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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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verwandelt. Das war Cinderellas Kutsche. Wenn sie nicht vor Mitternacht heimkäme, würde sich ihre Kutsche wieder in einen Kürbis verwandeln.«
    »Stimmt …«, sagte William.
    Ich lächelte ihn an. »Ich dachte nur, vielleicht interessiert es dich, das ist alles.«
    »Okay … danke. Danke, dass du mich auf meinen Fehler hingewiesen hast.«
    »Kein Problem.«
    Er lächelte mich an.
    Ich sagte: »Darf ich dich was fragen?«
    »Geht es um Märchen?«
    »Nein, es geht nicht um Märchen.«
    »In dem Fall ja … darfst du.«
    »Du hast Malcolm McLaren die Brieftasche geklaut, stimmt’s?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich hab sie nicht geklaut, sondern nur ausgeborgt, um sein Geld zu klauen. Die Brieftasche hab ich ihm wiedergegeben.«
    »Richtig«, sagte ich. »Klar … aber beklaut hast du ihn doch trotzdem, oder?«
    »Ja, hab ich.«
    »Wieso? Ich meine, du hättest ihn doch auch fragen können, ob er uns was leiht .«
    William schüttelte wieder den Kopf. »Das wär Betteln gewesen.«
    »Nein.«
    »Ich bettle nicht.«
    »Sondern du klaust lieber?«
    »Yep.«
    Ich schwieg eine Weile, sah ihn nur an und überlegte, ob er noch etwas sagen würde. Ich weiß nicht genau, was ich erwartete – eine Erklärung vielleicht oder irgendeine Form von Rechtfertigung –, aber innerlich wusste ich natürlich, dass es nur Zeitverschwendung war. Er tat, was er tat; er musste es vor niemandem rechtfertigen .
    »Kann ich dich noch was fragen?«
    »Klar«, sagte er und lächelte wieder. »Frag nur.«
    »Woher kennst du dich mit Taschendiebstahl aus?«
    »Hm, weißt du … das ist eine lange Geschichte.«
    »Wir haben noch eine lange Fahrt vor uns«, antwortete ich und warf einen Blick durch die Fensterscheibe.
    »Vielleicht ein andermal.«
    Ich sah ihn an – ein bisschen enttäuscht, aber nicht wirklich überrascht – und sagte: »Also gut, dann lass mich etwas anderes fragen. Wie lange wohnst du schon in London?«
    »Zwei Jahre.«
    »Und du bist von Belfast hierher gezogen?«
    »Das stimmt.«
    »Wieso?«
    »Wieso was? Wieso ich hergezogen bin? Oder wieso ich Belfast verlassen habe?«
    »Beides.«
    Er grinste. »Ich dachte, du wolltest nur eine Frage stellen.«
    »Hab ich nicht gesagt.«
    »Nein, aber suggeriert.«
    »Ich hab überhaupt nichts suggeriert. Ich hab nur gesagt, dass ich dich noch etwas anderes fragen will –«
    »Genau … etwas anderes. Einzahl.«
    »Jetzt lenk nicht ab.«
    »Ich lenk ja gar nicht –«
    »Wieso hast du Belfast verlassen?«
    Plötzlich veränderte sich etwas in ihm, in seinen Augen. Es hielt nicht lange an, doch ich sah eindeutig, wie etwas Dunkles in ihnen aufzuckte, so etwas wie Trauer und Schmerz … und noch Schlimmeres. Und sein Blick enthielt eine Warnung: Geh dort nicht hin . Doch ob sie für mich bestimmt war oder nur eine instinktive Mahnung an ihn selbst, sich von der Dunkelheit fernzuhalten, konnte ich nicht sagen.
    »Tut mir leid«, sagte ich. »Ich bin einfach zu neugierig.«
    »Nein, schon gut«, antwortete er und sein Gesicht hellte sich wieder auf. »Ist nur … ach, nichts … es waren familiäre Gründe, verstehst du … deshalb bin ich aus Belfast weg.«
    Ich nickte, als ob ich verstehen würde. Was natürlich nicht stimmte. Aber ich wollte ihn nicht weiter drängen. Noch nicht zumindest.
    »Und«, fragte ich leichthin. »Ist es sehr anders hier?«
    »Du meinst, anders als in Belfast?«
    »Ja.«
    Er grinste. »Ein bisschen.«
    »Inwiefern?«
    »Na ja, erstens ist London viel größer. Und es gibt so viel mehr Menschen hier. Weißt du, wenn ich in Belfast in die Stadt gehe, treffe ich unterwegs garantiert ein halbes Dutzend Leute, die ich kenne. Aber hier sieht man nie jemanden zweimal. Was auch ganz schön ist, wenn du dich erst mal dran gewöhnt hast. Und was mir außerdem an London gefällt, ist die Tatsache, dass du nicht jedes Mal angehalten und gefilzt wirst, wenn du in einen Laden oder ein Pub willst.«
    »In Belfast ist das so?«
    »Ja, ständig. Du kannst nirgendwo hingehen, ohne von irgendeinem Soldaten gegen eine Wand gestoßen zu werden. Besonders, wenn du …«
    Ich sah ihn an. »Wenn du was?«
    Er warf einen Blick aus dem Fenster und seufzte. »Es ist anders hier … ich meine, das hier ist eine völlig andere Welt. In Belfast … na ja, du kannst nicht wissen, wie es ist, bevor du nicht weißt, wie es ist.«
    »Versteh ich nicht.«
    Er nickte mit dem Kopf in Richtung der vorbeigleitenden Straßen. »Wenn wir in Belfast wären, wäre jede der Straßen entweder

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