Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
den Rücken, wenn ich dran denke.
    Und dann William, der sein Ding durchzog – zuckend, bebend, mit dem Kopf im Rhythmus wippend, während er scheinbar mühelos vor sich hin spielte … und gelegentlich von Gitarre auf Banjo, von Banjo auf Akkordeon und wieder zurück auf Gitarre wechselte. Auch sein Gesang war in jener Nacht etwas Besonderes. Er sang nicht viel, nur ab und zuein paar Harmonielinien, und er sang so leise, dass man sich manchmal anstrengen musste, um ihn wirklich zu hören. Aber es lohnte sich, denn für ein paar kostbare Momente konntest du des Teufels Engel singen hören.
    Und dann ich …
    In jener Nacht passte für mich einfach alles zusammen. Bis dahin hatte ich immer einen bohrenden Zweifel im Kopf gehabt, ob ich wirklich zur Band gehörte . Nicht dass ich meinen Beitrag anzweifelte oder glaubte, ich hätte es nicht verdient, in der Band zu sein; es hatte auch nie eine Bemerkung von einem der andern gegeben, dass ich nicht reinpasste oder so was … es lag einfach an mir, wie ich mich fühlte. Ich hatte aus unerfindlichen Gründen das Gefühl, als wäre ich, obwohl in der Band, eigentlich nicht wirklich in der Band. Irgendwie stand ich immer ein bisschen abseits.
    Aber in jener Nacht änderte sich alles auf unerklärliche Weise, und sobald wir die Bühne betraten und anfingen zu spielen … das war es einfach. Ich war nicht mehr bloß ich – die, die immer ein bisschen abseits stand und den Bass spielte –, nein, ich war Teil des Ganzen, ich gehörte dazu … ich war in der Band.
    Ich war da , mittendrin in dem Ganzen – und spielte mir die Seele aus dem Leib, tanzte umher, lächelte, sang, rockte … und es war die beste Zeit, die ich je erlebt hatte.
    Und last, but not least Stan – der vor sich hin drosch und uns antrieb … mit wirbelnden Armen, dem Fuß, der immer wieder das Basspedal stampfte, und der nackten, schweißüberströmten Brust …
    Er war der Wahnsinn .
    Wir alle waren der Wahnsinn.
    Es war eine absolut unvergessliche Erfahrung.
    Der einzige Moment, der nicht ganz so toll war, hatte mit dem inzwischen fast obligatorischen Gewaltausbruch zu tun, der in jener Nacht losging, als wir gerade bei Every Moon waren. Wir spielten den Song zum ersten Mal live und er klang womöglich noch stärker als in der Studioversion. Wir waren etwa zur Hälfte durch und kamen gerade an den Punkt, wo sich das Ganze so richtig aufbaut, Curtis war über seine Gitarre gebeugt, mit geschlossenen Augen versunken in den hypnotischen Beat der Musik … als plötzlich ein bescheuerter Punk vorn an der Bühne seine Hände an den Mund legte und grölte: »Langweilig!«
    Curtis hörte nicht auf zu spielen, er schaute nur langsam hoch, fixierte den Zwischenrufer – der jetzt bloß mit einem dämlich betrunkenen Grinsen im Gesicht dastand – und bewegte sich über die Bühne auf den Typen zu. Ohne einen Beat zu verpassen, trat er direkt an den Rand, blieb vor dem immer noch grinsenden Punk stehen, beugte sich vor und spuckte ihm ins Gesicht. Der Punk nahm das verständlicherweise nicht einfach so hin, sondern schnappte sich, während ihm Curtis den Rücken zuwandte und wieder zurück in die Mitte der Bühne lief, ein Bierglas von seinem Nachbarn und schleuderte es in Curtis’ Richtung. Zum Glück für Curtis verfehlte es seinen Kopf, doch zum Unglück für Stan segelte es über die Bühne und krachte gegen eines der Becken und übersäte ihn mit unzähligen Splittern – einer davon erwischte ihn direkt über dem Auge. Curtis wirbelte sofort herum und ging wieder auf den Punk los, aber das wäre gar nicht nötig gewesen, denn William hatte ihn schon erledigt. Sobald er sah, wie der Punk das Glas warf, war William an den Rand der Bühne gelaufen und hatte ihm gegen den Kopf getreten.Es war ein Tritt aus dem Lauf heraus, ziemlich brutal ausgeführt, und der Punk ging wie erschossen zu Boden. Plötzlich brach Chaos aus – Leute brüllten und schrien, wütende Punks versuchten die Bühne zu stürmen, Curtis und William hielten sie mit den Füßen ab … dann drängten sich Jake und Chief dazwischen, zogen die Leute weg und die Punks fielen über sie her … doch schließlich tauchten ein paar von den schwergewichtigen Sicherheitstypen auf, und plötzlich beruhigten sich alle wieder.
    Das Ganze war ziemlich unschön … jedenfalls aus meiner Sicht. Solche Sachen waren nie sehr schön. Doch genau genommen war es an diesem Abend auch nicht schlimmer als sonst, und ich war inzwischen so daran gewöhnt, dass ich

Weitere Kostenlose Bücher