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Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Grüße aus der Unterwelt! Der ist seit zehn Jahren tot. Als er auf dem Höhepunkt seiner Macht stand und bei den Obristen ein- und ausging, studierte seine Tochter Wirtschaftswissenschaften in London und mimte die Juntagegnerin und Revoluzzerin. Sie hatte alle Brücken zu ihrem Vater abgebrochen und erzählte überall herum, sie finanziere ihr Studium von dem kleinen Erbe ihrer Großmutter. Wer’s glaubt … Jedenfalls lebte sie sehr zurückgezogen. Als sie nach Griechenland zurückkehrte, stieg sie in einer Werbeagentur gleich ganz oben ein und nahm den Kontakt zu ihrem Vater wieder auf, dessen Gläubiger ihn nicht ins Gefängnis steckten, da sie meinten, sie könnten mehr aus ihm herausholen, wenn sie ihn draußen ließen und erpreßten. Mit dem Elend ihres Vaters vor Augen wurde der Stathatou klar, daß kapitalintensive Unternehmen ein zweischneidiges Schwert waren und man nie wissen konnte, was dabei auf einen zukam. Sie erkannte rechtzeitig, daß die Fernsehwerbung der Markt der Zukunft war, und eröffnete eine eigene Agentur. Dann heiratete sie Stefanakos, der damals zu den jungen, aufstrebenden Politikern zählte. Sie muß sehr gewieft sein, denn sie hat schnell durchschaut, daß für einen Unternehmer das zweite große Gebiet, wo man mit Schaumschlägereien viel Geld machen konnte, die Europäische Union war. So war sie eine der ersten, die ein Beratungsbüro für Investitionshilfen durch EU -Programme gründete.«
    Sein Bericht macht mich sprachlos. »Sagen Sie, haben Sie auch ein Archiv angelegt?« frage ich und denke dabei an Sissis.
    »Nein. Das aus der Juntazeit wußte ich. Das übrige habe ich aus der Unterhaltung meiner Gäste gestern abend geschlossen.« Er lacht, als wäre ihm etwas eingefallen. »Übrigens: In den Pausen, als die Gäste über die Stathatou tratschten, zeigte der Sender Werbespots ihrer Agentur.«
    »Ist sie noch immer die Leiterin der Agentur?«
    »Ob sie die Leiterin ist? Alle hängen ihr am Rockzipfel. Sie entscheidet, was für ein Unterhaltungsprogramm gesendet wird. Sie entzieht jeder Serie, die nicht nach ihrem Geschmack ist, einfach den Werbeblock.«
    »Und das Beratungsbüro für EU -Programme?«
    »Keine Ahnung. Da müssen Sie jemanden fragen, der mit den Integrierten Mittelmeerprogrammen der EU und ähnlichen Dingen vertraut ist. Aber im Vergleich mit der Werbeagentur ist das nur ein kleines Zubrot.«
    »Ja, aber was hat Favieros mit alledem zu tun?«
    »Was wollen Sie denn sonst noch? Soll ich jetzt auch noch Ihre Arbeit machen?« meint er und nimmt noch einen kräftigen Schluck von seinem Whisky. »Ich habe Ihnen, sagen wir mal so, das Rohmaterial zukommen lassen.«
    »Jedenfalls glaube ich nicht, daß Favieros seine Baufirma von Stathatous Agentur bewerben ließ. Ich habe noch nie den Werbespot einer Baufirma gesehen. Seine andere Tätigkeit wird er wohl lieber nicht an die große Glocke hängen.«
    Ich beiße mir auf die Lippen, aber es ist zu spät. Sotiropoulos hat die Anspielung erfaßt.
    »Meinen Sie die Maklerbüros?« Er lacht auf. »Chorafas hat mich gleich angerufen, nachdem Sie sein Büro verlassen hatten. Er wollte mich fragen, ob er gut daran getan hat, offen zu Ihnen zu sein. Ich habe allerdings nicht verstanden, warum er so besorgt war.«
    »Weil ihm etwas seltsam vorkommt, er aber nicht weiß, worum es genau geht.«
    »Und was sollte ihm seltsam vorkommen? Oder wollen Sie wieder das altbekannte Versteckspiel anfangen?« fragt er bissig.
    Nun habe ich mich zu weit vorgewagt und kann nicht mehr mit verdeckten Karten spielen. So erzähle ich ihm, was ich über Favieros’ Maklerbüros herausgefunden habe. Nachdem ich geendet habe, stößt er einen anerkennenden Pfiff aus und schüttelt frustriert den Kopf.
    »Was tun Sie mir bloß an«, meint er. »Was tun Sie mir bloß an! Ich soll eine solche Sensationsmeldung in die Tiefkühltruhe packen, nur weil ich Ihnen mein Wort gegeben habe? Kann ich nicht wenigstens eine kleine Kostprobe auftauen?«
    Um jeglicher Feilscherei aus dem Wege zu gehen, sage ich bestimmt: »Ausgeschlossen. Wir haben abgemacht: Sie kriegen exklusiv alle Informationen, sobald der Fall abgeschlossen ist.«
    Noch etwas scheint ihn umzutreiben. Er beugt sich zu mir herüber. »Sagen Sie mal, haben Sie Gikas von all dem erzählt?«
    »Ja, in groben Zügen.«
    »Und wer garantiert mir, daß Gikas nicht einem Journalisten, der ihm nahesteht, einen Fingerzeig gibt, so daß der zuerst damit auf Sendung geht?«
    »Das wird er nicht tun.«
    Er

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