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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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„Komm zu mir.“
     
    Der Junge rührte sich nicht.
     
    „Er kann sie nicht hören, Charlie“, flüsterte Julie Winters. „Ich habe selbst versucht, mit ihm zu sprechen. Aber er reagiert nicht mehr. Er sitzt einfach nur noch da und hält den Revolver ihres Partners in der Hand. Ich habe versucht, ihm die Waffe abzunehmen, aber er läßt sie nicht los.“
     
    „Ich brauche den Revolver, Julie.“
     
    „Wozu? Es sind keine Patronen in der Waffe.“
     
    „Ich brauche ihn“, forderte Charlie erneut.
     
    Gwen ging zu dem Jungen. Josh Dannerman bemerkte sie nicht. Den Revolver in beiden Händen, schräg über die Knie gelegt, als würde er die Waffe irgendeinem furchtbaren, dunklen Gott als Opfergabe anbieten, sah er in die Leere. Die junge Frau setzte sich neben ihm und legte den Arm auf seine Schulter.
     
    „Es war sehr mutig, weißt du?“, fuhr sie fort und rieb ihre Finger an seiner Schulter. Und wünschte sich, sie wüßte, wie man sich einem Jugendlichen gegenüber verhalten sollte, der unter Schock stand. Sie war keine Krankenschwester, wie Julie, sie war noch nicht einmal Mutter. Sie war nur eine Illustratorin. Eine schwangere Illustratorin, zugegeben, aber das zählte nicht. „Wenn du mein Sohn wärst, dann würde ich auch sehr stolz auf dich sein.“
     
    „Das hat Turow gesagt.“
     
    „Er hat nicht gelogen. Nicht dieses Mal. Es ist sehr mutig gewesen, es auch nur zu versuchen. Ich glaube nicht, daß ich den Mut gehabt hätte.“
     
    „Im Fernsehen hätte es funktioniert.“
     
    Er hatte recht. Im Fernsehen hätte es geklappt. Und der Junge wäre als Held aus dem Harper‘s herausgekommen. Aber das hier war das wirkliche Leben. In der Wirklichkeit gewannen die Helden nur selten. Eigentlich fast nie, wenn sie es recht überlegte.
     
    „Ja“, meinte sie deshalb, „wahrscheinlich.“
     
    Der Junge warf sich in ihre Arme.
     
    Der Revolver entglitt seinen Händen, schlitterte Gwens Rücken herunter und landete mit einem metallischen Krachen auf dem Fußboden des Supermarkts.
     
    Gwen war einen Moment lang überrascht, dann erwiderte sie seine verzweifelte Umarmung.
     
     
     
    05:04
     
    Drei Minuten vor Ablauf der von Turow gesetzten Frist hielt es Denise Kovacs nicht mehr auf dem Sitz des Streifenwagens. Sie sprang auf, den Blick  auf die Uhr gerichtet, die in dem Armaturenbrett eingelassen war und sie jede Sekunde daran erinnerte, wie schnell Zeit vergehen kann.
     
    Die Minuten schrumpften zu Sekunden. Drei Minuten. 180 Sekunden. 179. 178. 177. 176 . Denise hielt den Funk in ihrer Hand und rückte die Sprechtaste. Ein Klicken, dann das Rauschen der Verbindung. Irgendwo hörte sie das Pfeifen der Sirenen. Aber das konnte noch zehn oder fünfzehn Blocks entfernt sein, vielleicht sogar noch irgendwo in Midtown.
     
    „Status?“
     
    Aus dem Rauschen formte sich eine menschliche Stimme.
     
    „Wir sind auf der Hudson Street“, kam als Antwort, „Höhe West Houston Street. Die Straßen sind soweit frei. Der Laster vom Fernsehen hält sich soweit ganz gut.“
     
    Denise fluchte lautlos.
     
    164 Sekunden. 163. 162. In ihrem Verstand hatte sich ein ganz Countdown gebildet. 159. 158.
     
    Verdammt.
     
    Wenn sie jetzt auf der Hudson Street waren in etwa auf der Höhe von SoHo, dann brauchten sie noch mindestens sechs oder sieben Minuten, bis sie im Battery Park waren, die Frau gefunden hatten und anfangen konnten, die Live-Schaltung aufzubauen. 146 . 145 . Sie hatten verloren. Wenn sie nicht…
     
    „Wir müssen Susan reinlassen, Joe“, sagte Denise, ohne ihren Mann anzusehen. Sie hätte ihm den Befehl dazu geben können. Sie war die ranghöchste Polizistin hier, aber sie tat es nicht. Joe hatte die Leitung über den Einsatz, nicht sie.
     
    „Keine andere Chance“, war seine Antwort. Sie kam leise. „Ich weiß.“
     
    Joe Kovacs hatte die Hand um das Handy verkrampft, als wäre es Turows Kehle, die er durch eine Art von Voodoo zwischen den Fingern hatte.
     
    Joe wählte die Nummer von Turows Handy.
     
    130 Sekunden. 129. 128.
     
    „Hallo Kovacs“, sagte die bekannte Stimme.
     
    „Hallo“, meinte Joe. „Wir sind soweit, daß wir ein Reporterteam zu ihnen rein schicken können.“
     
    „Pünktlich auf die Minute. Ist es NBC?“
     
    „Die Frau heißt Susan Miller. MSNBC.“
     
    „Bringen Sie sie rein.“
     
    „Ich habe nicht gesagt, daß ich sie zu Ihnen rein lasse, Turow“, antwortete Joe.
     
    „Sie haben noch etwas über zwei

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