Little Brother
schmale Gässchen und benutzte die großen Straßen nur, um von einem Schleichpfad zum nächsten zu gelangen.
Als wir gerade in so ein Gässchen, Sabin Place, einbogen, trat jemand hinter uns und sagte: "Bleibt stehen, wo ihr seid." Die Stimme quoll über von bösartiger Fröhlichkeit. Wir blieben stehen und drehten uns um.
Am Anfang des Weges stand Charles, gekleidet in ein halbherziges VampMob-Outfit aus schwarzem T-Shirt und Jeans plus weißer Gesichtsbemalung. "Hallo, Marcus", sagte er. "Wohin des Wegs?" Er grinste ein breites, nasses Grinsen. "Wer ist deine Freundin?"
"Was willst du, Charles?"
"Ach, weißt du, ich hab in diesem Verräter-Xnet rumgehangen seit dem Tag, an dem ich gesehen habe, wie du in der Schule DVDs verteilt hast. Als ich von diesem VampMob hörte, dachte ich, ich geh mal hin und schau mich um, ob ich dich sehe und was du da treibst. Und weißt du, was ich gesehen habe?"
Ich sagte nichts. Er hatte sein Handy auf uns gerichtet und zeichnete auf. Wahrscheinlich würde er gleich 911 wählen. Neben mir war Masha steif geworden wie ein Brett.
"Ich habe gesehen, wie du das verdammte Ding ANGEFÜHRT hast. Und ich hab es aufgezeichnet, Marcus. Jetzt rufe ich die Polizei an, und wir werden hier auf sie warten. Und dann wirst du für ne verdammt lange Zeit im allerfinstersten Knast verschwinden."
Masha trat nach vorn.
"Bleib stehen, Schlampe", sagte er. "Ich hab gesehen, wie du ihm bei der Flucht geholfen hast. Ich habe alles gesehen..."
Sie machte noch einen Schritt vorwärts und entriss ihm das Handy, während sie gleichzeitig mit ihrer anderen Hand nach hinten griff, eine Brieftasche holte und sie aufklappte.
"DHS, Schwachkopf", sagte sie. "Ich bin beim DHS. Und ich hab diesen Blödmann zu seinen Auftraggebern laufen lassen, um zu sehen, wohin er geht. Wollte ich zumindest. Jetzt hast dus vergeigt. Wir haben einen Namen für so was. Wir nennen das ,Behinderung der Nationalen Sicherheit'. Du wirst den Begriff in Zukunft noch ziemlich oft hören."
Charles wich einen Schritt zurück, die Hände nach vorn gestreckt. Er war unter seinem Make-up noch blasser geworden. "Was? Nein! Ich meine... ich wusste das nicht! Ich wollte doch nur HELFEN!"
"Das Allerletzte, was wir brauchen, ist ein Trupp Schüler-G-Men, die uns ,helfen', Kumpel. Das kannst du dem Richter erzählen."
Er wich weiter zurück, aber Masha war schnell. Sie packte sein Handgelenk und zwang ihn in denselben Judo-Griff, in dem sie mich am Civic Center gehalten hatte. Ihre Hand verschwand wieder hinten in den Taschen und kam diesmal mit einem Streifen Plastik wieder hervor, Plastikhandschellen, die sie ratzfatz um seine Handgelenke wickelte.
Das war das Letzte, was ich sah, bevor ich losrannte.
Ich schaffte es bis zum anderen Ende der Gasse; dann holte sie mich ein, tackelte mich von hinten und warf mich zu Boden. Ich hatte nicht sehr schnell rennen können mit meinem lädierten Fuß und der schweren Tasche. Ich landete hart auf dem Gesicht und schrammte meine Wange am rauen Asphalt auf.
"Oh Gott", sagte sie, "du bist so ein gottverdammter Idiot. Du hast das doch nicht wirklich geglaubt, oder?"
Mein Herz wummerte in der Brust. Sie lag auf mir drauf und ließ mich jetzt langsam wieder aufstehen.
"Muss ich dich fesseln, Marcus?"
Ich kam wieder auf die Beine. Alles tat mir weh. Ich wollte nur noch sterben.
"Komm jetzt", sagte sie. "Es ist nicht mehr weit."
[x]
"Es" entpuppte sich als Umzugslaster auf einer Nebenstraße in Nob Hill, ein Achtachser in der Größe der allgegenwärtigen DHS-Trucks, die immer noch, antennenüberladen, an San Franciscos Straßenecken auftauchten.
Dieser hier trug jedoch die Aufschrift "Drei Jungs und ein Laster - Umzüge", und die drei Jungs waren deutlich zu sehen, wie sie bei einem großen Appartementhaus mit grünem Vordach ein- und ausgingen. Vorsichtig trugen sie verpackte Möbel und säuberlich beschriftete Kartons zum Laster, brachten sie einzeln hinein und verstauten sie sorgfältig.
Masha ließ uns noch einmal um den Block laufen, weil sie offensichtlich mit etwas unzufrieden war; bei der nächsten Runde stellte sie Blickkontakt zu dem Mann her, der den Laster beaufsichtigte, einem älteren Farbigen mit Nierengurt und robusten Handschuhen. Er hatte ein freundliches Gesicht und lächelte uns zu, als sie uns schnell, aber beiläufig die drei Stufen zum Truck hoch und in seine Tiefen hineinführte. "Unter dem großen Tisch", sagte er. "Wir haben euch da ein bisschen Platz gelassen."
Der
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