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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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zu Ange. Jolu hatte bereits unsere Darknet-Seite aufgesetzt und sich über BitTorrent eine Kopie der Daten gezogen. Ich reichte ihm einen Stick mit dem Schlüssel, und bis ich meinen Laptop gestartet, eine anonyme Netzwerkverbindung aufgebaut und den Totmannschalter eingerichtet hatte, war die Seite schon bereit, an den Start zu gehen.
    Sie lief sogar schon. Jolu hatte sich während der Mittagspause mit Van getroffen, und sie hatte die ersten fünfzig Dokumente bereits durchgesehen, während ich noch Joes Server auf den neuesten Stand gepatcht hatte. Ich fragte mich, ob Van auch schon mit Darryl geredet hatte. Darryl war mal mein bester Freund gewesen, fast wie ein Bruder, aber ich hatte seit Monaten nichts mehr von ihm gehört. Es war einfach alles zu kompliziert geworden: Er war m it Va n zusammen und sie mal in mich verknallt gewesen, wie sie m ir bek annt hatte; und nach seiner Zeit in »Guantanamo-in-der-Bay« war er furchtbar zerbrechlich gewesen und hatte darum kämpfen müssen, wenigstens einen abgespeckten Stundenplan an der Uni zu packen. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was diese hässliche kleine PowerPoint-Präsentation zum Thema Waterboarding mit ihm anstellen konnte.
    Außer Van hatte Jolu noch ein paar seiner besseren Freunde ins Vertrauen gezogen, Leute mit kryptischen Nicks wie »Left-Handed Mutant« und »Endless Vegetables«. Ich hoffte, sie hatten sein Vertrauen verdient; und dass er ihnen nicht gleich auf die Nase gebunden hatte, woher die Daten ursprünglich stammten. Aus Neugierde googelte ich ihre Nicks und stellte befriedigt fest, dass sie noch nirgends in Erscheinung getreten waren und sich niemandem zuordnen ließen. Das wäre ein klassischer Anfängerfehler gewesen.
    Den Tags nach zu urteilen arbeitete sich Endless Vegetables gerade durch einen großen Stapel von Dokument en z u Studienkrediten. Ich hatte gelegentlich schon gehört, dass die Universitäten diese Kredite mit Billigung der Regierung an Banken weiterverkauften. Die Darknet-Dokumente enthielten aber ein paar widerliche Details dazu. Zum Beispiel war da ein Abgeordneter, der einen tränenreichen Brief von einer Wählerin gekriegt hatte, nachdem deren Kredit von ehemals 20000 Dollar dank drakonischer Strafen auf mittlerweile 180000 Dollar angewachsen war. Der Abgeordnete aber schien ein ziemlich guter Freund des verantwortlichen Bankers zu sein und witzelte in seinen Mails über die Probleme der Studentin, als ob das alles nur ein großer Spaß für ihn wäre.
    Jolu hatte auch einen »Auf gut Glück!«-Button implementiert, der einem zufällige, noch nicht katalogisierte Dokumente präsentierte. Ich probierte ihn aus und starrte im nächsten Moment auf eine geheimnisvolle Abfolge von Zahlen und Abkürzungen. Googeln half auch nichts, also probierte ich ein anderes Dokument, dann noch eins und noch eins. Es war ekelhaft und gleichzeitig suchterzeugend, wie Channel-Hopping auf tausend Sendern, die nur Mord, Korruption und Vetternwirtschaft zum Thema hatten.
    »Ach du Scheiße«, sagte Ange plötzlich. »Schau dir mal das da an.«
    Ich sortierte unsere Tabelle nach Autoren und lud Anges letzten Beitrag. Es war die Bedienungsanleitung eines legalen Überwachungsgeräts, das an Behörden und Polizei verkauft wurde und für den Einsatz bei Internetprovidern gedacht war. Das Gerät registrierte alle Updateanfragen von Android-Smartphones und überprüfte, ob sich der Besitzer auf einer Schwarzen Liste befand. Wenn ja, schaltete sich das Gerät dazwischen und installierte ein manipuliertes Update auf dem Smartphone, das den Schnüfflern die volle Kontrolle über GPS , die Kamera und das Mikrofon gab. Mit wachsender Panik fiel mein Blick auf mein Handy neben mir, dann schnappte ich es mir und nahm den Akku raus.
    »Lies weiter«, sagte Ange. Sie war der Spur der verlinkten Dateien gefolgt und hatte ein paar abgefangene E-M ails und Telefonate gefunden. Eine Mail war die Beschwerde eines Heimatschutzmitarbeiters über eine Zielperson, die sich »ParanoidAndroid« auf dem Handy installiert hatte, sodass man nicht mehr an sie herankam.
    »Was ist ParanoidAndroid?«
    »Da lese ich mich gerade ein«, erwiderte Ange. »Sieht aus wie eine Abspaltung von CyanogenMod.« Das kannte ich natürlich – Hacker hatten aus dem Quellcode von Googles Android eine kostenlose und offene Version erstellt, die eine Menge coole Tricks draufhatte. »Es erlaubt keine Updates, wenn die Prüfsumme nicht mit der anderer User und der offiziellen Release

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