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Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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sieht mich mit dem Whiskyglas in der Hand an. »Also, Sie sind mir ein Tagträumer. Dort bei euch im Polizeipräsidium hat doch jeder Journalist seinen Informanten. Von Ihren Assistenten bis hin zu Janoutsos und in die obersten Etagen. Da soll sich gerade Gikas, der auf den Sitz des Polizeipräsidenten zusteuert, zurückhalten?«
    »Er wird aus genau diesem Grund nichts verraten«, antworte ich gelassen. »Er ist doch nicht verrückt, Erkenntnisse aus inoffiziellen Nachforschungen an die Öffentlichkeit zu bringen.«
    Mein Argument hat ihn anscheinend überzeugt, denn er leert sein Glas. »In Ordnung, ich gebe zu, das klingt logisch.« Dann wird er schlagartig wieder grimmig. »Aber falls irgend etwas nach draußen dringt, dann gehe ich sofort mit allen Informationen auf Sendung, damit Sie es nur wissen.«
    Draußen bezeugt nur mehr die Bordsteinrinne, daß es vor kurzem heftig geschüttet hat. Ansonsten ist der Himmel glasklar, und die Sonne strahlt. Die Leute haben sich wegen des Regens in ihre Büros und Wohnungen zurückgezogen, und somit bin ich in einer Viertelstunde in der Aristokleous-Straße. Was jedoch für den Straßenverkehr ein Segen ist, erweist sich für die Parkplatzsuche als Fluch: Eine halbe Stunde lang grase ich die Umgebung auf der Suche nach einer Parklücke ab. Bei der fünften Umrundung erhasche ich aus dem Augenwinkel, wie jemand aus der Nikoforidi-Straße wegfährt, und schlüpfe an seine Stelle.
    Zu Hause angekommen, höre ich im Wohnzimmer den Fernseher laufen. Ich will Adriani guten Abend wünschen, aber das Wohnzimmer ist leer. Ich finde sie in der Küche beim Bügeln vor. Das macht sie oft: Während sie die Hausarbeit erledigt, läßt sie den Fernseher laufen, ohne das Bild zu betrachten, und degradiert ihn damit zum Radio.
    »Bist du denn gar nicht naß geworden?« wundert sie sich.
    »Ich war gerade nicht unterwegs und bin dem Regen entgangen.«
    »Gott sei Dank. Eine Dame hat angerufen und nach dir verlangt.«
    »Wer denn?«
    »Weiß ich nicht, sie hat keinen Namen genannt.«
    »Hast du sie nicht danach gefragt?«
    Sie hält im Bügeln inne und richtet einen jener herablassenden Blicke auf mich, die sie stets aufsetzt, wenn sie eine spitze Bemerkung loswerden will. »Also bitte: Hast du Koula nicht als deine Sekretärin zu uns geholt?«
    »Ich habe sie nach Hause gefahren, damit sie nicht klatschnaß wird.«
    »Immerhin. Was die Anruferin betrifft: Wenn es etwas Ernstes ist, wird sie sich nochmals melden.«
    Ich lasse sie in dem Glauben, mir den Mund gestopft zu haben, und gehe ins Wohnzimmer, um Gikas anzurufen. Ich beschreibe ihm in groben Zügen mein Treffen mit dem Berater des Ministerpräsidenten.
    »Das haben Sie gut hingekriegt«, meint er zufrieden. »Lassen Sie ihn ruhig in dem Glauben, daß Sie in Richtung der Rechtsextremen ermitteln.«
    Dann berichte ich von der möglichen Zusammenarbeit zwischen Favieros und Stefanakos’ Frau. Schweigen macht sich in der Leitung breit. Als er sich zurückmeldet, klingt seine Stimme äußerst angespannt.
    »Wenn sich Ihre Andeutungen bewahrheiten, dann, fürchte ich, haben wir es mit dem schlimmsten aller denkbaren Fälle zu tun.«
    »Und womit?«
    »Mord, aber weder mit der Schußwaffe noch mit dem Messer, sondern durch Anstiftung zum Selbstmord. Wie will man das bloß beweisen und die Hintergründe ans Licht bringen?«
    Sein Argument ist so schlagend, daß ich einen Augenblick ins Wanken komme. »Soll ich überhaupt weiterermitteln?«
    »Machen Sie weiter, vielleicht können wir den nächsten Selbstmord verhindern.«
    Nach unserem Gespräch zerbreche ich mir den Kopf, welche Taktik ich am besten von morgen an einschlage. Ich muß einen diskreten Zugang zu Lilian Stathatou, Stefanakos’ Ehefrau, finden. Ich könnte ihr einen Besuch abstatten, doch sie wird, wenn nicht direkt mit dem Premierminister, so doch sicherlich mit seinen Beratern in Kontakt stehen, so daß herauskommen könnte, daß ich nicht nach den Rechtsextremen suche, sondern in Richtung Favieros und Stathatou ermittle.
    Adriani behält recht, denn die Dame ruft nochmals an, als wir gerade beim Abendessen sitzen. Es ist Koralia Janeli.
    »Können wir uns morgen treffen, Herr Kommissar?«
    »Ja. Wie wär’s in Ihrem Büro?« Ich komme ihr zuvor, damit sie mir nicht mein Büro im Präsidium, das vorläufig noch anderweitig besetzt ist, als Treffpunkt vorschlägt.
    »Macht es Ihnen etwas aus, in die Büros der Firma DOMITIS AG zu kommen? Ich hätte gern Herrn Samanis

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