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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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glänzenden Kissen bedeckt, und die Polster waren eingedrückt wie nach vielen Nächten Schlaf.
    Wir standen alle für einen langen, schweigsamen Moment da, während dessen Verlegenheit alle anderen Gefühle überlagerte. Darryls Vater sah aus, als wolle er auf der Stelle sterben.
    Langsam räumte er dann die Laken vom Sofa, räumte die Stapel schmutzigen Geschirrs von einigen der Sofas und trug sie in die Küche, wo er sie, dem Geräusch nach zu urteilen, auf den Boden fallen ließ.
    Vorsichtig setzten wir uns auf die Plätze, die er freigeräumt hatte, dann kam er zurück und setzte sich ebenfalls.
    "Es tut mir Leid", sagte er undeutlich. "Ich kann euch wirklich keinen Kaffee anbieten. Ich rechne für morgen mit der Lebensmittellieferung, deshalb bin ich ein bisschen knapp..."
    "Ron", sagte mein Vater. "Hör uns bitte zu. Wir haben dir etwas zu erzählen, und es wird nicht leicht sein, es anzuhören."
    Er saß wie eine Statue da, während ich berichtete. Dann starrte er auf den Zettel, las ihn augenscheinlich, ohne ihn zu begreifen, und las ihn noch einmal. Dann gab er ihn mir zurück.
    Er zitterte.
    "Er..."
    "Darryl lebt", sagte ich. "Darryl lebt, und er wird auf Treasure Island als Gefangener festgehalten."
    Er presste seine Faust in seinen Mund und gab ein furchterregendes Stöhnen von sich.
    "Wir haben eine Freundin", sagte mein Vater. "Sie schreibt für den ,Bay Guardian'. Eine investigative Reporterin."
    Daher also kannte ich den Namen. Die kostenlose Wochenzeitung "Guardian" verlor häufiger ihre Reporter an die größeren Tageszeitungen und ans Internet, aber Barbara Stratford war dort schon seit Ewigkeiten. Ich hatte eine vage Erinnerung an ein Abendessen mit ihr, als ich ein Kind war.
    "Wir gehen jetzt zu ihr", sagte meine Mutter. "Wirst du mit uns kommen, Ron? Wirst du ihr Darryls Geschichte erzählen?"
    Er schlug die Hände vors Gesicht und atmete schwer. Dad versuchte ihm die Hand auf die Schulter zu legen, aber Mr. Glover schüttelte sie vehement ab.
    "Ich muss mich auf Vordermann bringen", sagte er. "Gebt mir eine Minute."
    Mr. Glover kam als veränderter Mensch wieder die Treppe herunter. Er hatte sich rasiert und sein Haar zurückgegelt, und er hatte eine makellose Militär-Ausgehuniform mit einer Reihe Abzeichen auf der Brust angezogen. Am Fuß der Treppe blieb er stehen und wies auf die Uniform.
    "Ich habe momentan nicht allzu viele saubere Sachen, die vorzeigbar sind. Und das hier schien mir angemessen. Ihr wisst schon, falls sie Fotos machen möchte."
    Er und Dad saßen vorn und ich auf dem Rücksitz hinter ihm. Aus der Nähe roch er ein wenig nach Bier, als ob es durch seine Poren käme.
    [x]
    Als wir in Barbara Stratfords Einfahrt bogen, war es bereits Mitternacht. Sie lebte außerhalb der Stadt, unten in Mountain View, und während wir über die 101 sausten, sprach keiner von uns ein Wort. Die Hightech-Gebäude längs des Highways flitzten an uns vorbei.
    Das war eine ganz andere Bay Area als die, in der ich lebte, eher wie das kleinstädtische Amerika, das ich manchmal im Fernsehen sah. Jede Menge Autobahnen und segmentierte Ansammlungen identischer Häuser; Städte, in denen kein einziger Obdachloser seinen Einkaufswagen den Bürgersteig entlang schob - hier gab es nicht einmal Bürgersteige!
    Mom hatte Barbara Stratford angerufen, während wir darauf warteten, dass Mr. Glover wieder runterkam. Die Journalistin hatte schon geschlafen, aber Mom war so erregt gewesen, dass sie völlig vergessen hatte, sich britisch zu benehmen und peinlich berührt zu sein, sie geweckt zu haben; stattdessen hatte sie ihr nachdrücklich erzählt, dass sie etwas zu besprechen habe und dass es persönlich sein müsse.
    Als wir zu Barbara Stratfords Haus hochrollten, war meine erste Assoziation Brady Bunch - ein geducktes Ranch-Haus mit Ziegelverblendung und ordentlichem, vollkommen quadratischem Rasen. Die Verblendung hatte ein abstraktes Kachelmuster, und dahinter ragte eine altmodische UHF-TV-Antenne hervor. Wir gingen ums Haus herum zum Eingang und sahen, dass drinnen bereits Licht brannte.
    Die Schreiberin öffnete die Tür, bevor wir auch nur eine Chance hatten, den Klingelknopf zu drücken. Sie war etwa so alt wie meine Eltern, mit scharf profilierter Nase und klugen Augen mit vielen Lachfältchen. Sie trug Jeans, die hip genug waren, um auch in einer der Boutiquen auf Valencia Street durchzugehen, und eine weite indische Baumwollbluse, die ihr bis über die Oberschenkel hing. Ihre kleinen runden

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