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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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keinen einzigen Job mehr. Kapiert?«
    »Kapiert. Wie lautet der Auftrag?«
    »Du sollst deine Schwester beschatten«, sagte Dad.
    »Du sollst den Mann identifizieren, mit dem sie sich zurzeit trifft«, sagte Mom.
    Rae schwieg, solange Dad ihr die Grundregeln erläuterte. »Schule geht vor, deine Leistungen dürfen nicht nachlassen. Und du hältst die gleichen Uhrzeiten ein wie bisher. Um spätestens 20.00 Uhr bist du zu Hause, egal wo Isabel steckt oder was sie gerade treibt.«
    »Aber sonst darf ich auch bis 22.00 Uhr ausbleiben«, sagte Rae.
    »Das war einmal«, erwiderte Mom. »Übernimmst du den Auftrag?«
    »Lasst uns übers Geld reden«, sagte Rae.
    Als sie einen Dollar pro Stunde mehr rausgeschlagen hatte, als Gefahrenzulage, sowie bezahlte Überstunden und Spesen, war der Deal besiegelt.
    Ich kam erst dahinter, als Rae mich bereits drei Tage in Folge beschattet hatte. Meine verletzte Eitelkeit fiel allerdings kaum ins Gewicht, angesichts der erstaunlichen Reaktion unserer Mutter, als Rae ihr die Fotos und damit die ganze Wahrheit präsentierte. Zuerst betrachtete Mom die Bilder von Daniel und mir mit Wohlwollen, sie erklärte Dad sogar, dass sie Daniel für gutaussehend und gepflegt halte. Und so wirkte sie ziemlich erleichtert – bis meine Schwester ihr das letzte Foto zeigte.
    »Reg dich bloß nicht auf, Mom«, sagte Rae, als sie den ultimativen Beweis vorlegte.
    Prompt riss unsere Mutter ihr das Bild aus der Hand. Eine Aufnahme des Praxisschildes, »Dr. Daniel Castillo, Dentist«.
    »Ein Zahnarzt?«, zischte Mom.
    »Ja«, sagte Rae. »Aber er scheint tatsächlich ganz nett zu sein.«
    Derweil, auf den Tag genau drei Monate nach unserer normalen Verabredung Nr. 1, verlor Daniel die Geduld. Er nannte mir ein Ultimatum, ohne Verhandlungsspielraum.
    »Ich will deine Familie kennenlernen«, sagte er.
    »Wozu? Die muss man nicht kennen.«
    »Ich bestehe darauf, deinen Eltern vorgestellt zu werden.«
    »Und falls nicht?«
    »Was meinst du?«
    »Na ja, wenn jemand eine solche Forderung erhebt, droht er in der Regel mit Konsequenzen, wenn seine Forderung nicht erfüllt wird.«
    »Sicher.«
    »Welche Konsequenzen würdest du denn ziehen?«, fragte ich. Ich rechnete mit einem Satz wie: Falls nicht, werde ich dir nie wieder eigenhändig ein Essen zubereiten.
    »Wenn ich deine Familie nicht binnen einer Woche kennengelernt habe, ist es aus mit uns beiden.«
    »Wenn du meine Familie kennengelernt hast, ist es mit uns beiden garantiert aus.«
    Daniel rollte mit den Augen, dann stöhnte er: »Sie haben es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Kinder und Jugendliche zu erziehen. Daran ist doch nichts böse oder falsch.«
    »Hast du bisher keine Lehrer getroffen?«
    »Isabel, das ist mein letztes Wort. Wenn ich deine Eltern nicht kennenlerne, sind wir geschiedene Leute.«
    Offenbar gehörten Ultimaten inzwischen zum guten Ton, denn am nächsten Tag legte Mom nach.
    »Schätzchen, wenn du mir deinen Neuen nicht binnen einer Woche vorstellst, suche ich ihn auf und stell mich selbst vor. Kapiert?«
    Als ich am nächsten Morgen die Familienküche betrat, bereitete sich Rae gerade ihr übliches Samstagsfrühstück zu – Schoko-Chips-Pfannkuchen, mit der Betonung auf Schoko-Chips. Dad musste ihr die Packung regelrecht entwinden. Danach musste Mom ihm die Packung entwinden. Rae füllte mir einen Teller mit dem ersten Schwung. Ich wies sie darauf hin, dass ich dafür nichts zahlen würde, eingedenk früherer Forderungen, die auf Raes vermeintlich großzügige Offerten folgten. Mit einem zerknirschten Lächeln beteuerte sie, diesmal gehe es wirklich aufs Haus.
    Ich wandte mich an unsere Mutter, die noch der Antwort auf ihr gestriges Ultimatum harrte.
    »Ich stelle ihn dir vor. Aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.«
    »Ich höre«, sagte Mom.
    »Er hält mich für eine Lehrerin.«
    »Wie kommt er darauf?«, fragte Dad.
    »Ich hab ihm erzählt, ich sei Lehrerin.«
    »Das nimmt man dir natürlich sofort ab«, frotzelte er.
    »Vielleicht werd ich’s ja noch. Wer weiß?«
    »Du doch nicht«, meinte Mom.
    »Warum denn nicht?«, zischte ich.
    »Lass uns beim Treffen mit dem großen Unbekannten bleiben«, unterbrach Dad. Daraufhin legte ich die Einzelheiten fest.
    »Ich kann ihn noch nicht mit der Wahrheit konfrontieren.«
    »Weiß er, was wir tun?«, fragte Mom.
    »Nein. Und so soll es auch bleiben.«
    Da kam Onkel Ray in die Küche, mit nacktem Oberkörper. Er trug bloß seine geliebten Bluejeans und Sneakers.
    »He, weiß einer von

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