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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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bis morgen …
    »Vergiss deine Sonnenbrille nicht«, hatte ich noch gesagt.
    Und er hatte gelacht …
    Nein, er war nicht in Sorge gewesen.
    Oder?
    Nein …
    Alles war in Ordnung gewesen.
    Und das bedeutete …?
    Was?
    Wieso war William nicht da? Verdammt noch mal, wo steckte er?
    Mir fiel nur eines ein, was halbwegs Sinn ergab, und das ängstigte mich zu Tode: dass William mit den Männern aus Derry zusammenhockte.
    Es war eine lange Warterei in den BBC-Studios. Wir mussten warten, bis wir reinkamen, weil sie erst checken mussten, wer wir waren. Wir mussten in der Umkleide warten, bis sie Zeit für uns hatten und wir unser Equipment aufbauen und die Aufzeichnung proben konnten, und dann mussten wir noch mal eine Ewigkeit warten, während die andern Bands die gleiche Prozedur über sich ergehen ließen …
    Und es war auch nicht gerade ein angenehmer Ort. Ich jedenfalls fand ihn ehrlich gesagt ausgesprochen unangenehm. Das Studio selbst war total klein – viel kleiner, als es im Fernsehen rüberkam – und auch viel schäbiger. Kein bisschen Glamour – kein Thrill, kein Zauber –, alles nur Sperrholz, Kunststoff, kilometerlange schwarze Kabel und riesige blecherne Kameras, die überall rumstanden, während Dutzende leicht verstört wirkende Teenager von aufdringlichen Bartträgern mittleren Alters mit Clipboard und Headset herumgescheucht wurden …
    Dazu Tony Blackburn in einem schrecklichen cremefarbenen Anzug …
    Und die Tänzer …
    Und die anderen Bands …
    Gott … diese anderen Bands.
    Die Wurzels waren da – eine Spaßband mit fetten alten Männern, als Bauerndeppen verkleidet, die Songs über Cider und Mähdrescher sangen. Eine Band namens Smokie – in sehr weißen Anzügen und mit sehr langen Haaren. Auch Rod Stewart war, glaube ich, da, außerdem eine Sängerin namens Kiki Dee, die Drifters und noch so eine Band aus den Sechzigern namens Manfred Mann …
    Das Ganze war absolut surreal.
    Es war wie eine Art Tingel-Albtraum.
    Curtis hielt es einfach nicht aus, und sobald wir mit der Probe fertig waren, verschwand er mit Jake und den andern beiden auf der Suche nach einer Bar.
    »Kommst du mit?«, fragte er mich, als sie gerade die Umkleide verlassen wollten.
    »Nein, danke.«
    »Ach, komm schon, Lili … jetzt sei nicht so.«
    »Wie denn?«
    »Hör zu«, sagte er, »ich weiß, dass du sauer bist wegen Billy –«
    »Er heißt nicht Billy «, fauchte ich. »Okay? Er heißt William … sein Name ist William.«
    »Ja, okay …«, sagte Curtis, überrascht von meinem plötzlichen Ausbruch. »Ich wollte doch nur –«
    »Geh einfach, Curtis, okay? Verpiss dich und lass mich in Ruhe.«
    18.46 Uhr … die Zeit ist eingebrannt in mein Gedächtnis. Ich war allein in der Umkleide. Die Wurzels waren gerade gegangen, um ihren Auftritt aufzuzeichnen, und der Langhaarige, der mich die letzten fünf Minuten anzumachen versucht hatte – keine Ahnung, wer der Typ war –, hatte es endlich aufgegeben und war los, »was zu futtern holen«.
    Ich war also allein, allein in der Stille.
    Nur dass es nicht sonderlich still war.
    Aus dem Studio nebenan hörte ich gedämpft den schaurigen Song der Wurzels – I am a cider drinker – und die Geräusche der Leute, die tanzten und so taten, als ob sie Spaß hätten … und vom Flur draußen hörte ich Leute über Terminpläne, Einschaltquoten und Verträge sprechen … und aus einem kleinen Fernseher, der an der Wand der Umkleidehing, hörte ich das leise Gebrabbel der BBC-Regionalnachrichten – Geschichten aus dem Leben, irgendwas wegen eines Parkplatzes, Nachrichten über einen Streik …
    Ich hörte das Wabern und Dröhnen um mich herum …
    Aber ich hörte es nicht wirklich .
    Als ich so dasaß, zu Boden starrte und über William nachdachte, hörte ich nur die bedrückte Stille in meinem Kopf – den hohlen Klang der Hoffnung. Es kümmerte mich nicht mehr, wo William war. Es kümmerte mich nicht, wieso er nicht da war, mit wem er zusammen war oder was er tat … das Einzige, was mich beschäftigte, das Einzige, was eine Rolle spielte, war, ob mit ihm alles in Ordnung sei. Das andere, alles andere, war egal.
    Mach, dass mit dir alles in Ordnung ist, sagte ich immer wieder vor mich hin.
    Ja?
    Alles andere ist mir egal.
    Mach, dass mit dir alles in Ordnung ist.
    Bitte.
    Mach, dass mit dir …
    Ich weiß nicht genau, was mich plötzlich zu dem Fernseher aufschauen ließ – vielleicht irgendwas, das die Moderatorin sagte, irgendwas, das mir bekannt vorkam … oder vielleicht

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