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Live

Live

Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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hip bezeichnet wurde, weil es einem Hollywoodstar gehörte oder weil es dort häufiger Livemusik von berühmten Rockmusikern gab.
     
    Dort waren Jugendliche, die in ihren Stilarten beinahe ebenso ausgefallen bekleidet waren, wie die Hippiekultur in Gwens Erinnerung ausgesehen haben mußte. Die Club Kids waren in den schillerndsten Farben gekleidet, Versatzstücke aus jeder Subkultur, die es jemals in New York gegeben hatte, Subkulturen, die nicht erst mit den Hippies angefangen hatten, sondern weiter zurück in die Vergangenheit reichten.
     
    Gwen war sich sicher, daß sie dieselben Jugendlichen, sollte sie sie einmal nach Sonnenaufgang auf den Straßen zu sehen bekommen, bestimmt nicht wiedererkennen würde. Gefühle brachen nach der Abenddämmerung heraus, die einfach nicht für das Tageslicht bestimmt waren.
     
    In der Schule oder an der Universität wären diese Kids unauffällig, würden wahrscheinlich normale Jeans und Hemden tragen und genauso aussehen, wie man sich die zukünftige Generation von Amerikanern vorstellte.
     
    Aber genau das war es, was sie immer noch im Village hielt; der Zwiespalt, der sich an einigen Stellen zeigte, der sie anregte und manchmal sogar zum Nachdenken reizte. Der Vergangenheiten beschwor und manchmal, wenn sie sich anstrengte, Ausblicke in die Zukunft gestattete.
     
    Das war der Grund, warum sie ihre Wohnung auch dann nicht würde verlassen wollen, wenn ihr Baby geboren worden war. Sie hatte Angst vor der Madison Avenue. Sie hatte Angst, denn dort gab es nichts, nichts außer den kühlen Neonreklamen einzelner Studios und dem Grau, dem furchtbaren Grau der Wolkenkratzer. Und manchmal, wenn Ben sich wirklich auf das Thema eines Umzugs versteifte, dann spürte sie einen kleinen, funkelnden Punkt von Wut in sich. An anderen Tagen schämte sie sich deswegen.
     
    Manchmal war die Scham sogar so groß, daß sie versucht war, zu ihm zu gehen und in den Umzug einzuwilligen, all dies aufzugeben, um ihm zu gefallen. Aber dann hörte sie die Geräusche auf der Straße, das Lachen eines Kindes, das Bellen eines Hundes und sie schüttelte den Kopf.
     
    Sie wollte nicht weg.
     
    Gwen blieb vor dem Schaufenster von Harper‘s  stehen und steckte die Hände in ihre Hosentaschen. Die Fenster waren bis zu ihren Knien mit weißer Farbe getüncht worden, darüber war das helle Neonzeichen von Harper‘s Supermarket an zwei Drahtseilen aufgehangen, so daß das grelle Rot direkt auf Augenhöhe angebracht war. Im Laden konnte sie mehrere Menschen sehen. An der Eingangstür waren mehrere Holzkisten mit Obst und Gemüse aufgebaut, die alle schon den ganzen Tag der Hitze und dem New Yorker Smog ausgesetzt worden waren. Der Kopfsalat hatte seine ursprünglich dunkelgrüne Farbe verloren. Auch die Äpfel, die Erdbeeren und die Mangos wiesen graue Flecken auf; Staub, Abgase und Gott-allein-wußte-was-sonst-noch. Gwen seufzte leise. Also war es schon einmal hoffnungslos, auf frisches Vitamin A,B oder C zu hoffen. Eine Bleivergiftung wäre da schon wahrscheinlicher.
     
    Nicht, daß sie das überrascht hätte. Sie lebte schließlich schon lang genug in New York, um zu wissen, daß man Obst nur an Straßenständen kaufen sollte – und dann auch nur in der Zeit zwischen acht und zehn Uhr morgens, direkt nachdem die neuen, frischen Lieferungen gebracht worden waren und es noch die Möglichkeit gab, das Obst oder Gemüse vor der allgegenwärtigen New Yorker Vergiftung in Sicherheit zu bringen.
     
    In Ihrem Geist strich Gwen Frischobst. Ihr Magen protestierte knurrend. Das war eine der Sachen gewesen, die er unbedingt hatte haben wollen. Eine Schale Erdbeere – zusammen mit Mayonnaise und Heringsfilets. Sie hatte einiges davon gehört, daß Schwangere ein paar seltsame Eßgewohnheiten entwickeln konnten.
     
    Gwen öffnete die Tür des Supermarkts und ging hinein. Die Türglocke war unerwartet laut. Das elektronische Glockenspiel schien niemals enden zu wollen, selbst als Gwen die Tür schon hinter sich geschlossen hatte, hallte es im Laden noch für einige Sekunden nach.
     
    Sie sah hinüber zur Kasse.
     
    David war nicht mehr da.
     
    Sie brauchte einen Moment, um das zu bemerken. Auf der Uhr über der Kasse blinkten die Zeiger auf fast halb ein Uhr nachts. Soweit sie sich erinnern konnte, endete David Rajineshs Schicht um Mitternacht.
     
    Hinter der Kasse stand ein alter Mann, der aussah, als sollte er ebenfalls irgendwo liegen – und zwar zwischen den Müllsäcken und Zinktonnen in einer der

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