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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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über meine Schulter fiel. Hinter mir stand Joe, und er schaute drein, als hätte man ihn gerade durch die Mangel gedreht.
    Ich legte auf. »Hi, Joe.«
    »Hallo, Marcus.«
    »Wie steht’s?«
    »Es ist alles etwas kompliziert. Hättest du vielleicht ein paar Minuten Zeit?«
    Da wusste ich, dass er mich feuern wollte. »Klar.« Ich klappte meinen Laptop zu, folgte ihm ins Besprechungszimmer und schloss die Tür hinter mir.
    »Bevor wir uns unterhalten, möchte ich dir erst ein paar Dinge erklären, Marcus, okay?«
    »Na klar.« Ich spürte, wie mir das Blut aus Gesicht und Gliedern wich. »Aber sicher doch.«
    »Erstens: Ich glaube, dass meine Gegner hinter dieser Sache mit dem FBI stecken. Ihnen gefällt die Aufmerksamkeit nicht, die unser Wahlkampf neuerdings genießt, also haben sie versucht, mich in die Klemme zu bringen. Insbesondere Monroe unterhält schon seit Längerem Kontakte zu Zyz und deren Tochterunternehmen. Sie haben ihm mit seiner Karriere in Sacramento geholfen, und es überrascht mich nicht im Mindesten, dass ihn die Veröffentlichung der Dokumente trifft und er zurückschlagen will.« Joe hielt kurz inne.
    »Zweitens: Ich schätze deine Arbeit hier sehr und bin dir nach wie vor sehr dankbar für deine Vorschläge und den ganzen Plan. Ich halte dich für sehr begabt und würde mir wünschen, dass wir in Kontakt bleiben, komme, was da wolle. Drittens: Dessen ungeachtet ist das FBI davon überzeugt, dass es kein Zufall ist, dass du mir die Veröffentlichung dieser Dokumente vorgeschlagen hast. Sie glauben, dass du auch etwas mit ihrer ursprünglichen Verbreitung zu tun hattest. Viertens: Ich weiß nicht, ob es sich so verhält, aber im Zuge unserer Unterhaltung haben wir mehrere mögliche Szenarien für deine Zukunft und die dieses Wahlkampfs erörtert. Irgendwann haben die FBI -Leute widerstrebend, aber glaubhaft eingewilligt, deine Rolle bei der Verbreitung dieser Dokumente nicht weiter zu untersuchen, solltest du deine Zusammenarbeit mit mir beenden. Es war nicht gerade leicht, diesen Deal auszuhandeln, und meiner Meinung nach lässt dies gewisse Rückschlüsse auf einen internen Konflikt in ihren oberen Etagen zu. Wahrscheinlich wissen sie gar nicht, was sie mehr ärgert: der Inhalt dieser Dokumente oder die Tatsache, dass er bekannt wurde. Sie haben keine Lust auf einen weiteren WikiLeaks-Prozess, vor allem, weil es diesmal nicht die nationale Sicherheit tangiert. Die wenigsten der Dokumente unterliegen formell der Geheimhaltung, und wie Harry richtig bemerkte, wären wahrscheinlich selbst diese veröffentlicht worden, wenn man es unter Berufung auf den Freedom of Information Act verlangt hätte.«
    Joe seufzte leicht. »Dennoch schmeckt ihnen die Sache einfach nicht. In ihren Augen bist du ein junger Mann mit einer Vorgeschichte, die sie als gemeingefährlichen Computermissbrauch auslegen. Und dieser junge Mann steht offenbar sowohl mit der Verbreitung als auch der Veröffentlichung der Dokumente in Verbindung. Sie machen sich Sorgen, dass sie als inkompetent oder Schlimmeres dastehen, wenn die Sache zu große Wellen schlägt.«
    »Aber wenn du mich jetzt feuerst … «
    »Ich werde dich nicht feuern, Marcus. Darüber sei dir im Klaren. Es geht hier aber darum, wie die ganze Sache aussieht – die reine Kosmetik. Du hast völlig recht: Wenn ich dich jetzt feuern würde, dann würdest du nur noch schuldiger und ich nur noch dümmer dastehen. Wenn du dagegen von selbst gehst, um beispielsweise als freier Berater zu arbeiten, könnten wir dir noch eine angemessene Pauschale zahlen, die in etwa dem entspräche, was du bis zum Wahltag bei uns verdient hättest. Bis Monatsende würdest du zusätzlich auch weiter dein Gehalt beziehen, im Austausch dafür, dass Liam auf dich zurückgreifen kann, wenn er deine Hilfe bei der Arbeit mit den wirklich ausgezeichneten Systemen braucht, die du für uns eingerichtet hast. Und sollte ich die Wahl gewinnen, könnte es natürlich immer passieren, dass mein Büro genau so einen freier Berater wie dich braucht.«
    »Ich dachte, ich würde nicht gefeuert?« Die Wut kochte in mir hoch und trieb mich dazu, etwas Dummes zu tun. Ich biss mir regelrecht auf die Zunge, um nichts weiter zu sagen.
    Joes Miene blieb unverändert. »Du wirst auch nicht gefeuert, Marcus. Du kommst auch nicht unter die Räder. Genau das hätte das FBI übrigens von mir gewollt – diese Leute wollten, dass ich dich ihnen ausliefere und als Kriminellen denunziere, der mein Büro und meine Rechner

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