Live Fast, Play Dirty, Get Naked
schaute zu William. »Und wer ist das?«
»Das ist William. Er spielt in der Band.«
»William! Wie schön!«
»Hallo, Mrs Garcia«, sagte William und lächelte sie an. »Schön, Sie kennenzulernen.«
»Was machst du, Mum?«, fragte ich.
Sie sah mich an. »Was ist?«
»Das Ganze da …«, sagte ich und schaute zu den Töpfen und Schüsseln. »Was ist los?«
»Gar nichts ist los, Schatz. Ich mach nur ein bisschen Marmelade … für deinen Dad.« Sie schaute auf die Uhr an der Wand. »Er kommt bald von der Arbeit.«
»Aber …«
Sie lächelte. »Du weißt doch, wie sehr er Marmelade liebt.«
»Aber Mum …«
»Ja, Schatz?«
»Du kannst doch nicht …«
»Was kann ich nicht?«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Mum drehte sich zu William um. »Was ist mit Ihnen, William? Essen Sie auch gern Marmelade?«
»Ja, ich liebe Marmelade.«
»Oh, dann müssen Sie die hier probieren«, sagte sie, ging zur Anrichte hinüber, öffnete eine Schublade und holte einen Löffel heraus. Dann brachte sie die Marmelade und den Löffel zu William. »Also los, schlagen Sie zu.«
»Danke …« Er lächelte sie an. »Könnten Sie mir wohl ein bisschen Brot dazu geben?«
»Brot?«, sagte Mum. »Aber natürlich können Sie ein bisschen Brot haben.«
Die nächste Stunde oder so lief alles einigermaßen gut … jedenfalls so gut, wie es unter den gegebenen Umständeneben laufen konnte. Ich meine, es ist nicht ganz einfach, sich richtig gut zu fühlen, wenn du mit deinem Freund am Küchentisch sitzt und deine Mutter bloß eine Schürze, Gummihandschuhe und Stilettos anhat …
Das ist überhaupt nicht einfach.
Aber wir versuchten es irgendwie hinzukriegen.
William aß viel zu viel Brot und Marmelade und sagte Mum immer wieder, wie gut sie sei. Seine Schmeichelei gefiel ihr und nach einer Weile setzte sie sich – zum Glück – an den Tisch, wodurch sie zumindest nicht mehr ihren nackten Hintern zeigte. Und dann unterhielt sie sich mit William, eigentlich ganz normal, über die Band, über Belfast, alle möglichen Themen … und William redete ganz normal mit ihr, beantwortete Fragen, stellte selbst Fragen, erzählte ihr kleine Geschichten, brachte sie zum Lachen …
Und es war irgendwie okay.
So sehr, dass ich fast vergaß, wie wenig okay alles war und dass es für Mum wahrscheinlich nie okay sein konnte.
Und dann, ganz plötzlich, gerade als William ihr etwas von den Werften in Belfast erzählte, wo die Titanic gebaut worden war, stieß Mum ein schreckliches Stöhnen aus, als ob sie Schmerzen hätte, blickte sich ängstlich in der Küche um, warf einen befremdeten Blick auf die ganzen Töpfe und Schüsseln … und erstarrte einen Moment, schaute starr geradeaus, dann auf einmal an sich herunter und stieß ein weiteres schmerzliches Stöhnen aus.
»O Gott …«, murmelte sie vor sich hin. »O Gott … schau mich mal an … schau mich an …« Sie stand auf, bedeckte ihre Augen mit den Händen und ging rückwärts zur Tür. »Tut mir so leid«, schluchzte sie. » Entschuldigung … tut mir so leid … ich wusste nicht … ich wusste das nicht …«
Sie verschwand durch die Tür und wir hörten, wie sich ihre Schritte entfernten, wobei sie immer weiter schluchzte und wirr vor sich hin murmelte.
Ich sah William an. »Immer noch froh, dass du hergekommen bist?«
»Ja«, sagte er und hielt mich fest. »Ja, das bin ich.«
»Du musst nicht gehen, wenn du nicht willst«, erklärte ich William, als ich ihn zur Haustür brachte. »Mum wird sicher bald wieder okay sein, sie braucht nur ein bisschen Zeit, um sich zu beruhigen.«
»Das ist nicht der Grund«, sagte William. »Ich muss nur zurück, nichts weiter.«
Ich sah ihn an. »Die Männer aus Derry?«
Er nickte.
Ich sagte: »Ist das alles?«
»Was?«
»Du willst mir nichts sagen? Du lässt mich einfach nur raten?«
»Es gibt nicht viel zu sagen, Lili … ehrlich. Ich glaube, Donal macht sich immer noch Sorgen wegen neulich nachts, du weißt schon … als du dort warst.« William lächelte. »Er vermutet weiter, der MI5 könnte ihnen auf den Fersen sein, deshalb hat er uns allen gesagt, wir sollen uns von der Werkstatt fernhalten und eine Weile untertauchen, nur für alle Fälle. Dadurch hab ich nicht viel Neues über ihn rauskriegen können.«
Ich schaute William in die Augen. »Es muss doch einen anderen Weg geben, herauszufinden, ob er Donal Callaghan ist oder nicht.«
»Zum Beispiel?«
»Keine Ahnung … kannst du nicht über die Leute, die du in Belfast
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