Live Fast, Play Dirty, Get Naked
steckten unser Geld in Spielautomaten. Ein paar Mal trafen wir uns auch bei William zu Hause, einmal zum Beispiel zum Essen mit Nancy und Joe, und danach gingen wir alle zusammen ins Kino, um Clint Eastwood in Der Texaner zu sehen. Zunächst dachte ich nicht, dass ich den Film mögen würde, aber dann gefiel er mir doch.
Ich fühlte mich in der Wohnung von Nancy immer sehr wohl. Es gab nichts Verkrampftes, keine Verlegenheit … nicht die üblichen Familienspannungen. Ehrlich gesagt war esmehr wie unter guten Freunden und nicht wie in einer Familie. Alles schien so wunderbar normal .
Was für mich eine wirklich angenehme Abwechslung war.
Bei mir zu Hause gab es dagegen viele Gründe, sich verkrampft oder verlegen zu fühlen, und auch wenn ich mich selbst dran gewöhnt hatte und damit zurechtkam, jagte mir die Vorstellung, es mit irgendjemand anderem zu teilen, furchtbare Angst ein. Und obwohl William nicht »irgendjemand« war und er ohnehin über Mums Probleme Bescheid wusste, ertappte ich mich dabei, wie ich jedes Mal eine Ausrede suchte, wenn er sagte, er wolle zu mir nach Hause kommen. Ich war selbst nicht einverstanden mit meinem Verhalten, wenn ich wieder eine dieser armseligen Geschichten erfand – wir hätten Handwerker da, das Haus sei ein einziges Chaos … nächste Woche vielleicht. Ehrlich gesagt hasste ich mich sogar dafür, denn mir war klar, William wusste genau, dass ich log. Aber ich konnte nicht anders. Mum war in letzter Zeit noch unberechenbarer geworden als sonst und es ließ sich einfach nicht vorhersehen, in welchem Zustand sie an einem bestimmten Tag sein würde. Das heißt, es konnte sein, dass sie sich von ihrer allerbesten Seite zeigen würde, wenn ich William einlud – als perfekte Gastgeberin und ideale Mutter –, und dass sie ihm etwas Wunderbares zu essen vorsetzte, die beiden sich nett unterhielten und alles großartig lief … aber genauso konnte es sein, dass sie sturzbetrunken wäre oder total stoned, dass sie ihn – Gott bewahre – zu verführen versuchte oder sonst was in der Art … und ich ertrug die Vorstellung nicht, dass so etwas vielleicht wirklich passieren könnte. Nicht nur wegen mir und auch nicht bloß wegen William … sondern vor allem um ihretwillen.
Deshalb hielt ich ihn jedes Mal hin.
Wir schliefen nicht noch mal miteinander. Ich bin sicher, wir hätten es tun können. Wenn wir gewollt hätten, wenn sich die Gelegenheit ergeben und auch sonst alles gepasst hätte, hätten wir es getan. Aber irgendwie schien es uns nicht so wichtig … wenn es sein sollte, würde es sein. Und wenn nicht …?
Dann eben nicht.
Und was die Band betraf … nun, am Donnerstag, den 2. September gingen wir in ein Aufnahmestudio gleich um die Ecke bei der Tottenham Court Road. Wir waren für vier Tage gebucht, jeden Tag von mittags bis Mitternacht, und auch wenn das an sich nicht lang war – jedenfalls nicht im Vergleich zu der Masse an Zeit, die manche andere Bands im Studio verbrachten –, war es doch ziemlich heftig: vier Menschen, die ununterbrochen zusammenhocken und auf engstem Raum arbeiten … obwohl es Spannungen zwischen ihnen gibt. Und die gab es natürlich. Das heißt, auch wenn ich es aufregend fand, ins Studio zu gehen, hatte ich Angst, denn ich war mir sicher, wir würden die nächsten vier Tage nicht durchstehen, ohne dass eine Katastrophe geschah.
Aber wie sich herausstellte, irrte ich mich.
Es gab keine Katastrophe.
Es gab jede Menge Spannungen und etliche peinliche Momente – hauptsächlich zwischen Curtis und William, aber auch zwischen Curtis und mir – und natürlich auch Unstimmigkeiten und Streitereien, die ab und zu eskalierten in gegenseitigem Anbrüllen, aber alles blieb halbwegs im Rahmen. Und was entscheidend war: Es drehte sich dabei immer um die Musik – wie etwas klingen sollte, wer was spielen sollte,wer etwas nicht spielen sollte –, nie glitten die Streits ins Persönliche ab.
Und ich glaube, das lag unter anderm daran, dass William und ich vorher beschlossen hatten, es sei am besten, wenn wir im Studio möglichst nicht wie ein Pärchen aufträten. Das heißt, auch wenn wir viel miteinander sprachen und die Tatsache nicht verheimlichten, dass wir zusammen waren, hielten wir nicht Händchen oder lagen uns ständig in den Armen oder so.
Aber auch Curtis gab sich Mühe, das Ganze professionell durchzuziehen. Er blieb relativ nüchtern, tagsüber trank er überhaupt nicht und auch sonst nahm er die ganzen vier Tage lang – soweit ich es
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