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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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als gebe er ein dunkles Geheimnis preis.
    »Okay. Wir gehen.« Um jedem Missverständnis vorzubeugen, stehe ich auf. Aber es ist bereits zu spät.
    »Fällt es Ihnen schwer, auf Drogen zu verzichten?«, fragt Mom. Dabei weicht ihr das Grinsen vom Gesicht.
    »Wie bitte?«, fragt Daniel, dem ebenfalls das Lächeln auf den Lippen erstarrt.
    »Na ja, Leute Ihrer Art neigen mehr zu Drogen als andere«, erklärt meine Mutter.
    Ich fasse Daniel am Arm, der aber schon längst aufgesprungen ist. »Keine Ahnung, was das mit Leuten meiner Art soll, aber ich hatte mit Drogen nie das Geringste zu tun.«
    »Sie hat es nicht so gemeint«, sage ich.
    »Ich bin froh, dass Daniel clean ist«, sagt Mom.
    »Ich fasse es nicht«, antwortet ihr Daniel.
    »Wir müssen los!« Was anderes fällt mir nicht ein.
    »Hat mich gefreut, Daniel«, sagt Dad, immer noch so lächelnd, als sei nichts Besonderes vorgefallen.
    »Kommen Sie uns bald wieder besuchen«, sagt Mom, so wie man Fahr zur Hölle sagen würde.
    Daniel stürmt vor die Tür. Ich wende mich noch an meine Eltern, die mich so schändlich verraten haben: »Ihr hattet doch versprochen, euch am Riemen zu reißen.«
    »Viel Spaß, mein Schatz«, brüllt mir Dad hinterher, als ich Daniel ins Freie folge.
    »Ich hab dich gewarnt«, sage ich und hoffe auf eine tröstliche Antwort. Immerhin habe ich meine ganze Kindheit in deren Obhut verbracht, während Daniel bloß zehn Minuten Konversation über sich ergehen lassen musste.
    »Sei mir nicht böse, aber ich würde unsere Dinnerverabredung von heute Abend gern verschieben«, meint Daniel.
    Ich sehe zu, wie er ins Auto steigt und den Motor startet. Zunächst bin ich bereit, ihn ziehen zu lassen. Immerhin habe ich Jahre gebraucht, um mich mit dieser Familie abzufinden, wie sollte ich ihm da nicht eine Nacht zugestehen? Dann springe ich doch in meinen Buick.
    Als ich Daniel eingeholt habe, biegt er mit seinem BMW nach Norden in die Van Ness Street ab. Nachdem ich ihm um zwei Blocks gefolgt bin, klingelt mein Handy.
    »Isabel, ist das dein Auto, das da hinter mir fährt?«
    »Halt an, Daniel, bitte!« Stattdessen scheint er Gas zu geben.
    »Gemeint ist das linke Pedal, nicht das rechte.«
    »Ich weiß, wie man Auto fährt, Isabel.«
    »Gib mir fünf Minuten, dann erkläre ich dir alles. Oder besser fünfzehn, vielleicht sogar zwanzig. Mehr aber nicht.«
    Daniel biegt scharf rechts in die California Street ein.
    »Und glaub ja nicht, dass du mich abschütteln kannst, Daniel. Das haben schon ganz andere versucht.«
    »Mein Auto ist aber schneller als deins.«
    »Das spielt keine Rolle. Glaub mir.«
    Daniel beendet das Telefonat und heizt bei Gelb über die Kreuzung. Ich heize bei Rot hinterher. Am liebsten würde ich ihn zurückrufen, um ihm zu erklären, dass unser Tun rein symbolisch ist. Daniel ist ein verantwortungsbewusster Bürger. Gesellschaftliche Regeln achtet er ebenso wie die Straßenverkehrsordnung. Ich beachte weder das eine noch das andere, darum hat er gegen mich auch nicht die geringste Chance.
    Daniel fährt kreuz und quer durch die Stadt, wie durch ein Labyrinth, ohne erkennbares Ziel und bei einer konstanten Geschwindigkeit von nicht mal 60 Stundenkilometern. Ich halte einen konstanten Abstand ein, kurz genug, damit er mich nicht vergisst, aber nicht bedrohlich kurz. Ich habe nur einen Gedanken im Kopf: Ich will ihn nicht verlieren.
    Daniel fährt über die Gough Street den Hügel runter zur Bay, biegt nach links ab und fährt geradeaus weiter nach Fillmore. Dort geht es scharf nach rechts. Dann beschleunigt er leicht, aber noch im Rahmen des Erlaubten, und fährt auf die Golden Gate Bridge. Ich kann erkennen, wie er im Rückspiegel nach mir sucht und dann vor Enttäuschung den Kopf schüttelt. Er setzt den rechten Blinker und drosselt das Tempo. Die Jagd ist beendet.
    An der ersten Ecke nach der Brücke fährt er rechts ran. Er steigt aus und wartet, bis ich geparkt habe. Dann kommt er auf mich zu.
    »Willst du mich umbringen?«, fragt er.
    Angesichts des lahmsten Rennens, das die Menschheit je erleben durfte, ziehe ich es vor, diese Frage zu übergehen.
    »Das war ein Missverständnis, Daniel.«
    »Ach ja? Dabei hast du dich bloß auf einen Hispano eingelassen, um deinen Eltern eins auszuwischen.«
    »Ich ahnte ja, dass du es in den falschen Hals kriegen würdest.«
    »Du hast sie doch gehört, dieses: Leute Ihrer Art .«
    »Ja. Aber damit meint sie Zahnärzte. Sie hasst Zahnärzte.«
    »Es gibt viele, die nicht gern zum

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