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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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aufwachte und nachsah, blickte ihr Puff mit seinem kindlich-schiefen Lächeln entgegen. Daraufhin suchte sie das Tattoo-Studio noch einmal auf, verkatert und mit schwerer Zunge, allerdings war ihre Rede flüssig genug, um eine Erklärung für das unerklärliche Kunstwerk auf ihrer Schulter zu verlangen, ein Kunstwerk, das für die Ewigkeit gedacht war. Der Studio-Besitzer konnte sich durchaus an Petra erinnern, vor allem, weil sie zu drei verschiedenen Anlässen versucht hatte, bei ihm Pommes frites zu bestellen, aber auch, weil sie für das Tattoo einen eigenen Entwurf vorgelegt hatte.
    Er zeigte ihr die Papierserviette mit der Puff-Skizze und Petras Signatur darunter. So musste sie wohl oder übel selbst die Verantwortung für die Zeichnung übernehmen, die sie im Suff verbrochen hatte; sie verließ das Studio, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Mit der Zeit wurde Puff ihr lieb und teuer, oft sprach sie von ihm wie von einem entfernten Cousin oder einem längst verstorbenen Haustier.
    »Puff wird mir fehlen«, sagte ich.
    »Mir nicht. Schließlich hat er mich Tag für Tag an das schlimmste Gelage meines Lebens erinnert.«
    »Vor Ewigkeiten hab ich mal gefragt, ob du ihn dir nicht wegmachen lassen willst, und du hast nein gesagt.«
    »Ich werd wohl noch meine Meinung ändern dürfen, oder nicht?«
    »Machst du sonst nie.«
    Petra führte ihren Stoß aus, ohne eine Kugel zu versenken.
    Nachdem ich zwei Kugeln in Folge versenkt hatte, drehte ich mich zu ihr und fragte: »Hast du einen Freund?«
    »Nein«, sagte sie, aber es klang wenig überzeugend.
    »Sicher?«
    »Izzy, wir wollten doch Pool spielen, oder nicht?«
D ER Z AHNARZT -K RIEG ,
D ER H EMD -K RIEG
( UND V ERFOLGUNGSJAGD N R . 1)
    Als Daniel auf unser Haus zugeht, komme ich ihm entgegen: »Du darfst nicht mit mir Schluss machen, egal, was heute Abend passiert.«
    »Wird schon nicht so schlimm werden.«
    »Versprich mir, dass du nicht Schluss machst.«
    Nach einem Kuss verspricht Daniel, auf keinen Fall heute Abend mit mir Schluss zu machen; dann erinnert er mich sanft daran, dass sein Ultimatum in vierundzwanzig Stunden abläuft. Für ihn ist das ein Witz. Für mich nicht.
    Kaum haben wir das Haus betreten, stürmen meine Eltern auf uns ein. Die kurze Begrüßungsphase nutze ich, um für Daniel einen Drink zu besorgen. Er wird ihn brauchen. Mom bittet ihn ins Wohnzimmer, als ich uns gerade zwei doppelte Whiskeys einschenke. Plötzlich fällt mir ein, dass ich im Fall eines Supergaus – den ich nicht ausschließen kann und den hauptsächlich meine Eltern zu verantworten hätten – Beweismaterial sichern sollte. Ich renne ins Büro, lasse das kleinste digitale Aufnahmegerät in meine Tasche gleiten und kehre zu den anderen ins Wohnzimmer zurück.
    Dabei benötige ich gar keinen Mitschnitt, um mich an diesen Abend zu erinnern, so klar steht er mir vor Augen.
    Daniel will sich gerade auf die Couch setzen, als ich ihm sein Glas reiche. »Zur Stärkung«, sage ich.
    Mom nimmt von mir keine Notiz. »Ich bin ja so froh, Sie endlich kennenzulernen, Daniel. Oder soll ich Sie Doktor nennen?«
    »Bloß nicht. Bitte nennen Sie mich Daniel, Mrs. Spellman«, erwidert mein höflicher Freund.
    »Und Sie nennen mich bitte Livy. Das tun alle.«
    »Ich nicht«, schalte ich mich ein.
    »Reiß dich zusammen, Isabel«, mahnt Daniel.
    »Danke, Daniel«, sagt Mom mit einem breiten Grinsen. »Stammen Sie eigentlich aus Kalifornien?«
    »Nein, aus Guatemala. Ich war neun, als meine Familie hierher gezogen ist.«
    »Und wo leben Ihre Eltern?«
    »San José.«
    »Natürlich heißen sie auch Castillo?«
    Nicht mal eine Minute ist verstrichen, und schon beginnt Mom, ihn auszuhorchen.
    »Einspruch«, sage ich, wie ein Anwalt vor Gericht.
    Daniel ignoriert mich. »Ja, heißen sie.«
    »Gleiche Schreibweise?«, fragt Dad.
    »Sicher«, erwidert Daniel mit hochgezogener Augenbraue.
    »Großartig«, jubelt Dad.
    Als Rae ins Wohnzimmer kommt, empfinde ich beinah Freude – das zeigt, wie tief mein Stimmungsbarometer gesunken ist. Sie geht direkt auf Daniel zu und reicht ihm die Hand.
    »Hi. Ich bin Rae, Izzys Schwester. Soll ich Sie Dr. Castillo nennen?«
    »Freut mich, dich kennenzulernen, Rae. Nenn mich ruhig Daniel.« Seinem Strahlen nach zu urteilen, kauft er Rae die Nummer des netten Schulmädchens ab. Vorerst jedenfalls.
    Dann trampelt Onkel Ray nach unten. Er brüllt: »Du verdammte Göre, ich hab deinen Zettel gefunden.«
    Es musste ja so kommen. Trotzdem wäre noch ein Tag Aufschub

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