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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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Er konnte kaum älter als 19 Jahre alt sein, nicht einmal alt genug, um an der Universität fertig zu sein. Wahrscheinlich einer der Betriebswirtschaftstudenten, die in einer immer größeren Zahl die Kurse an der NYU belegten, in der irrigen Hoffnungen, sie würden der nächsten Lee Iacocca werden.
     
    David sah ihn hinter dem jüngeren Mexikaner in der geöffneten Türe des Busses verschwinden und fing an zu rennen. Die Tasche schlug auf dem Rücken gegen seine Schulterblätter. Er erreichte die Haltestelle gerade noch rechtzeitig, schwang sich die metallenen Stufen des Busses empor und nickte dem Busfahrer freundlich zu.
     
    Die müden Augen des Mannes blieben auf den Rückspiegel gerichtet und schienen David kaum wahrzunehmen.
     
    David griff in seine Hose und bemerkte er es.
     
    „Scheiße“, fluchte er laut. „Gottverdammt verfluchte Scheiße!“
     
    Der Busfahrer drehte sich zu ihm um. Die Augen hatten immer noch denselben, müden und uninteressierten Ausdruck eines Mannes, der zu lange aufgeblieben war. Er rieb sich mit dem Zeigefinger ein Sandkorn aus dem Augenwinkel.
     
    „Mach schon, Kleiner“, brummte er David an. „Ich hab‘nen Fahrplan einzuhalten. Können nun ma nich die ganze Nacht hier stehenbleiben. Bleibste nun drinnen oder gehste raus?“
     
    David grinste entschuldigend.
     
    „Ich habe meine Brieftasche vergessen.“
     
    „Dann mach, daß du rauskommst. Hältst nur den Verkehr auf.“
     
    „Scheiße“, murmelte David wieder.
     
    Er hatte die Brieftasche in der Schublade unter der Ladentheke vergessen, weil er sich so sehr beeilt hatte, um noch hierher zu kommen. In der Brieftasche waren 20 Dollar in Scheinen gewesen und sechs weitere Dollar in Silbergeld, die meisten der Münzen 25 Cent Stücke, die für das Überleben in New York genauso wichtig waren wie Essen oder Trinken.
     
    „Nun geh schon“, sagte der Busfahrer.
     
    „Okay“, antwortete David und schob sich rückwärts aus dem Bus heraus. Er sah zu, wie der alte Mann einen Hebel umlegte und die Hydraulik der Türöffnung zischte kurz auf, als die dünnen Platten aus Stahl und Glas sich langsam schlossen. Der Motor des Busses heulte auf, das Brummen wurde zu einem dunklen Heulen, dann zitterte der stählerne Kasten und schob sich langsam aus der Bucht heraus.
     
    David sah ihm nach, während er um den Washington Square Park herumfuhr und dann die 4te Straße nach Osten entlang. Die roten Rückleuchten verschmolzen mit den Neonreklamen einiger Geschäfte.
     
    Er stand alleine in der Bucht.
     
    Davids Atem war langsamer geworden. Er war den meisten Weg hierher gerannt und hatte noch ein leichtes Stechen in seiner Seite, das aber kaum noch bemerkbar war. Er seufzte. Das bedeutete nicht nur, daß er mindestens eine Stunde später ins sein Bett kommen würde, sondern auch, daß er ein Taxi benutzen mußte, um nach Hause zu kommen.
     
    Und das bedeutete eine Ausgabe von mindestens acht Dollar im Gegensatz zu den 1.50 Dollar, die er für den Bus hätte bezahlen müssen. Falls er ein Taxi um diese Uhrzeit irgendwo bekommen würde. Denn eines telefonisch zu bestellen, würde noch einmal zwei Dollar zusätzlich kosten. Zehn Dollar war es nicht wert, eine Stunde Schlaf zu verlieren. Für diese Geldsumme mußte er mehr als eine Stunde im Supermarkt arbeiten.
     
    Ein Taxi konnte er vielleicht an der 9ten Straße und Ecke Broadway erwischen. Selbst um diese Uhrzeit mußten dort noch einige der Taxis herumfahren, die nicht Off Duty waren. Damit würden die zwei Dollar für die telefonische Bestellung schon einmal entfallen. Vielleicht würde es am Broadway auch noch eine Buslinie geben, die in Richtung Osten fuhr, wenn er es auch für sehr unwahrscheinlich hielt.
     
    Egal, wie er sich entschied, er würde Geld brauchen, um jetzt noch nach Hause zu kommen. Der Fußmarsch zur Bowery und dann zur Broome Street würde ihn sicherlich mehr als eine Stunde kosten. Er dachte an sein Versprechen, sich am frühen Morgen die Rohre seiner Nachbarin anzusehen. Verdammte Hilfsbereitschaft. Wenn er ein wirklicher New Yorker wäre und kein eingewandertes Stück Scheiße aus Kalkutta, dann hätte er bei ihrer Bitte nur mit den Schultern gezuckt und gesagt, sie solle einen Handwerker anrufen.
     
    Aber du bist nun mal ein eingewandertes Stück Scheiße, David , dachte er. Und sei ehrlich…würdest wirklich so sein wollen wie sie?
     
    Nein. Er hatte viele New Yorker kennengelernt, die nicht einmal ein oder zwei Monate in Kalkutta

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