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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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gedrückt. „Wir sind auf der 14ten Straße, Ecke Fifth Avenue. Alles ruhig hier. Ten-Four.“
     
    Norm hatte gar nicht bemerkt, daß der übliche Rundruf durchgekommen war.
     
    „Verstanden“, krackelte es aus dem Funkgerät, „Ten-Four, Over and Out.“
     
    Charlie packte das Funkgerät zurück in den Gürtel und verschloß den Halfter mit dem dünnen, schwarzen Lederriemen. Die kurze Gummiantenne wippte hin und her, während er weiterlief. Er lächelte zu Norm herüber.
     
    Norm fröstelte für eine Sekunde, trotz der Hitze und der schwülen Luft. Dann verschluckte er sich und ein trockenes Husten entrang sich seinem Mund. Er schien kaum genügend Spucke zu haben, um das Kratzen loszuwerden, das sich bei ihm im Hals festgesetzt hatte.
     
    „Durst?“ fragte Charlie ihn.
     
    Die ausgedörrte Kehle schien sich erst jetzt wirklich bemerkbar zu machen. Norm wischte sich einen weiteren Tropfen Schweiß aus dem Gesicht.
     
    „Harper‘s?“ fragte er zurück.
     
    Der jüngere Mann nickte kurz.
     
    „Ist der nächste Laden, der noch geöffnet hat, wenn ich mich richtig erinnere“, antwortete er. „Keine Lust, bis zu Wong‘s Deli an der 7ten zu gehen.“
     
    Die beiden verließen die 14te Straße und machten sich langsam auf dem Weg, die Fifth Avenue entlang, bogen am nächsten Block links ab, bis sie auf der University Street waren. Einzelne Neonreklamen von Restaurants strahlten in die Nacht. Norm sah einen kleine Haufen von Studenten, der aus einem der mexikanischen Fast Food Restaurants herauskamen. Für Momente war die Luft mit dem würzigen Geruch von Burritos, Enchiladas und Chillisoße erfüllt. Die Studenten nickten ihnen zu.
     
    „Hallo, Norm“, rief einer der jungen Männer herüber. Norm kannte ihn vom Sehen her. Nicole war ein paar Mal mit ihm ausgegangen, aber nichts Ernstes. Sein Name war Jackson oder so ähnlich. „Machst du die Straßen wieder etwas sicherer für uns?“
     
    Norm grüßte freundlich zurück.
     
    „Jemand muß diesen Job doch machen“, meinte er laut. „Und du scheinst dafür noch etwas zu grün hinter den Ohren zu sein, Söhnchen.“
     
    Die Studenten lachten.
     
    Das Harper‘s war noch fünf Blocks entfernt.
     
     
     
    00:31
     
    David Rajinesh hatte es noch geschafft, den Bus zu erwischen, der um 00:28 Uhr am Washington Square Park in Richtung Lower Eastside und Bowery losfuhr.
     
    Nun ja, fast geschafft.
     
    Er war um die Ecke der University Street gebogen und hatte den klobigen Metallklotz gesehen, der gerade in die Bucht einfuhr, die groß genug war, um zwei Bussen Platz zu bieten und sie vom normalen Straßenverkehr lange genug abzuschirmen, daß ein gefahrloses Ein- und Aussteigen möglich wurde.
     
    Die roten Bremslichter leuchteten auf und das Getriebe des Busses brummte tief, als es in den Leerlauf geschaltet wurde. Es hatten zwei andere Leute an der Haltestelle gestanden, ein mexikanisch aussehender Junge von vielleicht 17 oder 18 Jahren, der nicht mehr als ein völlig verschwitztes T-Shirt und abgeschnittene Jeans trug und so aussah, als müßte er schon längst im Bett liegen. Und ein Mann, der selbst bei diesem Wetter ein Hemd und einen Schlips trug. Schwitzflecke hatten sich auf dem weißen Leinen des Hemdes gebildet und der Schlips war schon etwas gelockert worden, weil er den obersten Knopf des Kragens geöffnet hatte. Eine einfache, aus schwarzem Stoff bestehende Jacke hatte er um seinen Unterarm gelegt. In der anderen Hand hielt er einen unauffälligen Aktenkoffer. Die Hose paßte nicht ganz zu der Aufmachung. Es war eine Jeans, die Schuhe waren Nike Air Jordans.
     
    Der Kerl sah aus, als würde er genügend Geld verdienen, um sich ein Taxi zu leisten, aber David hatte schon vor längerer Zeit aufgehört, die Menschen in New York nach ihren Kleidungsstücken beurteilen zu wollen. Er hatte reiche Wall Street Makler gesehen, die in ihrer Freizeit nicht mehr als simple T-Shirts und Jeans trugen, vielleicht einen einfarbigen Jogginganzug, obwohl sie das Geld hatten, um sich jede Woche einen komplett neuen Armani Anzug kaufen zu können.
     
    Und er hatte gesehen, wie Menschen, die am unteren Existenzminimum lebten, ihr Geld sparten, um sich ein oder zwei Anzüge in einem Second-Hand Laden kaufen zu können, weil sie immer noch an den Spruch Kleider machen Leute  glaubten oder vielleicht auch nur zu verschämt waren, sich ihre eigene, schlechte Lage einzugestehen.
     
    Für einen Wall Street Broker sah der Mann allerdings zu jung aus.

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