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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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Rücken gegen die Wand.
     
    „Okay.“
     
    Er ließ den Arm gestreckt, die Hand mit der .38er auf seinem Oberschenkel, so daß er das Gewicht nicht so sehr spürte. Selbst das Atmen benötigte mittlerweile eine Konzentration, die weit über dem hinausging, was er sich eigentlich leisten konnte. Eigentlich konnte er sich nicht einmal das Atmen noch leisten.
     
    Eine Fliege im Bernstein. Gefangen. Alles um Charlie herum lief mit quälender Langsamkeit ab. Und sein Gehirn reagierte nicht mehr so, wie es eigentlich sollte.
     
    Es war schwer. Es war so schwer. Etwas klebte in seinem Gesicht. Regnete es? Etwas klebte. Er versuchte, sich das Gesicht abzuwischen. Nicht wichtig. Alles nicht wichtig. Nachdenken. Sich erinnern.
     
    Er hatte etwas vergessen. Etwas unheimlich wichtiges.
     
    Gwen hatte gesagt, daß es keine Kugeln in dem Revolver gab. Das war wichtig. Wenn er auch keine Ahnung hatte, warum.
     
    Madeline. Er konnte Madelines Stimme hören.
     
    Bald.
     
    Er konnte seine Hand nicht mehr spüren. Das erschreckte ihn. Seine linke Hand erschien wie taub. Charlie öffnete mit äußerster Mühe das rechte Auge  und lugte nach unten. Sein Arm hing wie ein schlaffes Seil am Körper herab…
     
    …was hatte er vergessen?
     
    „Madeline“, flüsterte er, „bitte…“
     
    Was war mit seinen Augen? Was war mit seinen Augen los?…vergessen…
     
    Bald.
     
     
     
    05:37
     
    Sie kauft uns vielleicht die Zeit, die wir brauchen.
     
    Joe Kovacs glaubte selbst nicht an das, was er da dachte. Es war nicht mehr als ein sehr dünner Faden Hoffnung, der sich in seinem Verstand verfangen hatte. Aber schließlich hatte es keine weiteren Toten gegeben, in der ganzen Zeit, die Turow über den Fernseher mit seiner Ex-Frau gesprochen hatte. Er war abgelenkt. Vielleicht zum ersten Mal in der ganzen Nacht war der Bastard abgelenkt.
     
    Wir haben vielleicht eine Chance.
     
    Es war seine Entscheidung.
     
    Und diesmal keine Fehler.
     
    Nicht mehr.
     
    „Cohen?“
     
    Der junge Mann war in den letzten Stunden vielleicht der beste Polizist hier in der University Street gewesen, vielleicht der beste Polizist, mit dem Joseph Kovacs je zusammengearbeitet hatte, seit er seinen früheren Partner geheiratet hatte.
     
    „Ja, Sir?“
     
    Joe Kovacs wartete nicht auf die Antwort, sondern steckte sein Funkgerät weg, sondern schnappte sich im Vorbeigehen das Sturmgewehr eines der Scharfschützen, ohne sich um dessen wütenden Aufschrei zu kümmern.
     
    „Kommen Sie mit.“
     
    Die Schritte hinter ihm hörte Joe kaum. Er blickte sich nicht um, sondern ging an den Streifenwagen vorbei, an den wenigen Sanitätern, die noch hiergeblieben waren, an den Scheinwerfern, an der Polizeiabsperrung.
     
    Cohen folgte ihm mit einem Abstand von knapp einem Meter.
     
    „Es ist jetzt deine Show“, meinte Joe mit einem kurzen Blick zu seiner Frau, die am Wagen stehengeblieben war und sich nicht entscheiden konnte, ob sie mit ihrem Mann gehen sollte.
     
    Sie lachte hart auf.
     
     „Es ist seine Show“, antworte sie mit einem Nicken auf den Mann, der live auf MSNBC  zu sehen war. „Wir sind alle nur Zuschauer.“
     
    Joe schüttelte den Kopf, holte das Magazin des Sturmgewehrs heraus, überprüfte die oberen Patronen, überprüfte die Kugel, die im Lauf war und schob das Magazin mit einem Klicken in den Schacht zurück.
     
    „Nicht mehr“, antwortete er.
     
     
     
    05:38
     
    Das Gespräch zwischen Donald Turow und Vanessa Kesel wurde komplett aufgezeichnet. NBC brachte das ganze am späten Abend desselben Tages noch einmal, zur besten Sendezeit. Diesmal allerdings an den besten Stellen durch Werbeblöcke unterbrochen und neu zusammengeschnitten.
     
    Bei der Sondersendung am Abend erreichte NBC eine neue Rekordeinschaltquote von 27 Prozent aller Haushalte.
     
    Nicht schlecht für eine Reportage.
     
    Das Gespräch dauerte beinahe fünfzehn Minuten.
     
    Mit Werbung und Kommentar knapp dreißig.
     
    „Wie geht es dir?“ fragte Turow in die Kamera.
     
    Seine Ex-Frau antworte ihm nicht. Sie war eine Statue aus Pixeln auf dem Bildschirm, unberührbar und ungerührt, ihr Gesicht eine Maske, die alles verbergen konnte, Schmerz, Angst, Trauer.
     
    „Ich lebe mit dem, was passiert ist, Donald“, sagte sie endlich  „Es war nicht deine Schuld. Es war ein Unfall, nicht mehr. Das weißt du. Nur ein Unfall.“
     
    „Wir hätten es verhindern können“, sagte Turow. „Wenn wir nur zugehört hätten, Vanessa, wenn wir nur

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