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Literaturgeschichte der USA

Literaturgeschichte der USA

Titel: Literaturgeschichte der USA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Klarer
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The Sound and the Fury
Twains limitierten Blickwinkel eines gesellschaftlichen Außenseiters noch einen Schritt weiterführen und die Perspektive eines geistig behinderten Menschen als Erzählinstanz benützen.
    Gerade
Huck Finn
polarisiert nicht zuletzt aufgrund der realistisch dargestellten Ungebildetheit des Erzählers bis heute die Gemüter. Vor allem die Rassenproblematik der Vorbürgerkriegsära, die anhand der Konstellation Huck und Jim behandelt wird, birgt großen Zündstoff in sich. So wurde der Roman immer wieder aus Bibliotheken verbannt oder die stereotypische Darstellung des Afro-Amerikaners Jim bzw. Hucks Interaktion mit ihm kritisiert. Dabei wird häufig übersehen, dass Twain trotz des Gebrauchs von Begriffen wie «nigger» anhand von Hucks Person um eine unvoreingenommene Interaktion zwischen Schwarzen und Weißen bemüht ist.
    Das Experimentieren mit ungewöhnlichen Erzählperspektiven findet sich auch bei einem Zeitgenossen Twains, dem Abenteuerautor
Jack London
(1876–1916), dessen
The Call of the Wild
(1903) aus dem Blickwinkel des Schlittenhundes Buck erzählt wird.
    Buck did not read the newspaper or he would have known that trouble was brewing, […] Because men, groping in the Arctic darkness, had found a yellow metal, and […] thousands of men were rushing into the Northland. These men wanted dogs […] [ 73 ]
    Buck las keine Zeitung, sonst hätte er gewußt, daß sich Unheil zusammenbraute, […] Die Menschen hatten sich in die arktische Dunkelheit vorgewagt und ein gelbes Metall gefunden; und seitdem […] zog es Tausende von Männern in das Nordland. Und diese Männer brauchten Hunde […][ 74 ]
    Nach einer Vielzahl von entwürdigenden Aufgaben und heroischen Taten im Dienste unterschiedlicher Herren gewinnt der Schlittenhund Buck am Ende seine Freiheit, als er in der Wildnis Alaskas zum Anführer eines Wolfsrudels avanciert.
    The Call of the Wild
zeigt trotz der eigenwilligen Hundeperspektive zahlreiche autobiographisch motivierte Grundthemenin Jack Londons Schaffen auf. Auch der junge Jack durchlebte eine aufregende Jugend, die ihn mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten ließ. Nach einigen Jahren auf See – Erlebnisse, die in
The Sea Wolf
(1904) einfließen – folgte der Autodidakt London dem Ruf des Goldrausches an den Klondike nach Alaska. Durch seine literarischen Erfolge wurde Jack London, der sich von Jugend an für soziale Fragen und sozialistisches Gedankengut interessiert und engagiert hatte, später zu einem angesehenen und wohlhabenden Mann, der ein riesiges Anwesen in Kalifornien bewohnte. Trotz großer schriftstellerischer und materieller Erfolge stellte sich bei ihm jedoch nie wirkliche Zufriedenheit mit sich und seiner persönlichen Situation ein.
    Was bei London wie auch im Werk Twains anklingt, ist der Ruf nach einer wahrheitsgetreuen Darstellung der Realität in der Literatur – ein Wunsch, der als Realismus bezeichnet wird. Dieses Anliegen des ausgehenden 19. Jahrhunderts nach einer adäquaten Repräsentation des Tatsächlichen gipfelte in einer schriftlich geführten Auseinandersetzung zwischen dem amerikanischen Schriftsteller
William Dean Howells
(1837–1920) und dem, was er eine überkommene britische zeitgenössische Romantradition nennt. Howells fordert in seinem manifestartigen Programm
Criticism and Fiction
(1891) eine Hinwendung des Romans zum Alltäglichen und Gewöhnlichen. Hierbei negiert Howells implizit das von Hawthorne aufgestellte Konzept der
romance
, die gerade jenes übernatürliche Element der Wirklichkeitsverkennung als Grundpfeiler der
fiction
propagierte.
    Die Liste von Howells Forderungen an den realistischen Roman umfasst enttypifizierte Figuren, Vereinfachung der Sprache, keine melodramatische Handlung mit vorgegebenem glücklichen Ausgang sowie eine Zurücknahme des auktorialen Erzählens durch eine vornehmlich «zeigende» Darstellung. Howells selbst versucht, diese Elemente in seinen eigenen Romanen wie
The Rise of Silas Lapham
(1885) zum Einsatz zu bringen, indem er einen sozialen Aufsteiger ins Zentrum seines Projekts stellt. Dieser neue Typ von Romanheld, der sich durch wirtschaftlichen Erfolg selbst in eine andere soziale Klasse hebt, wird eine neue Figur des amerikanischen Romans.
    Als Redakteur des angesehenen Magazins
Atlantic Monthly
kommt Howells auch in Kontakt mit den großen zeitgenössischen Autoren, deren Karrieren er fördert. Unter ihnen befindet sich
Henry James
(1843–1916), dessen Werk Howells in

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