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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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den Achtzigern, und so was hab ich noch nie gesehen.«
    Er machte den Kofferraum auf und holte seine Quadrocopter raus. Jeder bestand aus einem X aus flexiblem Plastik mit Helicopterrotoren am Ende jedes Arms. In der Mitte saß ein rundes Gehäuse, in dem sich die Batterien, die Elektronik, der Empfänger und das Steuersystem befanden. Ohne die Batterien wog jeder Copter weniger als ein Pfund, mit ihnen fast doppelt so viel. Lemmy streckte mir einen in jede Hand, wobei ich mir Mühe gab, nicht die Sensoren und Antennen in der Mitte zu verbiegen oder Fingerabdrücke auf den Linsen zu hinterlassen.
    Dann drückte er mir noch einen unter den Arm und ging dabei viel gröber damit um, als ich mich das getraut hätte. Aber schließlich war es ja auch sein Quadrocopter, nicht meiner. Den verbliebenen setzte er auf seine Hand und bediente mit der anderen das Handy. Die vier Rotoren begannen zu surren wie Libellen, der Quadrocopter schwankte kurz, dann stieg er senkrecht von seiner Handfläche aus in den Himmel, so schnell, als verschwände er dank eines Spezialeffekts.
    Danach nahm er mir den dritten Copter wieder ab und zeigte mir auf seinem Handy den Blick der unteren Kamera, den der aufgestiegene Quadrocopter übermittelte. Ich sah die Straße und uns selbst aus der Vogelperspektive. Während der Copter sich weiter in den Himmel emporschraubte, schrumpften wir rasch zu zwei kleinen Punkten zusammen.
    »Das funktioniert schon mal«, stellte er fest. »Fand es ganz nützlich, einen Überblick zu haben. Und übertragen können wir den Feed auch noch gleich.« Er drückte ein paar Mal auf sein Handy.
    »Cool.« Das war genau, was ich an Technik liebte: wenn sie einfach funktionierte und ein Individuum zur Naturgewalt machte. Wir hatten gerade ein Auge am Himmel positioniert, das jeder benutzen konnte. »Wie ist der Link?«
    »Wird von meinem Account aus automatisch getwittert. Folgst du mir?«
    »Klar.« Ich startete meinen Twitter-Client, fand den Tweet mit dem Link und retweetete ihn mit dem Zusatz: »Auf dem Weg zur #sanfrancisco #occupy #demo. Haben Quadrocopter dabei. Luftaufnahmen hier.«
    Dann erklommen wir mühsam Nob Hill, während der Copter gut dreißig Meter über uns flog, um Oberleitungen und Bäumen zu entgehen. Auf Lemmys Handy konnten wir die ersten Ausläufer der Proteste erkennen, die immer noch wuchsen. Weiter drinnen wirkte die Aufnahme fast wie ein Standbild: All die kleinen Punkte – die Köpfe der Leute – waren so dicht gepackt wie Orangen in einer Kiste.
    »Ach du Scheiße«, entfuhr es mir, als der Copter noch höher stieg und das ganze Ausmaß der Menge sichtbar wurde, die sich von der Fell Street bis zur Market Street erstreckte und die Seitenstraßen Block für Block verstopfte.
    Lemmy grunzte zustimmend. »Wollen wir sie mal besummen?«
    »Geht das denn von hier aus?«
    »Na klar. Der Copter ist dann zwar außer Reichweite, aber den Feed empfangen wir noch übers Netz. Dann sehen wir auch gleich, ob die Software funktioniert.« Er gab eine Route auf seinem Handy ein, indem er mit dem Finger ein Zickzackmuster über die Menge zeichnete. Dann drückte er auf » GO «. Hoch über uns flog der Copter in die gewiesene Richtung, wobei er erst seine Höhe hielt und dann allmählich auf fünf Meter abstieg.
    Aus dieser Höhe konnte man auch einzelne Gesichter erkennen und die Slogans auf den Schildern lesen. Dann übernahm das Programm, und das Sichtfeld schwang herum, dass einem schwindlig wurde, während der Copter mit mathematischer Präzision seinem Zickzackkurs folgte und dabei manchmal in eine Windböe geriet. Wir blieben stehen und folgten eine Weile einfach nur dem Feed. »Pass auf!«, schrie ich, als der Copter fast mit einer anderen Drohne zusammengestoßen wäre, die das Logo von MSNBC trug. Diese hatte entweder eine automatische Kollisionsvermeidung oder einen sehr schnell reagierenden menschlichen Bediener, denn siedrehte hart ab und entging mit knapper Not einem Unglück.
    »Äh, Lemmy, was passiert eigentlich, wenn das Ding abstürzt? Ich will ja niemanden zu Hackfleisch verarbeiten.«
    »Ich ja auch nicht. Theoretisch sollte sie aber selbst mit zwei Rotoren noch langsam genug runterkommen und dabei so laut sein, dass die Leute rechtzeitig aus dem Weg springen können.«
    »Es sei denn, es ist schon so laut, dass sie gar nichts mehr hören.«
    »Stimmt. Tja, so ist halt das Leben in der Großstadt.«
    Ich war mir nicht sicher, ob ich da zustimmte. Wenn der Quadrocopterjemandem auf den

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