht den Mumm dazu. Nicht mehr.«
»Dann decken Sie mich!«, sagte Blatt. »Geben Sie mir eine Arbeit, bei der ich etwas tragen und herumgehen kann.«
Sie erwähnte nicht, dass es sich dabei um einen Trick handelte, den sie von ihrem Freund gelernt hätte, dem Schiffsjungen Albert, der von Fieberauge getötet worden war. ›Sich drücken‹ hatte er es genannt. Der Trick bestand darin, etwas zu finden, das so aussah, als müsste es dringend woandershin gebracht werden, dann konnte man ewig herumgehen, ehe jemand etwas merkte und einschritt. Bürger waren ganz besonders empfänglich für diese List, denn es überstieg ihre Vorstellungskraft, dass sich jemand eine Aufgabe für sich selbst ausdachte.
»Aber wenn du irgendwo erwischt wirst, wo du nicht sein sollst, dann werden sie mir die Schuld in die Schuhe schieben!«
»Wenn Sie mir nicht helfen wollen, dann sind Sie genauso schlimm wie Freitag«, redete Blatt ihm ins Gewissen. »Dann werden Sie zum Feind zählen, wenn Arthur hier eintrifft.«
»Er wird kommen? Bist du sicher? Ist er wirklich drei Meter groß?«
»Er wird kommen!«, verkündete Blatt mit einer Überzeugung, die sie gar nicht empfand. »Er … er ist nicht gerade so groß, aber er ist … äh … na ja, er hat schon vier Treuhänder besiegt.«
»Ich nehme an, du könntest Kopfkissenbezüge aus dem Wäschelager holen gehen«, meinte Harrison. Er wird weich, dachte Blatt. »Aber das wird dir nicht helfen, ein Telefon zu finden. Wie gesagt, du müsstest einen Bürger fragen …«
»In Ordnung«, sagte Blatt. »Ich habe schon eine Idee, wen ich fragen könnte. Wo ist das Wäschelager?«
Harrison gab keine Antwort, er wirkte unentschlossen.
»Vergessen Sie nicht: Mir zu helfen heißt Arthur zu helfen, und er ist Ihre einzige Chance, hier jemals wieder wegzukommen!«, rief ihm Blatt ins Gedächtnis. »Jetzt oder nie!«
»Ich mache es …«, willigte Harrison ein. »Ich meine, okay! Ich mache es! Komm mit – ich zeige dir den Weg zum Wäschelager. Es ist bei Kreis Drei, Fünfundzwanzig nach.«
»Was ist mit ihnen?«, fragte Blatt ruhig und zeigte auf die reglosen Menschen am Ufer.
»Martine wird sie holen kommen«, entgegnete Harrison. »Sie kommt heraus, wenn die Sonne untergeht.«
»Wer ist Martine? Eine Bürgerin?«
»Nein, sie ist auch ein Mensch. Sie ist schon länger hier als ich. Ist aber völlig plemplem. Sie arbeitet nur nachts. Nicht dass die Nacht hier wie zu Hause wäre: Es gibt drei Monde, und sie sind groß … und sie wechseln die Farbe.«
»Vielleicht würde es sich lohnen, mit ihr zu reden«, sinnierte Blatt. »Wo kann ich sie finden?«
»Kreis Sechs, Punkt halb«, murmelte Harrison. Er ging wieder auf die Tür zu, durch die sie den Krater betreten hatten. »Aber sie ist verrückt! Komm mit.«
Blatt folgte ihm, jedoch nicht ohne noch einen Blick auf die Schläfer zu werfen.
»Ich brauche auch etwas zu trinken. Haben Sie menschliches Essen und Getränke und, äh, eine Toilette, die ich benutzen könnte? Und Tee?«
»Ich bekomme Grundnahrungsmittel, und es gibt hier vier Toilettenanlagen für uns Sterbliche«, antwortete Harrison. »Tee habe ich aber keinen. Die Bürger lieben das Zeug und behalten es für sich selbst. Ich habe auch keinen Kaffee, also wirst du dich mit Wasser begnügen müssen.«
»Oh, ich will
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