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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Verbindungen dazwischen. Man ist die Sache also los, nichts verweist mehr auf einen selbst, und sobald die Zeit dafür reif ist, kommt alles ans Licht. Das ist ein verlockendes Angebot für gestresste Bürokraten, denn es lässt sie nachts wieder schlafen und trotzdem ihre Gehaltschecks einlösen. Die Sache spricht sich rum. Viele Leute finden es nützlich, ihr Gewissen an einen in Ungnade gefallenen Gesetzlosen auszulagern, und so tröpfelt mit der Zeit alles Mögliche bei ihm ein. Dann wird aus dem Tröpfeln eine Sturzflut. Und ehe man sich’s versieht, sind Gigabyte an Daten zusammengekommen.«
    »Zufällig vier Gigabyte?«, fragte ich. Mittlerweile war mir doch ein wenig schwindlig. Masha wollte mir den Schlüssel zu den schmutzigsten Geheimnissen der US -Regierung anvertrauen – Geheimnisse, bei denen selbst die eigenen treuen Mitarbeiter das kalte Grausen gepackt hatte, sonst hätten sie es nicht für nötig befunden, sie Masha zuzuspielen. Die Ware war so heiß, dass es mich fast wunderte, dass Masha nicht an Ort und Stelle von einem geheimen Orbitallaser aufs Korn genommen wurde. Und ich? Sobald ich den Schlüssel besaß, konnte sich keiner mehr sicher sein, dass ich die Daten nicht runtergeladen und einen Blick darauf riskiert hatte. Im Wesentlichen hieß das: Ich war ein toter Mann.
    »Ziemlich genau vier«, erwiderte sie.
    »Na super.«
    »Dazu hast du kein Recht!«, sagte Ange. »Was immer du vorhast, du bringst uns damit in Gefahr, ungefragt und ohne dass wir wüssten, worum es eigentlich geht. Wie kannst du es wagen?«
    »Leise«, unterbrach Masha sie.
    »Ich lass mir von dir doch nicht den Mund … «, hob Ange an, aber dann packte Masha sie am Arm, wie ich hörte oder fühlte oder ahnte.
    »Halt die Klappe!«, zischte sie.
    Ange schwieg. Ich hielt den Atem an. Hörte das ferne wub wub wub von schlechtem Dubstep aus einem Art Car, das Rauschen des Winds durch die Latten des Abfallzauns, und dort – hatte ich da nicht einen Schritt gehört? Und wieder einen? Zögernd, unsicher im Dunkeln? Ein leises Knirschen, und dann noch mal, knirsch, knirsch, näher jetzt, und ich fühlte, wie Masha sich verkrampfte, bereit, jeden Augenblick loszurennen, und der Geschmack von Salami stieg mir auf einer Woge von Magensäure im Hals hoch. Mein Herzschlag hämmerte mir in den Ohren, und der Schweiß in meinem Nacken gefror.
    Knirsch, knirsch . Die Schritte hatten uns nun fast erreicht, und mit einem Knall, der mich zusammenzucken ließ, sprang Masha vom Tisch auf, stieß ihren Stuhl um und flüchtete in die Dunkelheit der Wüste hinaus.
    Da schien mir auf einmal ein blendend helles Licht direkt ins Gesicht, eine Hand griff nach mir, ich stolperte zurück, griff dabei nach Ange, wir stießen beide einen wortlosen Schreckensschrei aus – und dann sagte eine Stimme: »Hey, Marcus! Keine Angst! Ich bin’s doch nur!«
    Ich kannte diese Stimme, auch wenn ich sie nur einmal kurz gehört hatte: vor langer Zeit, auf der Straße vor der Chavez High.
    »Zeb?«, fragte ich.
    »Alter!«, rief er und schloss mich fest in seine leicht muffigen Arme, sodass mein Gesicht sich an seiner struppigen Wange rieb. Soweit ich das im grellen Licht seiner Stirnlampe erkennen konnte, hatte er sich einen Bart wachsen lassen, der einer Großkatze oder vielleicht auch einem Biber alle Ehre gemacht hätte. Der Schrecken ließ nach, doch die nervöse Energie blieb zurück und entlud sich in einem schallenden Lachen.
    Da trennten uns auf einmal kleine, starke Hände, und im nächsten Moment rollte Zeb durch den Staub, Masha auf ihm. Sie musste ebenfalls seine Stimme erkannt haben und umgedreht sein. Gleich darauf saß sie auf ihm und beschimpfte ihn auf ziemlich üble Weise, seine Arme fest im Griff.
    »Tut mir leid, tut mir leid!«, rief er lachend, und dann musste auch Masha lachen, sogar Ange. »Tut mir echt leid, ich wollte euch wirklich nicht stören! Die Mädchen meinten, ihr wärt hier, und ich dachte, zu viel Licht macht die Atmosphäre kaputt.«
    Da ließ Masha ihn aufstehen und gab ihm einen Kuss auf die Wange, wo sein Bart nicht ganz so dicht wuchs.
    »Du bist so ein Idiot«, sagte sie. Er lachte abermals und zerzauste ihr das Haar. Masha war ein völlig anderer Mensch in seiner Gegenwart, verspielt und jung statt tough und tödlich. Ich mochte sie lieber so.
    »Ange, das ist Zeb. Zeb, Ange.« Er reichte ihr die Hand.
    »Hab schon von dir gehört«, sagte sie.
    »Und ich von dir.«
    »Okay, jetzt setzt euch, ihr Spinner, und mach das

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