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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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Seitengassen. Und dort seinen Rausch ausschlafen. Sein Atem stank nach billigem Scotch.
     
    Auf einem mit schwarzer Emaille beschichteten Anstecker stand: FRANKLIN. Unter dem kleinen Schild sah Gwen einen großen, unförmigen Schwitzfleck, der den Stoff des Hemdes verfärbte. Sie wandte sich ab, ohne die sonst üblichen Grußworte zu verlieren, die sie an David richtete, wenn er im Laden war.
     
    Ein Teil ihres Hungers schien für kurze Augenblicke verfolgen zu sein, aber als ihre Augen sich auf die Regale richteten, die schier unbegrenzte Auswahl, machte sich ihr Magen wieder selbständig und meldete sich mit leisem Knurren.
     
    Gwen seufzte, hob die Hand in einem stummen Gruß; der alte Mann hinter der Kasse bemerkte es nicht einmal - er überprüfte irgendwas unter der Ladentheke, fummelte an etwas herum, das sie nicht sehen konnte und zählte mit leiser, brüchiger Stimme.
     
    „Sieben, acht….komm schon, du Mistding…“
     
    Gwen schob sich an dem Zeitungsstand vorbei, der zwischen der Kasse und dem Rest des Supermarkts stand.
     
    Sie fühlte sich aufgebläht. Obwohl die erste Rundung ihrer Schwangerschaft kaum jemandem aufgefallen war, nicht einmal denjenigen Leuten, die sie sehr gut kannten. Aber sie selbst wußte es; die Gewichtszunahme war bisher gering gewesen, nicht mehr als drei Kilo, aber das war genug, daß sie das Gefühl hatte, all ihre Kleidungsstücke wären mindestens drei oder vier Nummern zu klein ausgefallen.
     
    Am Zeitungsstand war ein hochgewachsener Mann, der seinen Blick ruhelos über die einzelnen Fächer in der Holzwand wandern ließ. Sie ging an ihm vorbei und gab ihm einen zweiten, etwas weitergehenden Blick. Sie hatte ihn noch nie in diesem Laden gesehen. Seine Kleidung schien nicht ins Village zu passen, selbst in das von Bankern und Wall Street Brokern übernommene Village nicht.
     
    Eine graue Weste war unter der kleinen Öffnung in seinem Mantel zu sehen. Ein weißes Hemd darunter, das so perfekt aussah, als würde es direkt aus der Werbesendung für ein Waschmittel stammen. Die Hose war in einem schlichten Schwarz. Ein kleines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
     
    „Entschuldigen Sie“, meinte sie und berührte ihn an der Schulter. Er zuckte zusammen. Gwen zog die Hand zurück. „Könnte ich einmal kurz vorbei?“
     
    Sein Gesicht war hager, das Gegenteil seines breiten, massiven Körpers. An den Schläfen waren einige graue Strähnen. Der Rest des Gesichtes wirkte jugendlich im Vergleich dazu. Eine lange, dünne Nase, schmale Lippen und große, grünlich schimmernde Augen, die sie ansahen und für einen Moment nicht mehr als Verwirrung zeigten.
     
    Er war attraktiv, aber nicht, daß sie sich sofort in verlieben könnte. Da war etwas in dem Gesicht, daß zu hart war, zu verkniffen, um ihn wirklich attraktiv zu machen.
     
    Die grünen Augen funkelten sie an, dann entspannte er sich und zeigte ein kurzes, beinahe scharfes Lächeln, das für einen Moment auf seinen Lippen erschien und im nächsten Moment auch schon wieder verschwunden war. Es war kein wirklich freundliches Lächeln gewesen und später, viel später sollte sich Gwen fragen, ob sie es überhaupt gesehen hatte.
     
    „Oh, entschuldigen Sie, Miss“, meinte er dann und machte einen Schritt seitwärts. Der Gang war jetzt breit genug, daß sie an ihm vorbei konnte. Sie murmelte ein Danke und ging weiter.
     
    Hinter ihr sah der Mann kurz hoch zur Decke, schloß die Augen kurz und beinahe krampfhaft, während sein Gesicht sich schmerzerfüllt verzog. Eine Hand fuhr hoch an seine Schläfe und rieb sich die Haut. Ein leises Stöhnen entrang sich seinem Mund, dann wandte er seine gesamte Aufmerksamkeit wieder den verschiedenen Zeitschriftenausgaben zu.
     
    Gwen hatte den Mann schon beinahe wieder vergessen, als sie zwei Gänge weiter war. Am Ende des Ganges stand eine ältliche Frau in einem grünen Kleid, die sich herunter bückte und eine Dose in der Hand hielt. Gwen ging den Gang herunter, warf beiläufige Blick auf Dosen mit Ravioli, Tüten mit Fertigsuppen und Gewürzmischungen, bevor sie am hinteren Ende des Ladens an der Kühltheke angelangt war. Die Kälte hier war beinahe sichtbar. Sie sah auf das Sortiment von Fruchtsäften und Schokoladenmilch, abgepackte Dauerwurst und Fischfilets, die frisch am Morgen vom Fulton Fish Market am East River hierher gebracht worden waren und die Hitze des vergangenen Tages in zerstoßenem Eis zugebracht hatten. An den Seiten war das Eis schon geschmolzen;

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