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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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wurde, wurde ich aufTreasure Island gefangen gehalten. Ich war an dem Tag im Hof, an dem du mit dem asiatischen Mädchen sprachst und in die Mangel genommen wurdest. Du warst mutig. Respekt.
    Ich hatte am folgenden Tag einen Blinddarmdurchbruch und kam in die Krankenstation. Im nächsten Bett lag ein Typ namens Darryl. Wir waren beide eine ganze Weile in Rekonvaleszenz, und als wir irgendwann wieder gesund waren, wäre es allzu lästig geworden, uns laufen zu lassen.
    Also entschieden sie, dass wir wirklich schuldig sein müssten. Sie befragten uns jeden Tag. Du kennst ihre Befragungen, das weiß ich. Stell dir dasselbe monatelang vor. Darryl und ich waren irgendwann Zellengenossen. Wir wussten, dass sie uns verwanzt hatten, also redeten wir nur über belangloses Zeug. Aber nachts auf unseren Pritschen haben wir uns leise Nachrichten mit Morse-Code zugeklopft (ich wusste es immer, dass meine Amateurfunkerei irgendwann mal zu etwas gut ist).
    Zuerst waren ihre Fragen an uns derselbe Dreck wie immer - wer war es, wie haben sie es getan. Aber ein bisschen später haben sie dann angefangen, uns über das Xnet zu befragen. Natürlich hatten wir davon noch nie was gehört. Aber das hielt sie nicht vom Fragen ab.
    Darryl erzählte mir, dass sie ihm RFID-Kloner, Xboxen und alles mögliche Technikzeug brachten und von ihm verlangten, dass er ihnen erzählte, wer das benutzte und wo sie lernen würden, das Zeug zu tunen. Darryl hat mir von euren Spielen erzählt und davon, was ihr dabei alles gelernt habt.
    Insbesondere hat das DHS uns über unsere Freunde ausgefragt. Wen kannten wir? Wie waren sie so? Hatten sie politische Ansichten? Hatten sie Ärger in der Schule oder mit dem Gesetz?
    Wir nennen den Knast Gitmo-an-der-Bay. Ich bin jetzt seit einer Woche draußen, und ich glaube nicht, dass hier irgendjemand eine Ahnung hat, dass ihre Söhne und Töchter mitten in der Bay gefangen gehalten werden. Nachts konnten wir sogar die Leute auf dem Festland lachen und feiern hören.
    Letzte Woche bin ich rausgekommen. Ich erzähl dir nicht, wie, falls das hier in die falschen Hände gerät. Mögen andere meiner Route folgen.
    Darryl hat mir erzählt, wie ich dich finde, und ich musste ihm versprechen, dir alles zu berichten, was ich weiß. Jetzt, da ich das getan habe, bin ich nix wie weg hier. Ich werde einen Weg finden, dieses Land zu verlassen. Scheiß auf Amerika.
    Bleib stark. Die haben Angst vor dir. Tritt sie von mir. Lass dich nicht erwischen.
    Zeb
    Als ich mit der Nachricht fertig war, hatte ich Tränen in den Augen. Irgendwo auf meinem Schreibtisch hatte ich ein Einwegfeuerzeug, das ich manchmal benutzte, um die Isolierung von Kabeln abzuschmelzen, und ich kramte es hervor und hielt es an den Zettel. Ich wusste, ich schuldete es Zeb, ihn zu zerstören, um sicherzugehen, dass niemand sonst ihn jemals finden würde, um sie nicht auf seine Spur zu führen, wohin immer er jetzt ging.
    Ich hielt die Flamme und den Zettel, aber ich brachte es nicht über mich.
    Darryl.
    Über all dem Zeugs mit dem Xnet und Ange und dem DHS hatte ich fast vergessen, dass es ihn gab. Er war zu einem Geist geworden, wie ein Jugendfreund, der jetzt weggezogen oder auf einem Austauschprogramm war. Und diese ganze Zeit hatten sie ihn befragt, von ihm verlangt, dass er mich verrate, das Xnet erkläre und die Jammerei. Er war also auf Treasure Island, dem verlassenen Militärstützpunkt eine halbe Länge der zerstörten Bay Bridge entfernt. Er war all die Zeit so nah gewesen, dass ich zu ihm hätte hinschwimmen können.
    Ich legte das Feuerzeug wieder weg und las den Zettel nochmals. Bis ich damit durch war, weinte und schluchzte ich hemmungslos. Es kam alles zurück, die Lady mit dem strengen Haarschnitt, ihre Fragen, der Geruch von Pisse und die Steifigkeit meiner Hose, als der Urin darin langsam trocknete.
    "Marcus?"
    Meine Tür stand offen, und darin stand meine Mutter, einen besorgten Ausdruck im Gesicht. Wie lange mochte sie dort schon gestanden haben?
    Ich wischte mir die Tränen weg und zog die Nase hoch. "Mom", sagte ich. "Hi."
    Sie kam zu mir ins Zimmer und nahm mich in den Arm. "Was ist los? Möchtest du drüber sprechen?"
    Die Nachricht lag auf dem Tisch. "Ist das von deiner Freundin? Ist alles in Ordnung?"
    Sie hatte mir ein Hintertürchen geöffnet. Ich hätte es einfach alles auf Probleme mit Ange abwälzen können, und sie wäre aus meinem Zimmer verschwunden und hätte mich allein gelassen. Ich öffnete den Mund, um genau das zu sagen,

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