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Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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zugegebenermaßen kein besonders großes Talent zur Köchin hat. Katerina wiederum ist drauf und dran, alles hinzuschmeißen und Fanis’ Eltern zu einem Eis ins Café Lentsos auszuführen, doch sie beißt die Zähne zusammen und beherrscht sich, um Adriani gegenüber nicht undankbar zu erscheinen.
    Ich folge lieber der volkstümlichen Weisheit »Viele Köche verderben den Brei« und setze mich ab – aus Angst, irgendwann zwischen die Fronten zu geraten und in die Vermittlerrolle schlüpfen zu müssen. Wenn der Zusammenstoß in meiner Abwesenheit passiert, werden ihn beide vor mir geheimhalten, um mich nicht zu betrüben.
    Mein erster Gedanke ist, zum Platz vor der Lazarus-Kirche zu spazieren. Rasch verwerfe ich die Idee jedoch wieder, da am Samstagnachmittag das Möchtegern-Café vermutlich rappelvoll ist und der kleine Platz von kreischenden Kindern überquillt. Dieser Vorbehalt läßt mich eine andere Richtung einschlagen, und zwar zum Volkspark mit meinem Stammplätzchen. Samstags um diese Uhrzeit liegen die Leute im Sommer entweder noch am Strand, halten ihr Mittagsschläfchen oder lassen bei Kaffee-Frappé oder Eis die Seele baumeln.
    Mein Gedankengang erweist sich als richtig, denn nur die Katze wartet auf mich. Sie hat ihren Lieblingsplatz verlassen und sich auf der sonnenbeschienenen Seite der Sitzfläche ausgestreckt. Sie hört mein Kommen, zieht die Augenlider halb hoch und erkennt, daß es sich um Kommissar Kostas Charitos handelt. Daraufhin klappt sie sie desinteressiert wieder zu.
    Der Park ist ruhig und menschenleer, nur ich und die Katze sind da. Der ideale Ort zum Nachdenken. Wenn mir bloß etwas einfiele! Ich befinde mich zwar bereits in der Wiederaufbereitungsphase, doch das recycelte Gedankengut läßt noch auf sich warten. Mit Logaras’ Hilfe – um nicht zu sagen »unter seiner Federführung«, was zuzugeben aber meine Eitelkeit verletzen würde – bin ich bis zum Ursprung der Selbstmorde, nämlich Jannelis’ Freitod, vorgestoßen. Ich habe für die Einwände seiner Tochter Verständnis, denn ich muß zugeben, daß es grundlegende Unterschiede zwischen den Freitoden gibt. Nicht nur, daß er sich nicht vor aller Augen umgebracht hatte, nein, Jannelis war anders: Er war nicht vermögend, er war weder in Geschäfte in Griechenland noch auf dem Balkan involviert. Er lebte von der schmalen Rente eines Widerstandskämpfers, möglicherweise wurde er von seinen Kindern finanziell unterstützt. Etwas anderes wäre mit dem Bild des stolzen Revolutionärs, das die Janneli gezeichnet hat, kaum zu vereinbaren.
    Ich weiß, es gäbe genügend Gründe, die gegen eine Verknüpfung der Todesarten sprechen. Doch mein kleiner Finger sagt mir, daß es eine Verbindungslinie von Jannelis’ Freitod bis zu Vakirtsis’ Selbstmord geben muß. Worin diese Verbindungslinie besteht, weiß ich nicht, aber es gibt zwei Möglichkeiten, dahinterzukommen: Entweder wird mich, wie bisher, Logaras zielstrebig hinführen, oder ich treibe ein anderes Mitglied der Gruppierung auf, das mir einen Fingerzeig gibt. Ich glaube nicht, daß man mir die Reisekosten nach Kanada genehmigen wird, um Tellopoulos aufzusuchen. Aber, unter uns gesagt, würde sich mein Jubel darüber auch in Grenzen halten.
    Die Katze wacht auf, weil sie mittlerweile im Schatten liegt. Sie räkelt sich, setzt sich auf die Hinterbeine und gähnt majestätisch. Danach schickt sie einen Blick und ein kurzes Miauen in meine Richtung. Es ist das erste Mal, seit wir uns kennen, daß sie mich direkt anspricht, und ich überlege, wie ich darauf reagieren soll. Aber meine Überlegungen erübrigen sich, da sie den Sonnenstreifen entdeckt, der ganz an den Rand des Bänkchens gerutscht ist, sich dort zusammenrollt und die Augen erneut schließt.
    Nun erhebe auch ich mich für den Nachhauseweg, in der Hoffnung, daß die Vorbereitungen für das Essen abgeschlossen sind und die Temperatur in der Küche auf für die Jahreszeit normale Werte gesunken ist. In der Tat liegt die Wohnung ruhig da, und Katerina breitet gerade das Tischtuch aus.
    »Ist das Essen soweit vorbereitet?« frage ich.
    »Wie du siehst, sind wir schon beim Tischdecken.« Sie vollendet die Gläserordnung und greift nach dem leeren Tablett, um das Besteck zu holen.
    »Weißt du, was Fanis und ich falsch gemacht haben?« fragt sie an der Wohnzimmertür.
    »Was?«
    »Wir hätten euch und Fanis’ Eltern einfach zum gemeinsamen Essen in eine Taverne ausführen sollen.«
    »Das ist dir aber spät

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