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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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Sprechzeiten und steuerte die Bay Bridge an. Selbst am späten Vormittag staute sich alles. Ich wünschte, diese Leute würden einer geregelten Beschäftigung nachgehen.
    Zehn Minuten vor Ende der Sprechzeit hatte ich das Büro von Professor Greenleaf ausfindig gemacht. Nachdem ich ihmin aller Kürze mein Anliegen erklärt hatte, bot er mir einen Stuhl an.
    »Dem Polizeibericht zufolge haben Sie am Morgen nach Andrew Snows Verschwinden zwei junge Männer gesehen.«
    »Richtig.«
    »Wissen Sie noch genau, dass Sie diese Aussage zu Protokoll gegeben haben?«
    »Ja. Und ich weiß genau, dass ich zwei junge Männer gesehen habe.«
    »Um wie viel Uhr?«
    »So gegen sechs Uhr dreißig. Bei Sonnenaufgang.«
    »Warum sind Sie so früh aufgestanden?«
    »Konnte nicht schlafen. Es heißt ja immer, Zelten sei erholsam, aber mir ist Straßenlärm tausend Mal lieber als dieses Grillengezirpe.«
    »Wissen Sie noch, was diese beiden Männer gemacht haben?«
    »Sie sind einfach ins Auto gestiegen und losgefahren.«
    »Könnten Sie die beiden noch beschreiben?«, fragte ich.
    »Sie waren zwischen achtzehn und zwanzig Jahre alt. Der eine, der den Zeitungsfotos nach Andrew Snows Bruder gewesen sein muss, war vielleicht 1,78 Meter groß, bei einem Gewicht von 85 Kilo, ein sportlicher Typ mit breiten Schultern.«
    »Sie haben ein gutes Gedächtnis.«
    Der Professor korrigierte: »Ein außerordentlich gutes Gedächtnis.«
    »Und wie sah der andere junge Mann aus?«
    »Größer. Ein schlaksiger Typ mit rötlichen Haaren.«
    »Und weiter?«
    »Wenn ich mich nicht täusche, kaute er auf einem Zahnstocher.«
    Ich musste mich richtig zusammenreißen, um nicht gleich aus seinem Büro zu preschen. Noch hatte ich nicht alle Fragen gestellt.
    »Wissen Sie, was das für ein Auto war?«
    »Ein Datsun, meine ich. Fließheck. Ein Modell aus den späten Achtzigern.«
    »Hat einer der beiden Sie gesehen?«
    »Ich denke nicht. Ich hatte ja bloß mein Zelt aufgemacht, um Schuhe anzuziehen.«
    »Und das haben Sie alles der Polizei mitgeteilt?«
    »Ja, als sie mich nach ein oder zwei Wochen aufgestöbert hatten. Die dachten wohl, ich hätte das Datum verwechselt. Aber das kann nicht sein. Der Tag, an dem Snow verschwand, war unser Abreisetag.«
    Ich fuhr in die Stadt zurück und dann weiter über die Golden Gate Bridge nach Sausalito. Das Auto parkte ich direkt vor Martin Snows Haus in der Spring Street. Diese Überwachung hatte nichts Heimliches an sich. Als Martin zwanzig Minuten später aus dem Fenster blickte, sah er mich sofort. Danach fingerte er alle fünfzehn Minuten an seiner Jalousie herum. Auch wenn ich nach wie vor nicht wusste, was er verbrochen hatte, machte ich ihn offensichtlich nervös. Für mich ein Zeichen, dass er etwas zu verbergen hatte, nur dass ich nicht einschätzen konnte, ob er hinter dem Verschwinden meiner Schwester steckte. Das musste ich unbedingt klären.
    Und so stieg ich aus dem Auto und klopfte an seine Tür. Da er zunächst nicht öffnen wollte, klopfte ich stetig weiter. Irgendwann öffnete er doch.
    »Wenn Sie nicht sofort gehen«, sagte er, »rufe ich die Polizei.«
    »Die Polizei wollen Sie bestimmt nicht einschalten.«
    »Warum lassen Sie mich nicht in Ruhe?«
    »Ist meine Schwester bei Ihnen?«
    »Was?«
    »Wissen Sie, wo meine Schwester ist?«
    »Ich habe keine Ahnung. Was wollen Sie überhaupt?«
    »Sie wird seit vier Tagen vermisst.«
    Martin sah plötzlich verwirrt aus. »Das tut mir leid.«
    Ich beugte mich zu ihm. »Wenn Sie mir etwas vorenthalten, das uns bei der Suche weiterbringen könnte – das wäre ein großer Fehler.«
    Martin gab mir mit einem Nicken zu verstehen, dass die Drohung bei ihm angekommen war. Dann sagte er: »Verlassen Sie mein Grundstück. Die Polizei ist bereits unterwegs.«
    Ich ging zu meinem Auto.
    Verfolgungsjagd Nr. 4
Einige Blocks weiter sah ich im Rückspiegel, wie sich ein Sheriff-Auto näherte. Der Fahrer blendete auf, doch gerade als ich rechts ranfahren wollte, glaubte ich, die Gestalt von Sheriff Larson zu erkennen. Vermutlich hatte Martin Snow ihn angerufen, nachdem ich gegangen war. Und jetzt würde mich Larson kaum wegen eines kaputten Rücklichts zum Anhalten auffordern.
    Ich gab also ordentlich Gas. Was hatte ich überhaupt in der Hinterhand? Martin Snow hatte seine Eltern um hunderttausend Dollar betrogen. Der Sheriff hatte vor zwölf Jahren ein Auto gekauft, über dessen Verbleib niemand Bescheid wusste. Er war vor Ort, als Andrew verschwand. Und er ließ sich nicht

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