Live Fast, Play Dirty, Get Naked
wohl reichen, oder?«, fragte er.
Einen Moment lang starrte ich das Geld an – es mussten mindestens £100 sein –, dann sah ich William an. Er grinste nur. Und schließlich begriff ich: Das hier war Malcolm McLarens Geld. William hatte seine Brieftasche geklaut, als er beim ersten Mal in ihn hineingetorkelt war. Er hatte die Brieftasche mit auf die Toilette genommen, das Bargeld rausgeholt und danach die Brieftasche wieder in McLarens Tasche zurückgesteckt, als er auf dem Rückweg ein zweites Mal mit ihm zusammenstieß.
»Du bist ein schlechter Mensch, William Bonney«, sagte ich lächelnd.
Er grinste zurück. »Du weißt nicht mal die Hälfte.«
Es war ein ziemlicher Kampf, Curtis auf die Beine zu kriegen und ihn aus dem Atelier zu hieven, doch mit vereinten Kräftenschafften wir es schließlich. Es war eine kalte Nacht, die Straßen waren in dunstigen Regen gehüllt, aber zum Glück mussten wir nicht lange auf ein Taxi warten. Doch leider warf der Fahrer beim Anhalten einen Blick auf Curtis, schüttelte den Kopf und fuhr weiter.
»Super«, murmelte ich und wischte mir den Regen aus dem Gesicht.
»Kein Problem«, sagte William und schaute die Straße entlang. »Da kommt schon das nächste.« Er warf einen Blick auf Curtis, der halb in sich zusammengesackt, halb gegen die Wand gelehnt dahockte, dann wandte er sich an mich. »Kannst du versuchen, ihn etwas weniger fertig aussehen zu lassen?«
Ich ging zu Curtis, packte ihn an der Schulter und richtete ihn auf. Er öffnete leicht die Augen und fing an zu jammern.
»Halt die Klappe, Curtis«, sagte ich. »Halt einfach still und steh gerade, okay?«
»Äh …«
Ich nahm sein Gesicht in beide Hände, beugte mich dicht zu ihm runter und flüsterte in scharfem Tom: »Bitte … halt die … KLAPPE !«
Einen Moment lang starrte er mich an – die Augen blutunterlaufen und trüb –, dann seufzte er schwer und ließ den Kopf wieder sinken. Ich atmete aus, musste mich fast übergeben von dem Alkoholgestank seines Atems, und schaute zurück zu William. Das Taxi hielt gerade an. William trat an den Wagen heran und der Fahrer öffnete das Fenster.
»Wohin, Kumpel?«
»Seven Sisters, bitte.«
Der Fahrer schaute zu mir und Curtis rüber. »Gehören die beiden zu dir?«, fragte er William.
»Ja …«
»Niemals«, sagte der Fahrer mit einem Kopfschütteln. »Ich hab keine Lust, dass mir der da hinten den Wagen vollkotzt. Tut mir leid, Kumpel.«
Als er sich abwandte und das Fenster schließen wollte, trat William vor und legte seine Hand auf die Scheibe. »Wie viel wollen Sie?«, fragte er den Fahrer.
»Nimm deine Pfoten weg –«
»Fünfzig Pfund?«
Der Fahrer sah ihn an.
William sagte: »Und wenn er kotzt, geb ich noch mal zehn drauf. Wie klingt das?«
Der Fahrer überlegte einen Moment, dann sagte er: »Sechzig sofort und ich nehm euch mit.«
»Okay.«
»Aber wenn er Schwierigkeiten macht –«
»Er macht keine.«
Während das schwarze Taxi durch die verregneten Straßen von Süd-London rumpelte, sagten wir eine Weile nichts, sondern saßen nur gemeinsam hinten – Curtis rechts von mir, William links –, alle drei versunken in unseren eigenen Welten. Curtis lehnte in sich zusammengesunken an der Scheibe, schnarchte, sabberte und murmelte unverständliches Zeug vor sich hin; William schaute schweigend aus dem Fenster und beobachtete, wie die Straßen vorüberzogen; und ich starrte blind auf die Regentropfen am Glas und versuchte an gar nichts zu denken. Ich wollte nur alles vergessen, meinen Kopf leeren, das ganze Chaos und die Scheiße zurücklassen …
Aber das ging nicht so einfach.
Denn das Problem mit Dingen, die gerade geschehen sind – vor allem mit Dingen, von denen du dir wünschst, sie wären nicht geschehen … na ja, das ist es eben: Du kannst sie nicht ungeschehen machen. Du kannst sie nicht hinter dir lassen, denn wenn sie erst mal geschehen sind, sind sie ein Teil von dir, ein Teil deiner Vergangenheit, und die Erinnerungen werden zu einem Teil deiner Gegenwart und die Folgen zu einem Teil deiner Zukunft.
Dinge, die geschehen, werden zu dir.
Und du kannst dich nun mal nicht selbst zurücklassen.
Ich drehte mich zu William um. »Du hast das übrigens falsch in Erinnerung.«
Er sah mich an. »Was ist?«
»Das mit Dornröschen und dem Kürbis … du hast das total falsch in Erinnerung.«
»Ja?«
Ich nickte. »Es war Cinderella, die zu dem Ball gegangen ist, nicht Dornröschen. Und keine von beiden hat sich in einen Kürbis
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