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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Nächstes tun sollte. Ich hatte es so satt, andere Leute meine Pläne machen zu lassen. Ich wollte nicht mehr handeln, weil Masha irgendwas getan hatte, oder wegen des DHS oder wegen meines Vaters. Oder wegen Ange? Na, vielleicht würde ich Ange zuliebe handeln. Doch, das wäre wohl das Richtige.
    Ich war einfach nur talwärts gestromert, so oft wie möglich auf Nebenstraßen, und war jetzt ein Teil der Menge im Tenderloin. Ich hatte kein bestimmtes Ziel. Alle paar Minuten steckte ich die Hand in die Tasche, um eine der Tasten auf Mashas Handy zu drücken, damit es nicht auf Standby ging. Aufgeklappt machte es eine scheußliche Ausbuchtung in meiner Tasche.
    Ich blieb stehen und lehnte mich an ein Gebäude. Mein Knöchel brachte mich bald um. Und überhaupt: Wo war ich?
    O'Farrell Ecke Hyde Street. Vor einem dubiosen "Asiatischen Massagesalon". Meine heimtückischen Füße hatten mich bis ganz an den Anfang zurückgebracht - dorthin, wo das Foto auf Mashas Handy aufgenommen worden war, unmittelbar bevor die Bay Bridge hochging, bevor mein Leben sich für immer änderte.
    Mir war danach, mich auf den Bürgersteig zu setzen und zu heulen, aber das würde meine Probleme nicht lösen.
    Ich musste Barbara Stratford anrufen und ihr erzählen, was geschehen war. Musste ihr das Foto von Darryl zeigen.
    Ach, was dachte ich denn? Ich musste ihr das Video zeigen, das eine, das Masha mir geschickt hatte - das, in dem der Stabschef des Präsidenten sich an den Anschlägen auf San Francisco geweidet hatte, in dem er zugegeben hatte, dass er wusste, wann und wo die nächsten Anschläge stattfinden würden, und dass er sie nicht zu stoppen gedenke, weil sie seinem Chef die Wiederwahl sichern würden.
    Na, das war doch mal ein Plan: mit Barbara in Kontakt treten, ihr die Dokumente geben und sie in Druck bringen. Der VampMob musste die Leute wirklich ziemlich verstört haben, so dass sie jetzt dachten, dass wir wirklich ne Horde Terroristen waren.Als ich es geplant hatte, hatte ich natürlich nur dran gedacht, was für eine tolle Ablenkung es sein würde, und nicht, wie es auf irgendeinen NASCAR-Dad in Nebraska wirken würde.
    Ich würde also Barbara anrufen, und ich würde clever sein dabei: aus einem Münztelefon, Kapuze auf, so dass die unvermeidliche Überwachungskamera kein Foto von mir bekäme. Ich grub einen Quarter aus meiner Tasche und polierte ihn am T-Shirt-Saum, um meine Fingerabdrücke abzuwischen.
    Ich ging immer weiter runter in Richtung der BART-Station mit ihren Münztelefonen. Ich schaffte es bis zur Straßenbahnhaltestelle, als ich die Titelseite des aktuellen "Bay Guardian" sah, auf einem hohen Stapel neben einem farbigen Obdachlosen, der mich angrinste. "Na los, lies die Schlagzeilen, ist gratis. Reingucken kostet dich aber 50 Cent."
    Der Aufmacher war in der größten Typo gesetzt, die ich seit dem 11. September gesehen hatte:
    IN GUANTANAMO-AN-DER-BAY
    Darunter, in kaum kleinerer Schrift:
    "Wie das DHS unsere Kinder und Freunde in Geheimgefängnissen vor unserer Haustür gefangen hält.
    Von Barbara Stratford, exklusiv im Bay Guardian"
    Der Zeitungsverkäufer schüttelte den Kopf. "Kannste das glauben?", sagte er. "Hier mitten in San Francisco. Mann, die Regierung ist scheiße."
    Theoretisch war der "Guardian" gratis, aber dieser Typ schien alle Exemplare in der Gegend abgegriffen zu haben. Ich hatte einen Quarter in der Hand, ließ ihn in seinen Becher fallen und angelte nach einem zweiten. Dieses Mal machte ich mir nicht die Mühe, meine Fingerabdrücke zu beseitigen.
    "Man sagte uns, die Welt habe sich für immer geändert, als die Bay Bridge von unbekannten Tätern in die Luft gejagt wurde. Tausende unserer Freunde und Nachbarn starben an jenem Tag. Kaum ein Opfer wurde jemals geborgen - ihre sterblichen Überreste ruhen, so nahmen wir es bislang an, am Grund des Hafens dieser Stadt.
    Doch eine außergewöhnliche Geschichte, die dieser Reporterin von einem jungen Mann zugetragen wurde, der vom DHS Minuten nach der Explosion festgenommen wurde, lässt darauf schließen, dass unsere eigene Regierung viele derer, die wir tot glaubten, auf Treasure Island gefangen hält - jener Insel, die kurz nach dem Anschlag evakuiert und zum Sperrgebiet erklärt wurde."
    Ich setzte mich auf eine Bank - dieselbe Bank, wie ich mit kräuselndem Nackenhaar merkte, auf die wir Darryl nach der Flucht aus der BART-Station gebettet hatten - und las den Artikel von vorn bis hinten. Es kostete mich eine Menge Anstrengung, nicht auf

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