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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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aus. Aber keiner von ihnen sah aus, als sei er verrückt oder gewalttätig. Nur eben wie Leute, die nicht viel Glück gehabt hatten oder schlechte Entscheidungen getroffen oder beides.
    Ich musste eingeschlafen sein, denn ich erinnere mich an nichts mehr bis zu dem Moment, an dem ein blendend helles Licht auf mein Gesicht fiel.
    "Das ist er", sagte eine Stimme hinter dem Licht.
    "Sackt ihn ein", sagte eine andere Stimme, eine Stimme, die ich früher schon einmal gehört hatte und dann wieder und wieder in meinen Träumen, wie sie mir Vorträge hielt und meine Passwörter verlangte. Frau Strenger Haarschnitt.
    Blitzschnell war der Sack über meinem Kopf, und sie zogen ihn an der Kehle so fest an, dass ich zu ersticken glaubte und meine Freeganer-Pizza erbrach. Während ich zuckte und würgte, fesselten harte Hände meine Handgelenke und meine Knöchel. Ich wurde auf eine Trage gerollt und emporgehoben, dann in ein Fahrzeug getragen, ein paar klappernde Metallstufen hinauf. Sie ließen mich auf einen gepolsterten Boden fallen. Hinten im Fahrzeug war bei geschlossenen Türen absolut nichts zu hören. Die Polsterung unterdrückte alles außer meinem eigenen Würgen.
    "Hallo nochmal!", sagte sie. Ich spürte den Lieferwagen wippen, als sie zu mir hineinstieg. Ich würgte immer noch und versuchte verzweifelt, Luft zu bekommen. Erbrochenes füllte meinen Mund und rann mir in die Luftröhre.
    "Wir werden dich nicht sterben lassen", sagte sie. "Wenn du aufhörst zu atmen, sorgen wir dafür, dass du wieder anfängst. Mach dir darum also keine Sorgen."
    Ich würgte heftiger. Ich schnappte nach Luft. Ein bisschen was kam durch. Heftige, schmerzhafte Hustenattacken schüttelten meine Brust und meinen Rücken, und dabei rüttelten sie was von der Kotze weg. Mehr Luft.
    "Siehst du? Gar nicht so schlimm. Willkommen daheim, M1k3y. Wir haben einen ganz besonderen Ort für dich ausgesucht."
    Ich versuchte mich auf dem Rücken liegend zu entspannen und spürte den Lieferwagen schaukeln. Der Geruch benutzter Pizza war anfangs übermächtig, aber wie das mit allen starken Stimuli so ist, gewöhnte sich mein Gehirn allmählich daran und filterte ihn aus, bis er nur noch ein schwaches Aroma war. Die Schaukelei des Wagens war fast schon beruhigend.
    Und da geschah es. Eine unglaubliche, tiefe Ruhe kam über mich, als läge ich am Strand und der Ozean käme angebrandet und hebe mich empor, sanft wie eine Elternhand, hielte mich in der Schwebe und trage mich hinaus in ein warmes Meer unter einer warmen Sonne. Nach allem, was geschehen war, hatten sie mich gefangen, aber darauf kam es nun nicht mehr an. Ich hatte Barbara die Informationen zukommen lassen. Ich hatte das Xnet organisiert. Ich hatte gewonnen.
    Und wenn ich nicht gewonnen hatte, so hatte ich doch alles getan, was ich konnte. Mehr als ich mir jemals selbst zugetraut hätte. Während wir fuhren, zog ich eine mentale Bilanz, dachte an alles, was ich erreicht hatte, was wir erreicht hatten. Die Stadt, das Land, die Welt war voll mit Menschen, die nicht bereit waren, so zu leben, wie das DHS es von uns erwartete. Wir würden ewig weiterkämpfen. Sie konnten uns nicht alle wegsperren.
    Ich seufzte und lächelte.
    Dann wurde mir klar, dass sie die ganze Zeit geredet hatte. Ich war so weit weg an meinem glücklichen Ort gewesen, dass sie einfach verschwunden war.
    "... kluger Junge wie du. Man würde meinen, du solltest es besser wissen, als dich mit uns anzulegen. Wir hatten dich im Visier seit dem Tag, an dem du rausgekommen bist. Und wir hätten dich auch dann erwischt, wenn du nicht zu deiner lesbischen Verräter-Journalistin gerannt wärst, um dich auszuheulen. Ich versteh das einfach nicht - wir waren uns doch einig, du und ich..."
    Wir rüttelten über eine Metallplatte, die Federung des Lasters sprach an, und dann änderte sich das Wippen. Wir waren auf dem Wasser. Unterwegs nach Treasure Island. Hey, Ange war da. Und Darryl auch. Vielleicht.
    [x]
    Die Kapuze nahmen sie mir erst in meiner Zelle wieder ab. Um die Fesseln an Handgelenken und Knöcheln kümmerten sie sich nicht, sondern ließen mich einfach von der Trage auf den Boden rollen. Es war dunkel, aber im Mondlicht, das durch das einzige winzige Fenster hoch oben hereinschien, konnte ich sehen, dass die Matratze vom Bettgestell entfernt worden war. Der Raum beinhaltete mich, eine Toilette, ein Bettgestell und ein Waschbecken. Sonst nichts.
    Ich schloss die Augen und ließ mich vom Ozean emporheben. Irgendwo tief unter mir

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