Live Fast, Play Dirty, Get Naked
Blinddarmoperation bereite ihm immer noch ernste Probleme. Die Entzündung sei wieder aufgeflammt, sie habe sich in den Dünndarm ausgebreitet, er habe gelegentlich so starke Schmerzen, dass er kaum gehen könne … er könne deshalb einfach noch nicht in den operativen Dienst zurückkehren. Auf jeden Fall wäreer eine Belastung – ein Risiko für seine Kollegen und für die geplante Aktion.
»Und hat es geklappt?«, fragte ich William. »Haben sie ihm das abgenommen?«
»Die meisten ja … eine Zeit lang zumindest. Es sprach ja auch nichts dagegen. Das Problem war nur, es gab einen Typen in Dads Bataillon, der es schon lange auf ihn abgesehen hatte, ein wirkliches Arschloch namens Frank Hughes. Es tauchten immer wieder Gerüchte auf, dass Franky ein V-Mann sei, und er bildete sich ein, dass mein Dad hinter all diesen Gerüchten steckte, was gar nicht stimmte. Deshalb suchte er dauernd nach einer Möglichkeit, es ihm heimzuzahlen. Und als Dad aus dem Krankenhaus kam und anfing sich herauszureden, beschloss Franky, ihn zu überprüfen, nur um sicherzugehen, ob er wirklich so krank sei, wie er behauptete. Und natürlich merkte er nicht nur, dass das nicht stimmte, sondern er fand auch heraus, dass Dad sich mit Nancy traf.«
»Wieso spielte das eine Rolle?«, fragte ich. »Ich meine, ich versteh ja, dass es für diesen Franky-Typen etwas Schlimmes war, als er herausfand, dass dein Dad log, aber was war so schlimm daran, dass er sich mit Nancy traf? Was hatte das mit dem Ganzen zu tun?«
»Nancy war Protestantin«, sagte William.
»Ach so … ich verstehe.« Obwohl ich es ehrlich gesagt nicht verstand. Jedenfalls nicht richtig. »War das also der Grund, warum sie deinen Dad gezwungen hat, sich von der IRA loszusagen? Weil sie Protestantin war und er –«
»Er hat sich nicht von der IRA losgesagt«, korrigierte mich William. »Er hörte nicht auf, an die Sache zu glauben. Er hörte nur damit auf, selbst Gewalt auszuüben, sonst nichts.Und Nancy hat ihn auch nicht gezwungen , sie hat ihn nur vor die Wahl gestellt. Und das hatte nichts mit ihrer Religion zu tun, sondern allein mit ihr.«
»Okay …«, sagte ich. »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht –«
»Ja, ich weiß«, sagte er mit einem halben Lächeln. »Tut mir leid. Schon gut, es hat nur … es liegt an mir.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann nichts dagegen machen. Immer wenn ich an dieses Arschloch Franky Hughes denke …«
»Was hat er getan?«, fragte ich.
William seufzte. »Er hat auf den rechten Moment gewartet, sich Zeit genommen … Dad beschattet, ist ihm gefolgt, hat Beweise gesammelt …«
»Beweise wofür?«
»Na ja, einiges war echt. Der Beweis, dass Dad nicht krank war – Fotos, die zeigten, dass er völlig gesund war, Bilder von ihm unterwegs mit Nancy, lachend … aber der Rest, das Zeug, das Dad wirklich das Genick gebrochen hat, war gefälscht. Franky hatte das alles erfunden.«
»Was meinst du mit Zeug?«
»Also, es stellte sich heraus, dass Franky tatsächlich ein V-Mann war. Er hatte jahrelang Informationen an einen MI5-Agenten weitergegeben, deshalb wusste er besser als jeder andere, welche Dokumente es brauchte, um zu beweisen, dass jemand ein Informant ist, und dann musste er sie nur noch liefern. Ich bin nicht ganz sicher, wie er es schaffte – obwohl mich nicht wundern würde, wenn er Unterstützung vom MI5 hatte –, doch ein paar Monate später ging er zu dem Brigadekommandanten und unterbreitete ihm genügend Dokumente, die anscheinend zweifelsfrei bewiesen, dass Dad für den britischen Geheimdienst arbeite und Nancy seine Kontaktperson sei. Es gab gefälschte Unterlagen, getürkteAufzeichnungen, bearbeitete Fotos, Abschriften nie geführter Telefonate …« William seufzte erneut. »Dad hatte überhaupt keine Chance.«
»Was ist passiert?«, fragte ich leise.
»Sie haben ihn umgebracht … sie haben sie beide umgebracht, Franky und Dad.« Williams Stimme klang kalt und leer. »Ihre Leichen wurden auf einer Brache ungefähr zwei Kilometer von unserer Straße entfernt gefunden. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt, die Augen mit Klebeband geschlossen und man hatte beide mit einem Schuss in den Hinterkopf exekutiert.«
»O Gott, William …«, flüsterte ich.
»Er wollte nur Fish ’n’ Chips holen«, fuhr William mit einem Kopfschütteln fort. »Joe und ich waren gerade aus der Schule gekommen und Dad hatte keine Zeit gehabt, für uns was zu essen zu machen, also wollte er schnell zur Pommesbude … und
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