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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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schließlichabgelehnt. Und dann sagte er auch noch, ich darf nicht mehr arbeiten. Er hat mir meine Existenzgrundlage genommen.«
    Rae weiß, dass ich da bin, sie spricht nur noch zu meiner persönlichen Erbauung. Ich habe genug gehört. Wieder setze ich mich auf den Barhocker neben ihr und trinke ihr Ginger-Ale aus.
    »Du darfst das Haus nicht verlassen, Rae.«
    »Ich weiß.«
    »Und warum bist du dann hier?«
    »Die Regeln besagen, dass ich nach der Schule nicht ohne Begleitung eines Erwachsenen unterwegs sein darf.«
    »Na und?«
    »Milo ist erwachsen.«
    Ich zog Rae vom Barhocker runter und schleifte sie zum Auto. Danach formulierte ich das Kleingedruckte ihres Strafmaßes um. Wir einigten uns darauf, diesen Vorfall geheim zu halten, wenn sie sich künftig an die Regeln hielt.
    Später an diesem Abend lenkte ich Daniel mit Hilfe von Mini-Max vom Zwischenfall mit meiner Schwester ab. Wir sahen uns vier Folgen an, die letzte aus dem Jahr 1966, wo KAOS 21 den Roboter Hymie 22 – der immer alles beim Wort nimmt 23 – bei CONTROL einschleust, damit er Dr. Shotwire entführt, einen Wissenschaftler von herausragender Bedeutung, den Max beschützen soll. Allerdings wird der sensible Roboter durch Max’ Vorbild umgedreht, er läuft zu den Guten über. Am Ende rettet Hymie 24 Max, Agent 99 und Dr. Shotwire das Leben und erschießt seinen Schöpfer. Der Chef möchte Hymie für CONTROL gewinnen, doch der will zu IBM, um
    dort andere intelligente Maschinen kennenzulernen. Eigentlich war Hymie als Figur nur für diese eine Folge vorgesehen, aufgrund seiner Beliebtheit ließ man ihn dann aber mehrfach wieder auftreten.
    »Hymie ist toll«, sagte Daniel.
    »Das Tollste überhaupt.« Gerade als ich dachte, er habe jeden Gedanken an meine Schwester und den Rest meiner Familie verdrängt, sollte ich eines Besseren belehrt werden.
    Daniel drückte die Pausentaste. »Ich will wissen, wo du wohnst.«
    Auf meine Weigerung hin erhob er neue Forderungen, die in hartnäckige Verhandlungen mündeten, in deren Folge Daniel und ich uns über die Feuerleiter in meine Wohnung stahlen, um 02.30 Uhr in der Früh. Dabei genoss Daniel den ungewohnten Kitzel einer Highschool-Eskapade viel zu sehr, als dass er sich auf die traurige Tatsache besann, dass seine Freundin die Highschool längst verlassen hatte. Er blieb über Nacht – deren kärglichen Rest –, bis ich ihn weckte und über die Feuerleiter nach draußen schickte.
    Die Ungeduld meiner Mutter nahm im gleichen Maße zu wie die von Daniel, doch ich hielt beiden stand. Meine Tarnung als Lehrerin kostete einige Anstrengung, bis ich irgendwann Teile meines echten Wortschatzes und meines echten Kleidungsstils in die Figur einfließen ließ, die ich Daniel gegenüber verkörperte. Auf diese Weise war er durchaus mit der wahren Isabel Spellman zusammen – selbst wenn sie Familie und den wahren Beruf weiterhin verleugnete.
    Am Wochenende lief die eingekerkerte Rae in stiller Wut durchs Haus, da ihr kein anderes Ventil blieb, ihre überschüssige Energie loszuwerden. Irgendwann schlug Mom ihr eine Radtour vor und stellte für diesen Ausnahmefall eines Freigangs neue Regeln auf. Rae radelte schnurstracks zu Milo, der diesmal Dad anrief. Nach ausgiebiger Diskussion fanden unsere Eltern eine Lösung, die allerdings nur ihnen praktikabel erschien.
    Anmerkung: Bei folgendem Gespräch war ich nicht persönlich zugegen, dafür habe ich alle Beteiligten ausführlich befragt. Das Ergebnis meiner Ermittlungen dürfte also einigermaßen wahrheitsgetreu sein.
    Als Mom und Dad schließlich im Philosopher’s Club eintrafen, regnete es in Strömen. Rae befestigte ihr Rad am Träger oberhalb der Stoßstange von Moms Honda und stieg auf den Rücksitz. Mom und Dad drehten sich mit versteinerter Miene zu ihr um.
    Rae ging gleich zum Gegenangriff über.
    »Wie könnt ihr von mir verlangen, dass ich meine Lieblingsbeschäftigung aufgebe?«
    »Lass das Theater«, sagte Mom.
    »So kann ich nicht leben«, sagte Rae.
    »O doch. Auch für dich bedeutet nein ein Nein.«
    »Das wird nie funktionieren.«
    Mom sah zu Dad, er sollte ihr grünes Licht geben. Er nickte, und Mom sagte: »Wir haben einen Auftrag für dich. Der wird dich eine Weile auf Trab halten, so kommst du gar nicht erst auf dumme Gedanken. Eins muss dir allerdings klar sein: Du darfst nur diese Observation durchführen, mit unserer offiziellen Genehmigung. Solltest du wieder auf eigene Faust losziehen, bekommst du von uns bis zu deiner Volljährigkeit

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