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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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überfluten?
     
    Nein.
     
    Der Mann vor dem Zeitschriftenstand vor dünn und hochgewachsen, obwohl die weitgeschnittene Kleidung, die Weste, die schlabbrige Hose und der breite Mantel ihr bestes taten, um einen gegenteiligen Eindruck zu erwecken. Die Schläfen waren angegraut, die Nase ein vorspringende Klippe in dem hageren Gesicht.
     
    Aber die Augen. Die Augen waren dieselben wie bei dem Mann damals. Franklin konnte sich sehr gut an die Augen erinnern, an das scharfe Glitzern, das in ihnen funkelte, als er über die Chance seines Lebens bei Blue Systems geredet hatte und seinen Partner zu überreden versuchte.
     
    Dasselbe Funkeln in den Augen.
     
    Franklin achtete nicht auf die Kundin, die vor ihm an der Theke stand und einen Haufen Lebensmittel auf die hölzerne Ablage legte. Sein Blick war starr auf diesen Mann gerichtet, der mit den Augen, diesen harten Augen auf das Titelfoto sah.
     
    „Entschuldigen Sie“, murmelte Franklin zu der Kundin, ohne sie anzusehen, öffnete die Klappe und trat hinter der Ladentheke hervor.
     
    Er würde dem Mistkerl in den Arsch treten, so wie er es bei dem fetten Schwein hätte machen dürfen, wenn das Leben nur ein klein wenig wie Gerechtigkeit gekannt hätte. Er fühlte sich großartig. Das Magengeschwür war nur ein leichtes, beinahe nicht mehr wahrnehmbares Pochen in der linken Seite, direkt unter seinem Brustkorb.
     
    „Hey, Mann“, rief er laut, als er den Kerl beinahe erreicht hatte. Seine Stimme dröhnte in seinen eigenen Ohren wie eine Lautsprecherdurchsage, die ein neues Sonderangebot anpries. Sie war irgendwie unwirklich, blechern und weit entfernt. Aber laut. Gottverdammt, sehr laut.
     
    Der Mann im Mantel drehte sich zu ihm um. Das Gesicht war zu dunkel, um von einer natürlichen Sonnenbräune her zu stammen. Sonnenbank? Unter der Bräune war es, als ob das wirkliche Gesicht hervorlugte und es war weiß, wie eine zweite Fotografie, die sich über das Original gelegt hatte.
     
    Das andere Gesicht sah krank aus. Nicht nur nervös oder ängstlich. Krank. Die Augen sahen Franklin verwirrt an. Die Hand in der Manteltasche schien zu zucken. Nervosität? Der Arm des Kerls zitterte jedenfalls.
     
    Ja, du hast Angst, du Scheißkerl , dachte Franklin fröhlich. Jeder Funken logischen Denkens hatte seinen Verstand schon verlassen. Er hatte nicht einmal mehr Durst auf einen ordentlichen Schluck Alkohol.
     
    „Ja, Sie meine ich, den verdammt beschissen aussehenden Scheißkerl am Zeitschriftenstand, der nichts besseres zu tun hat, als sich jedes Magazin und jede Zeitung zu nehmen, sie hier im Laden durchzulesen und sie dann wieder wegzulegen ohne auch nur einen einzigen, gottverdammten Cent dafür zu bezahlen“, rief Franklin so laut, daß seine Stimme im ganzen Laden zu hören sein mußte. „Was glauben Sie denn, was wir hier sind. Die beschissene öffentliche Bibliothek?“
     
    Er hatte den Mann schon fast erreicht.
     
    Bitte, lieber Gott, laß ihn sich wehren, laß ihn etwas sagen, daß mir einen Vorwand bietet, ihm die Fresse zu polieren. Du schuldest es mir, Gott, nur dieses eine Mal schuldest du es mir.
     
    Aber der Kerl schaute nur das Magazin an, das ihn seiner Hand gelegen hatte, mit dem gleichen Ausdruck der Verwirrung, als hätte er nicht einmal gewußt,  was er dort gehalten hatte. Er legte es sorgfältig zurück auf den kleinen Stapel der anderen Magazine zurück, noch bevor Franklin ein paar Worte mehr sagen konnte.
     
    Nein. Diesmal würde das Miststück nicht so einfach entkommen. Diesmal würde er nicht von einem Wolkenkratzer im Rockefeller Center springen und verschwinden, bevor er seine Chance gehabt hatte, ihm in den Arsch zu treten
     
     „Meinst du, das wird ausreichen, du Scheißkerl?“ flüsterte er. „Einfach die Sachen wieder wegzulegen und dann aus der Tür zu gehen? Ja, so etwas würde dir gefallen. Denn gelesen hast die Scheißzeitschriften ja schon, nicht wahr?“
     
    Er grinste boshaft. „Aber ich sage dir, was wir beide jetzt tun werden. Wir werden jetzt jede Zeitung, jede Zeitschrift und jedes Magazin aufheben, das du heute Abend in deine schmierigen Finger genommen hast.“
     
    Franklin beugte sich runter und sammelte das Exemplar der Time ein, dann den Reader‘s Digest , dann das etwas verknittert aussehende Exemplar der Times, einige andere Zeitungen und Zeitschriften, bei denen er nicht einmal auf den Titel achtete oder wußte, ob der Kerl sie überhaupt in seiner Hand gehabt hatte. Der Stapel wuchs in seinen

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