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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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an? Kennst du ihn?«
    »Nein.«
    »Würdest du ihn gern kennen?«
    »Was soll das heißen?«
    »Das weißt du besser als ich«, erwiderte meine irritierend altkluge Schwester.
    »Halt die Klappe, Rae.«
    Die nächsten fünfundvierzig Minuten sahen wir uns ein Spiel an, das als ödestes Tennismatch aller Zeiten in die Geschichteeingegangen wäre, hätte es dafür mehr Zeugen gegeben. Wir erlebten Aufschläge von unten und Lobs, die so lahm waren, dass der Ball im Flug zu gefrieren schien. Wir sahen zu, wie erwachsene Männer sich mit ihren Tennisschlägern selbst einen überbrieten und über ihre eigenen Schnürsenkel stolperten. Als das Spiel endlich vorbei war, sprang Jake Peters – mit zwei gewonnenen Sätzen war er der Sieger – über das Netz und schlug der Länge nach hin.
    Sein schokobeiniger Partner half ihm wieder auf und schüttelte ihm die Hand. »Gutes Spiel«, sagte er. Also kein schlechter Verlierer.
    Jake klopfte ihm auf die Schulter, nicht ohne ein Kompliment fallenzulassen, denn er wollte das lässige Selbstvertrauen der Siegertypen markieren. Das gelang ihm in etwa so gut, als hätte er versucht, über Wasser zu wandeln.
    Das ungleiche Paar trennte sich ohne ein Zeichen von Bedauern. Allmählich fragte ich mich, was Mrs. Peters’ Verdacht genährt haben mochte. Wir konnten ihr schlicht und ergreifend mitteilen, dass es sich um einen Irrtum handelte und sie sich schon selbst fragen müsse, wie es zu diesem Irrtum hatte kommen können. Doch das hätte für sie nicht nur eine leere Brieftasche bedeutet, sondern auch ein Gefühl innerer Leere. Sie wollte Details. Und da sie für diese Details zu zahlen bereit war, sollte sie die ruhig bekommen.
    Rae und ich hielten Abstand zur Zielperson, als sie vom Platz ging und die Eingangshalle in Richtung der Männer-Umkleide durchquerte. Ich wies Rae an, im Foyer Platz zu nehmen und nach Mr. Peters Ausschau zu halten. Erst stellte sie die Lautstärke ihres Funkgeräts ein, dann holte sie eine Zeitung hervor. Ich drehte mich noch einmal zu meiner Schwester um. Den Zeitungstrick setzte sie schon seit Jahren ein. Bisher hatte es auf mich immer albern gewirkt, fast parodistisch – vor allem, wenn sie mit acht oder neun Jahren ausgerechnet den Wirtschaftsteil der San Francisco Chronicle zu lesen vorgab. Doch jetzt schien es mir zum ersten Mal angemessen, wiesie mit halb aufgefalteter Zeitung dasaß und den Blick immer wieder in die Runde schweifen ließ.
    Auf dem Weg zu den Umkleideräumen sah ich den Mann mit den Schokobeinen im Flur stehen, er unterhielt sich gerade mit einem Gentleman, der wie aus dem Ei gepellt war, mit seinem königsblauen Shirt und blassblauen Schweißbändern. Teures Duftwasser setzte sich von der muffigen Luft ab. Rasch beugte ich mich über den Wasserspender, um möglichst unbemerkt zu bleiben.
    »Daniel, hast du noch Zeit für ein Spiel?«, fragte der gepflegte Gentleman. »Frank hat mir abgesagt, er muss in die Klinik, Notoperation. Der Platz ist aber für mich gebucht.«
    Daniel. Daniel. Jetzt hatte der Schokobeinige einen Namen.
    »Ich wollte noch ein bisschen Papierkram erledigen«, sagte er.
    Jetzt wusste ich, dass Daniel Papierkram zu erledigen hatte. So funktioniert Detektivarbeit.
    »Komm schon. Nach dem Massaker vom letzten Mal schuldest du mir eine Revanche.«
    Auf die Gefahr hin, allzu offensichtlich zu werden: Dieses Gespräch stank zum Himmel. Daniel war nicht in der Lage, Jake Peters zu schlagen, dafür aber diesen Gentleman, der nicht nur in Topform war, sondern überhaupt so aussah, als sei er bereits mit einem Tennisschläger zur Welt gekommen? Da mein Wasserkonsum inzwischen rekordverdächtige Ausmaße angenommen hatte, lief ich zum Münztelefon hinüber. Währenddessen beendeten die beiden Herren ihr Gespräch.
    »Na gut«, sagte Daniel. »Du hast eine Stunde, um es mir heimzuzahlen.«
    Ich bin sicher nicht die Einzige, die auf solche Details achtet. Aber vielleicht bin ich die Einzige, die alles stehen und liegen lässt, um ein noch so winziges Detail zu überprüfen.
    Zuerst kehrte ich zu Rae ins Foyer zurück und wies sie an, weiterhin nach Jake Peters Ausschau zu halten. Allerdingssollte sie nicht über Funk kommunizieren. Für diesen Club wäre das zu auffällig gewesen.
    »Ruf mich auf dem Handy an, wenn er aus der Dusche kommt.«
    »Wo willst du hin?«
    »Ich muss noch was klären«, sagte ich und schnappte mir einen Teil ihrer Zeitung.
    Wieder ging ich zu den Plätzen und ließ mich auf den Zuschauerrängen

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