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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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bringen. Prompt ließ sie sich unter falschem Namen einen Termin bei Dr. Daniel Castillo geben.
    Mrs. Sanchez reichte ihm eine dürftige Akte.
    »Letzter Termin für heute. Zimmer drei. Wenn Sie nichts dagegen haben, geh ich schon mal nach Hause.«
    »Mary Anne Carmichael?«, hakte Daniel nach.
    »Eine Neue. Sie ist nicht versichert, will aber garantiert bar bezahlen.«
    »Einen schönen Abend, Mrs. Sanchez.«
    Als Daniel in das Behandlungszimmer trat, ertappte er meine Schwester dabei, wie sie Schubladen und Schränke durchwühlte. Er erkannte sie auf Anhieb.
    »Rae, was hast du hier zu suchen?«
    »Ich hab was an den Zähnen«, erklärte sie, dabei drehte sie sich zu ihm und schob die offene Schublade mit dem Rücken zu.
    »Junge Damen sollten besser nicht in fremden Schubladen herumschnüffeln.«
    »Stimmt genau. Ich tu’s nie wieder.«
    »Setz dich.«
    Rae nahm im Behandlungsstuhl Platz und faltete fromm die Hände.
    »Warum bist du hier?«
    »Mir tun die Zähne weh!«
    »Alle?«
    »Nur einer oder zwei.«
    »Mach den Mund auf.«
    Daniel streifte sich Latexhandschuhe über, bevor er Raes Gebiss untersuchte.
    »Iff wuff Chihnen hwas Wifft ...«
    »Nicht sprechen!«
    »Iff wuff chababa. Aaaahhh.«
    Daniel zog Spiegel und Sonde aus Raes Mund.
    »Ich muss Ihnen was Wichtiges sagen«, erklärte sie.
    »Betrifft es deine Zähne?«
    »Was viel Wichtigeres.«
    »Rae, was zwischen mir und deiner Schwester läuft, geht dich nichts an.«
    »Vor vier Jahren hat unsere Mutter einen Zahnarzt überprüft. Er stand im Verdacht, seine Patientinnen sexuell zu belästigen, nachdem er sie betäubt hatte. Mom ließ sich einen Termin für eine Wurzelbehandlung geben, dann bekam sie eine Vollnarkose. Und während sie bewusstlos war, hat er sie angefasst. Mom und Dad haben nie mit mir darüber gesprochen; letztes Jahr habe ich den Aktenschrank mit einem Dietrich geöffnet und die ganzen Unterlagen gelesen. Meine Eltern glauben aber nach wie vor, ich wüsste nichts davon, ich wäre Ihnen also dankbar, wenn Sie es für sich behalten würden.«
    »Mach ich.«
    »Wahrscheinlich hätte sie gar nicht so heftig reagiert, wenn der Staatsanwalt sich nicht geweigert hätte, Klage zu erheben, als sie den Fall zur Anzeige brachte. Er meinte, die Beweislage reiche nicht aus. Danach kamen noch zwei weitere Fälle, in die Zahnärzte verwickelt waren: ein Kieferchirurg, der immer unter Crack stand, wenn er Wurzelbehandlungen durchführte, und ein anderer, der nicht vorhandene Löcher füllte.«
    »Diese Vorgänge sind in der Tat besorgniserregend.«
    »Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum unsere Mutter Sie so behandelt hat.«
    »Das verstehe ich, Rae. Dass deine Schwester mich aber ständig belügen musste – das verstehe ich nicht.«
    »Sie belügt alle, die sie liebt. Mich belügt sie auch die ganze Zeit. Sie hat mir erzählt, dass man von Froot Loops Diabetes bekommt.«
    »Ein hoher Zuckerkonsum kann durchaus zu Diabetes führen.«
    »Ja, aber das heißt doch nicht, dass ich mir nach dem Verzehr einer Packung Froot Loops gleich eine Insulin-Spritze setzen muss.«
    »Isst du wirklich die ganze Packung auf einmal?«
    »Nur samstags.«
    »Du solltest überhaupt keine Froot Loops essen.«
    »Ich bin nicht hier, um über meine Essgewohnheiten zu sprechen.«
    »Stimmt. Du bist wegen deiner Zähne hier.«
    »Auch nicht wirklich.«
    »Wann hast du sie das letzte Mal reinigen lassen?«
    »Von einem Zahnarzt?«
    »Ja.«
    »Weiß nicht genau. Als wir das letzte Mal in Chicago waren. Vor etwa zwei Jahren.«
    »Ich habe so eine dumpfe Ahnung, aber trotzdem: warum Chicago?«
    »Weil Dr. Farr dorthin gezogen ist.«
    »Und wer ist Dr. Farr?«
    »Moms Zahnarzt. Sie ist schon als Kind zu ihm gegangen.«
    »Du solltest dir die Zähne jetzt reinigen lassen.«
    »Sie sollten sich jetzt mit meiner Schwester versöhnen.«
    »Keine Chance.«
    »Izzy hat Sie wirklich gern. Das sieht man. Ständig machen irgendwelche Kerle mit ihr Schluss, aber das ist ihr egal. Nur Ihretwegen ist sie traurig, und das bekommt ihr nicht. Ich erlebesie oft wütend, aber so gut wie nie traurig. Sie mögen sie doch auch. Das weiß ich. Sonst hätten Sie mich schon längst an die Luft gesetzt.«
    »Jetzt kümmern wir uns erst mal um deine Zähne.«
    »Ich bin bereit zu verhandeln.«
    Rae ließ eine Stunde Zahnreinigung sowie Röntgenaufnahmen über sich ergehen. Im Gegenzug nötigte sie Daniel das Versprechen ab, dass er mich anrufen würde. Was er zwei Tage später auch tat. Unser Gespräch

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