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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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wäre auf dem richtigen Weg, um Geld zu verdienen, als er in einer der alten Bars als Barkeeper gearbeitet hatte, um den Brokern bei ihren Gesprächen zu belauschen. Sie mußten ihre Geheimnisse haben, Pläne, wie man das Geld nur so strömen lassen konnte, also hatte er aufmerksam zugehört, wenn sie über den Dow-Jones-Index redeten, über Pläne, die mit einer neuen Firma namens IBM zu tun hatten und der sie große Chancen einräumten…sie hatten gerade mehrere Regierungsaufträge an Land gezogen, um Rechnersysteme für das Pentagon herzustellen. Schließlich waren die Russen nur einen Ozean entfernt und hatten ebenfalls die Bombe. Wenn man eine Chance haben wollte, dann mußte man dafür sorgen, daß die eigenen Bomben schneller und zielgenauer waren. Und das sollte IBM bewerkstelligen können. Er hörte weiter zu. Neue Firmen tauchten auf. Namen, an die er sich jetzt nicht mehr erinnern konnte. Firmen, die vielleicht schon lange nicht mehr an der Wall Street gehandelt wurden, vielleicht schon bankrott waren oder einer der Eckpfeiler der amerikanischen Wirtschaft.
     
    Aber an eine Firma konnte er sich erinnern.
     
    Blue Systems.
     
    Es war im September 1967 gewesen, als er diesen gottverfluchten Namen zum ersten Mal gehört hatte - und bis heute wünschte er sich, er wäre an diesem Tag nicht in der Bar gewesen, sondern hätte sich krank gemeldet, so wie er es ursprünglich vorgehabt hatte, nachdem er schon morgens mit einer leichten Grippe aus dem Bett gekrochen war und er mehrere Aspirin geschluckt hatte, um die bohrenden Kopfschmerzen und das Gefühl der Schwäche loszuwerden, das sich in ihm festgesetzt hatte.
     
    Manchmal hatte er das Gefühl, seit diesem Tag wäre er andauernd krank geworden, manchmal ein wenig mehr, manchmal ein bißchen weniger. Aber die Kopfschmerzen waren geblieben, die Schwäche…und eine Menge anderer Symptome waren hinzugekommen. Die Magengeschwüre zum Beispiel und die trockenen, geröteten Augen. Ganz zu schweigen von den materiellen Auswirkungen der Krankheit.
     
    „Blue Systems“, hatte damals einer der Makler gesagt. Franklin hatte sein Gesicht nie vergessen. Konnte er auch gar nicht. Das feiste, etwas bleiche Gesicht war ein paar Monate später auf der Titelseite mehrerer Zeitungen gewesen, nachdem er sich vom Dach eines der Wolkenkratzer im Rockefeller Center gestürzt hatte.
     
    Franklin hatte die Fotos in der schmierigen, kleinen Küche aufgehangen, so daß er sich dieses Stück Scheiße immer dann anschauen konnte, wenn er es wollte. Auch wenn er in den letzten Jahren immer weniger häufig das Bedürfnis gehabt hatte, sich vor dem alten Ausschnitt irgendeiner Tageszeitung zu stellen, das Gesicht eines schon längst toten und begrabenen Mannes anzusehen und auf den Zeitungsausschnitt zu pissen.
     
    In den spätem 60ern Jahren hatte er das jeden Tag gemacht.
     
    Da hatte das Foto allerdings noch auf der Toilette seines früheren Appartements gehangen, direkt über der weißen Porzellanschüssel, so daß er das Stück Papier nur von der Wand nehmen mußte, es über die Schüssel seines Klos legte und dann fröhlich drauflos pinkelte. Später dann hing er es zum Trocknen auf eine Wäscheleine auf und wartet bis zum nächsten Tag, an dem er das Ritual wiederholte.
     
    „Blue Systems“, hatte der Kerl damals in der dunklen Ecke der Bar wiederholt und mit dem Kopf so heftig genickt, daß der junge Franklin befürchtete, das Genick würde unter der schnellen Belastung zusammenbrechen. „Ich kann dir sagen, mein Junge, das ist die nächste Firma, in die man sein Geld stecken sollte. Die sind besser und billiger als IBM. Und neu. Verdammt neu. Haben die besten Ingenieure, die man sich für Geld vom MIT, von Yale, von Harvard und Gott-weiß-noch-sonst-woher zusammenkaufen kann.“
     
    „Die bauen Rechnersysteme?“ hatte einer der anderen Makler gefragt.
     
    Der feiste Mann hatte wieder genickt und seinen Drink geleert. Franklin beeilte sich, weitere bernsteinfarbene Flüssigkeit in das Kristallglas nachzuschenken. Nicht, weil er sich in der Rolle des perfekten Barkeepers gefiel, sondern weil er unbedingt hören wollte, worum es ging. Das Gespräch zwischen den beiden Männern war weitergegangen. Franklin hatte sich unauffällig in ihrem Teil der Bar hingestellt. Das konnte vielleicht das Gespräch sein, auf das er die letzte paar Jahre gewartet hatte. Für eine billige und wirklich proftiträchtige Chance bei IBM war er zu spät gekommen. Aber in den letzten zwei

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