Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Live

Live

Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
Vom Netzwerk:
Moment, um die Tränen zu spüren, die sich in ihren trockenen Augen ansammelten.
     
    Bevor sie weinen konnte. Aber sie konnte es noch.
     
     
     
    04:41
     
    „Gut.“
     
    Susan Miller hatte einen Notizblock vor sich, ihr Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt und schrieb mit irrwitziger Geschwindigkeit.
     
    „Gib‘s mir durch, Claire. Ich bin ganz Ohr.“
     
    Ihr Kameramann stand ein paar Meter neben ihr, die beiden einzigen Menschen innerhalb Markierung, die nicht zur Polizei, zur SWAT oder dem Notarzt-Teams gehörten.
     
    Isaac Brings sah aus, als würde ihn das ganze Chaos um ihn herum nicht berühren. Auf den ersten Blick zumindest. Aber ein aufmerksamer Beobachter würde sehen, daß er auffällig oft seine Kameraausrüstung überprüfte. Dreimal in den letzten vier Minuten, um nachzusehen, ob denn auch keine Schraube gelockert war, ob das Band an der richtigen Stelle war, ob die Live-Verbindung zum Sender noch stand, wenn sie diese brauchten. Er sah nach dem Licht. Wechselte eine der Birnen aus, nahm eine neue, schaute sich die Halogenscheinwerfer an, schüttelte den Kopf und holte die erste Birne wieder heraus.
     
    Die Polizisten warteten.
     
    Die Reporter warteten.
     
    „Du machst Witze“, sagte Susan Miller gerade und kritzelte noch etwas auf den Notizblock. Susan hörte aufmerksam zu.
     
    „Nein, ich will‘s nicht bringen. Noch nicht. Ich spreche kurz mit der Polizei. Was? Scheiße, nein. Ich denke gar nicht daran. Laß es Mike auf den Sender bringen. Zeig dazu einfach ein paar Bilder, die dir Isaac schickt. Ja, du mich auch, Claire. Wir sehen uns.“
     
    Susan klickte das Gespräch weg, packte das Handy in die Tasche ihres Sakkos und rieb sich den verspannten Nacken. Dann nahm sie den Notizblock und ging rüber zu Joe Kovacs.
     
     
     
    04:44
     
    Joe sah sie zuerst gar nicht. Und so zuckte er zusammen, als er die Berührung der Reporterin an seiner Schulter verspürte. Die Luft schmeckte nach Metall und Staub und Blut.
     
    Und Angst.
     
    Vor allem schmeckte sie nach Angst.
     
    „Halten Sie durch, Joe“, meinte Susan.
     
    „Sie haben gut reden.“
     
    „Charmant. Wie geht‘s dem Mann da hinten?“
     
    Joe zuckte mit den Schultern. Er hatte es Susan erzählt. Und sie hatte es noch nicht auf den Sender gebracht. Nicht schlecht, für eine Reporterin.
     
    „Er lebt noch. Wir haben zwei Polizisten und einen Notarzt, die ihn andauernd mit einem Fernglas beobachten.“
     
    „Sie hätten ihn nicht rausbringen können.“
     
    „Ich weiß.“
     
    Susan schlug den Notizblock auf und fing an, vorzulesen
     
     „Donald Turow“, sagte sie. „Wurde 1969 in Ludlow, Maine geboren. Vater war ein Bezirkstaatsanwalt oben in Boston. Mutter war Sekretärin. Sie starb, als Turow sieben Jahre alt war. Der Junge wuchs bei seinen Großeltern in Ludlow auf. Ging mit 17 nach als Bester seines Jahrgangs nach Harvard. Studierte dort Betriebswirtschaft, Statistik und dann Jura. Abschluß 1984 mit summa cum laude. Wurde direkt nach dem Abschluß des Studiums von einer Consultingfirma eingestellt. Lawton & Associates, wenn Ihnen der Name etwas sagt. Nein? Ist auch nicht so schlimm, Joe. Sie sehen nicht aus wie einer der Menschen, die sich jeden Morgen das Wall Street Journal  durchlesen. Lawton & Associates führen statistische Analysen durch, vor allem für Versicherungen und die Pharmaindustrie.“
     
    Sie machte eine Pause, befeuchtete sich die Lippen und schob den Notizblock hoch, so daß sie die nächste Seite mit ihren kurzen Notizen lesen konnte.
     
    „Er war verheiratet. Scheidung war vor drei Jahren. Die Ehe ging nach 24 Jahren in die Brüche. Ein Sohn. Starb vor fünf Jahren. Autounfall. Die Frau, Entschuldigen Sie, Ex-Frau lebt noch in New York. Ihr Name ist Vanessa. Turow bezahlt jeden Monat Unterhalt. Ein ganz normaler New Yorker.“ 
     
    „Sie wissen nicht, was für Größe seine Unterwäsche hat?“
     
    „Geben Sie mir ein paar Stunden.“
     
    „Wo haben Sie die Informationen her?“
     
    „Pressearchiv. Google. Facebook.“
     
    Joe hätte beinahe gelacht.
     
    „Wir hatten nichts über ihn“, meinte er.
     
    „Wozu auch?“ war Susans Antwort.
     
    Joe schüttelte erneut den Kopf.
     
    „Er ist nicht besser oder schlechter als ein paar andere 100,000 New Yorker“, sagte Susan ihm. „Er steht morgens auf, geht zur Arbeit, kommt abends nach Hause. Ist geschieden. Arbeitet wahrscheinlich zu viel. Wie wir alle. Turow ist das perfekte Beispiel des amerikanischen

Weitere Kostenlose Bücher