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Was ich dann noch immer nicht verstehe, ist: Warum meinen Sie, daß die Ursache in unserem Unternehmen liegt? Hier sind keine mörderischen Geheimnisse verborgen, das können Sie mir glauben.«
Letzteres sagt er mit leisem Spott, vielleicht in dem Bemühen, wieder Oberwasser zu bekommen. Ich entschließe mich, aufrichtig zu ihm zu sein, da nur so meine Chancen steigen, daß er offen mit mir redet.
»Es gibt zwei Berührungspunkte zwischen Favieros, Stefanakos und Vakirtsis. Der eine liegt in der Vergangenheit. Alle drei kannten sich seit der Studienzeit, alle drei engagierten sich gegen die Junta und waren bei der Militärpolizei inhaftiert. Folglich kannten sie sich gut.«
»Und der andere Berührungspunkt?«
»Die Unternehmen. Außer den Firmen, die Jason Favieros und Lilian Stathatou, Stefanakos’ Ehefrau, zusammen betrieben haben, existierten auch noch gemeinsame Unternehmen von Lilian Stathatou und Sotiria Favierou.«
»Na gut, damit eröffnen Sie mir kein Geheimnis. Aber wie paßt Vakirtsis in diese Unternehmerkreise?«
»Nicht besonders gut, aber sein Bruder Menelaos Vakirtsis, Bürgermeister und Unternehmer, dafür um so besser.« Ich verstumme, um seine Reaktion abzuwarten. Er blickt mich an und harrt der Fortsetzung. »Apostolos Vakirtsis war Journalist und wollte aus zwei Gründen nicht als Unternehmer in Erscheinung treten: Erstens, weil er an Glaubwürdigkeit eingebüßt hätte, und zweitens, weil er seinem Bruder als stiller Teilhaber viel nützlicher sein konnte. Menelaos Vakirtsis besaß eine Firma für Gebäudetechnik und Elektroinstallation sowie eine Firma für Sicherheitstechnik.« Wiederum warte ich ab, ob er vielleicht etwas einwerfen möchte, aber Samanis schweigt weiter. »Inwieweit haben Sie mit den Firmen von Menelaos Vakirtsis zusammengearbeitet?«
»Wir arbeiten im Olympischen Dorf auf denselben Baustellen zusammen«, entgegnet er ausdruckslos. »Wir hatten die Baukonstruktion und Menelaos Vakirtsis’ Firma, die ELEKTROSYS , die Elektroinstallation übernommen.«
»Das war alles?«
»Das war alles.«
Ohne ein weiteres Wort ziehe ich eine Fotokopie von Stefanakos’ Notizen aus der Tasche und lege sie Samanis vor. Nachdem er sie durchgelesen hat, hebt er den Blick.
»Was hat das zu bedeuten?«
»Das sind Notizen, die wir auf Stefanakos’ Laptop gefunden haben. Darin behauptet er, Jason Favieros habe Menelaos Vakirtsis irgend etwas nicht abschlagen können, weil sein Bruder viel wisse und Favieros Angst vor ihm habe. Hier stellen sich zwei Fragen: Was konnte Favieros Menelaos Vakirtsis nicht abschlagen, und warum fürchtete er Apostolos Vakirtsis?«
Samanis seufzt auf. »Menelaos Vakirtsis ging uns nicht mehr von der Pelle«, sagt er langsam. »Zunächst einmal hat er uns durch seinen Bruder gezwungen, eine Arbeitsgemeinschaft mit ihm einzugehen. Wir sollten die Bauarbeiten und Vakirtsis’ ELEKTROSYS die Elektroinstallation übernehmen. Jason wollte jedoch nichts davon hören.«
»Warum nicht?«
»Weil sie Pfuscher und Stümper sind. Sie halten die Termine nicht ein, und wir müssen dann die Kastanien aus dem Feuer holen. Oder sie arbeiten so dilettantisch, daß die Hälfte nicht funktioniert und wir alles noch mal machen müssen.«
»Ja, aber diese Notiz ist viel jüngeren Datums, sie kann sich nicht auf die Arbeitsgemeinschaft beziehen.«
»Nein, hier geht es um die Sicherheitstechnik in den olympischen Anlagen.«
Seine Antwort überrascht mich. »Hat Ihre Firma nun auch den Einbau von Sicherheitssystemen übernommen?«
Er bricht gegen seinen Willen in Lachen aus. »Nein. Aber um bei der Ausschreibung eines Großauftrags der öffentlichen Hand teilnehmen zu können, braucht man eine hohe Bankgarantie. Und Menelaos Vakirtsis war schwer verschuldet. Also setzte er uns unter Druck, gewissermaßen als Bürge aufzutreten, damit er seine Bankgarantie bekam.«
»Das heißt also, Sie haben ihn gewissermaßen gedeckt?«
»So könnte man das ausdrücken.«
»Und Sie sind darauf eingegangen, weil sein Bruder Sie unter Druck gesetzt hat.«
»Genau.«
»Und wieso hat Apostolos Vakirtsis gerade Sie und niemand anderen bedrängt, seinem Bruder zu helfen? Warum nicht die Banken?«
»Weil er an sie nicht herankam. Er konnte nur bestimmte Regierungskreise unter Druck setzen, aber die hatten mittlerweile von ihm und seinem Bruder die Nase voll.«
»Das bringt mich zur zweiten Frage: Warum hatte Jason Favieros Angst vor Apostolos Vakirtsis?«
Er antwortet nicht sofort, und ich
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