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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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Zahnarzt gehen, aber das heißt doch nicht, dass sie uns hassen. Ich meine, rein menschlich gesehen.«
    »Das ist eine lange Geschichte, Daniel, und jetzt haben viele andere Dinge Vorrang. Was du heute Abend gehört hast, baut im Grunde alles auf einer Lüge auf, es ist alles erstunken und erlogen.«
    »Waren das überhaupt deine Eltern?«
    »Ja.«
    »Schade.«
    »Ich bin aber nicht Lehrerin. Meine Eltern sind auch keine Lehrer.«
    »Das ist zur Abwechslung mal eine gute Nachricht.«
    »Sie sind Privatdetektive. So wie ich. Es ist das Familienunternehmen. Als wir uns das erste Mal gesehen haben, musste ich gerade deinen Tennispartner beschatten, Jake Peters. Seine Frau dachte, er sei schwul und du könntest sein Liebhaber sein.«
    »Lächerlich.«
    »Ich weiß. Doch deine Spielweise beim zweiten Match kam mir so verdächtig anders vor, deshalb habe ich dir in der Bar aufgelauert. Und dann hätte ich dir gern die Wahrheit erzählt, aber es wäre dir alles so merkwürdig vorgekommen – und ich durfte natürlich keine Informationen über den Fall preisgeben.«
    »Stattdessen hast du dich einfach als Lehrerin ausgegeben?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Weil es so normal klingt. Ich wollte Irritationen vermeiden, zumindest am Anfang. Bis ich dich näher kennengelernt hatte. Wer du bist. Wie du lebst. Und später schien es nie der richtige Moment zu sein, um dir die Wahrheit zu beichten. Ich hätte es aber tun müssen, spätestens bevor du auf meine Familie triffst.«
    Daniel sieht mich fassungslos an, er fühlt sich verraten und verkauft. Diesen Blick kannte ich bisher nur von meinen Eltern, und das auch nur höchst selten. Aber es ist interessant, wie stark unterschiedliche Menschen sich ähneln können, wenn sie das Gleiche empfinden.
    »Ich will jetzt nach Hause«, sagt er. »Ohne verfolgt zu werden. Ich will einfach in mein Auto steigen und unbehelligt losfahren. Ist das möglich?«
    »Ja«, sage ich leise. Ich lasse ihn ziehen. Noch bevor er seinen Wagen startet, habe ich allerdings beschlossen, ihn zurückzugewinnen. Egal wie.
    Doch zunächst habe ich noch eine Rechnung offen.
    Nach einer schlaflosen Nacht wanke ich die Treppe runter, stolpere in die Küche meiner Eltern, schenke mir eine Tasse Kaffee ein, gehe damit zum Spellman-Büro und teile allen Anwesenden meinen Entschluss mit.
    »Ich kündige.«
    »Was kündigst du, mein Schatz?«, fragt Mom.
    »Meinen Job.«
    »So leicht geht das nicht«, sagt Dad.
    »Geht es wohl.«
    »Nein. Frag deine Mutter.«
    »Dein Vater hat recht«, sagt Mom.
    »Ich komm einfach nicht mehr arbeiten.«
    »Und wir bezahlen dich nicht mehr«, sagt Dad.
    »Prima.«
    »Prima.«
    »Prima«, sagt auch Mom. »Aber dann musst du dir wohl einen neuen Job suchen, dafür brauchst du Referenzen. Und die kannst du nur von uns bekommen, weil du nie woanders gearbeitet hast.«
    »Was meinst du damit?«, frage ich.
    »Ja, was meinst du damit?«, echot Dad.
    »Du übernimmst einen letzten Auftrag, dann lassen wir dich ziehen. Und du bekommst von mir ein Empfehlungsschreiben und was du sonst noch brauchst.«
    »Ein letzter Auftrag? Und dann ist Schluss?«
    »Dann bist du frei«, sagt Mom.
    Frei. Das hört sich fein an. Nach sechzehn Jahren Fron im Familienunternehmen würde ich endlich sehen, wie leicht es sich auf der anderen Seite lebt und arbeitet.
    Als hätten sie alles genauso geplant und getimt ...

III
F RIEDENSVERHANDLUNGEN
E IN LETZTER A UFTRAG
    Meine Eltern ließen sich vierundzwanzig Stunden Zeit, um diesen Einsatz in allen Details durchzusprechen. Ich stellte mir vor, wie sie sich die ganze Nacht über ungelöste Fälle beugten, um den aussichtslosesten von allen herauszupicken. Mit welchem Fall würden sie mich am längsten in ihrer Gewalt halten? Obwohl ich mit dem Schlimmsten rechnete, überrollte mich das, was am nächsten Tag und in den Wochen darauf folgen sollte, mit unvorhersehbarer Wucht.
    Um 9.00 Uhr trafen wir uns im Büro. Meine Mutter überreichte mir eine umfangreiche Akte, vergilbt und mit Kaffeeflecken übersät. Dann skizzierte sie den Fall in groben Zügen:
    »Andrew Snow ist am 18. Juli 1995 verschwunden; da war er gerade mit seinem Bruder Martin Snow am Lake Tahoe zelten. Beide Jungen sind in Mill Valley, Kalifornien, aufgewachsen, bei ihren Eltern Joseph und Abigail Snow. Die Polizei hat bei ihrer Suchaktion vier Wochen lang alle Hebel in Bewegung gesetzt, ohne eine einzige Spur zu finden. Nichts deutet darauf hin, dass Andrew Gründe gehabt haben könnte unterzutauchen. Er

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