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Live!

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Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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wissen.
    Er denkt kurz nach. »Diese Mixtur aus politischem Widerstand und Hochfinanz. Ich war mir sicher, es würde sich verkaufen. Und ich hatte recht. Obwohl … er hat mir eine Bedingung gestellt.«
    »Was für eine?«
    »Er wollte entscheiden, wann das Buch herauskommen sollte.«
    »Und Sie haben sich darauf eingelassen?«
    »Ich habe es abgeschwächt. Ich habe eingefügt, daß wir gemeinsam entscheiden würden.«
    »Und wie haben Sie den Vertrag an Logaras geschickt?«
    »Per Einschreiben. An die Adresse, die auf dem zweiten Brief stand. Dieselbe Adresse wie im Vertrag.«
    »Suchen Sie mir den mal heraus.«
    An der Wand hinter ihm befindet sich eine Ablage mit Aktenordnern und Dossiers. Er dreht sich um und zieht einen Ordner heraus.
    Plötzlich kommt mir etwas in den Sinn: Gestern hatte doch die Lefaki erwähnt, daß sie Favieros einmal gefragt habe, ob er einen Roman schreibe, weil er stundenlang vor dem Computer saß. Und da habe er geantwortet, er sei schon fertig damit und sitze an den Korrekturen. Ich werde den Gedanken nicht mehr los, daß Favieros möglicherweise selbst seine Biographie verfaßt hat, bevor er sich umbrachte.
    Sarantidis wird im Ordner fündig und notiert mir die Adresse auf einem Kalenderblatt. »Wann hat Logaras Ihnen gesagt, daß Sie die Biographie in Druck geben können?«
    Er lacht auf. »Gar nicht. War das denn nötig? Sowie ich vom Selbstmord gehört habe, habe ich drucken lassen.«
    »Und wann hat er sich gemeldet?« beharre ich.
    Er denkt nach und wundert sich auf einmal. »Er hat sich gar nicht gemeldet«, meint er. »Das fällt mir jetzt erst auf. In der ganzen Hektik um die Publikation und die große Nachfrage ist das völlig untergegangen.«
    Sarantidis’ Antwort bestärkt meinen Verdacht. Der Autor hat nicht angerufen, weil er mittlerweile auf dem Friedhof liegt.
    »Verkauft sich das Buch gut?« frage ich Sarantidis.
    Er blickt mich an, und seine Augen beginnen zu leuchten. »Wenn das so weitergeht, dann ziehe ich in einem Monat in ein größeres Büro und nehme mir eine Sekretärin.«
    Tja, sage ich mir. Favieros’ Erben entgeht da wohl eine schöne Summe, die der Verleger nun alleine einstreicht.
    Als ich wieder auf die Solomou-Straße trete, sehe ich mir das Kalenderblatt an. Die Adresse lautet Niseas-Straße 12, am Attiki-Platz. Die schnellste Verbindung ist die mit der U-Bahn vom Omonia-Platz aus. Als ich die Patission-Straße in Richtung Omonia-Platz überquere, werfe ich einen Blick durch die Eolou-Straße hoch zur Akropolis. Doch ich sehe nichts. Die Akropolis ist hinter einem weißen Schleier verschwunden.
    Das einzig Tröstliche an der U-Bahn ist, daß sie nicht nach Abgasen stinkt. Während der ausnahmsweise tatsächlich unterirdischen Fahrt dringt ein kühlendes Lüftchen durch die Fenster. Der Typ am Kiosk der Station Attiki erklärt mir, die Niseas-Straße liege genau hinter dem Gebäude und verbinde die Sepolion- mit der Konstantinoupoleos-Straße.
    Nachdem ich sie ohne große Schwierigkeiten gefunden habe, würde ich am liebsten auf der Stelle wieder kehrtmachen. Es handelt sich um ein enges und finsteres Sträßchen, in das vermutlich nur, wenn die Sonne am höchsten steht, ein paar Lichtstrahlen fallen. Hier riecht es nicht bloß nach Abgasen, hier braucht man ein tragbares Sauerstoffgerät.
    Ich nehme mir die Straßenseite mit den geraden Hausnummern vor. Auf drei rasch hochgezogene dreistöckige Bauten und zwei billig konstruierte Wohnhäuser, auf deren Balkonen anstelle von Blumentöpfen Wäschetrockner, Mops und Schränke stehen, folgt die Nummer zwölf, ein altes Haus mit Holztür und geschlossenen, halb zerborstenen Fensterläden. Seine gelbe Farbe ist abgeblättert. Ich bleibe einen Augenblick stehen, um es zu mustern. Sicher wohnt hier weder Logaras noch der allerletzte tamilische Tellerwäscher. Dennoch klopfe ich mit der irrwitzigen Hoffnung, die einem die Verzweiflung eingibt, an die Tür. Ich erwarte zwar nicht, daß man mir öffnet, und doch versuche ich es ein zweites Mal. Beim dritten Mal klopfe ich energischer. Die Tür geht von selbst auf und schleift ein Blatt Papier mit. Es ist der Benachrichtigungsschein des Einschreibens, das die Verträge enthielt. Niemand hat es je abgeholt.
    Ich betrete die Wohnung und sehe mich um: In beiden Zimmern und im Flur stehen kaputte Möbelstücke herum, auf dem Boden liegen zerknüllte Vorhänge, es riecht nach abgestandener Luft und Schimmelpilz. Die Wohnung ist seit mindestens zwanzig Jahren

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